Werkhof
,
Schweiz
Veröffentlicht am 10. Juni 2020
Teilnahme am Swiss Arc Award 2021
Projektdaten
Basisdaten
Beschreibung
Werkhof versteht sich als ein Manifest einer neuen hybrideren Vorstellung von Stadt und Baukultur. Das hybride zeigt sich sowohl in dessen struktureller Fähigkeit unterschiedlichste Nutzungen aufzunehmen, als auch in der Konstruktionsweise, welche jedes Material entsprechend dessen Stärke einsetzt.
Ausgangslage
Das Ziel der Diplomaufgabe war das Potential einer brachliegenden Fläche in Wiedikon am nördlichen Ende der unfertigen Sihlhochstrasse auszuloten. Zwei Autobahnbrücken und eine Bahnlinie, die das Areal durchqueren, dominieren den Ort und geben ihm ein raues Erscheinungsbild. Im Westen bilden die Manessestrasse und die für das Ende des 19. Jahrhunderts typische Blockrandbebauung den städtebaulichen Abschluss des Areals. Östlich gegenüber wird das Areal durch eine malerische Platanenallee entlang der Sihl abgeschlossen, welche einen natürlichen Kontrast zur schweren Infrastruktur darstellt.
Entwurfsidee
Das Gebäude folgt in überspitzter Weise der im Quartier üblichen Blockrandstruktur und zieht sein Potential aus dem Standort an der Schnittstelle zwischen Stadt und Umland. Eine nutzungsoffene Struktur, welche einen individuellen Ausbau mit unterschiedlichen Dämmstärken erlaubt, soll für einer breiten Vielfalt an Nutzungen von Wohnen über Büros bis hin zu Gewerbe ein Zuhause bieten. Sämtlich Geschosse sind mit Automobilen bis zur Grösse von Kleintransportern zugänglich, um auch stadtfremden Nutzungen wie beispielsweise Handwerkern zur Verfügung zu stehen und so ein lebendiges durchmischtes Stück Stadt zu generieren. Neben der Nutzung folgt auch die Konstruktion einem innovativen hybriden Konzept in einer Mischung aus Holz- und Betonbauweise, um die Stärken der jeweiligen Materialien voll auszunützen. Die Monumentale Grösse des Projekts fügt sich in eine Reihe von Monumenten entlang der Sihl, wie dem Elektrizitätswerk Selnau und soll dem Handwerk in der Stadt ein repräsentatives Gesicht verleihen.
Projektierung
Eine Hybridkonstruktion aus Holzstützen in Kombination mit Betonfertigteilbrüstungen verkleidet das Gebäude und bildet ein repräsentatives Gesicht zur Stadt. Die Betonbrüstungen tragen die Holzböden des Werkstattbereichs und schützen die innere Holzkonstruktion vor Witterungseinflüssen. Die Fenster bilden eine von der äußeren Tragkonstruktion unabhängige innere Wärmedämmung. Der Werkstattbereich ist ein flexibler, stützenfreier Raum, der sich von der tragenden Fassade bis zum inneren, betonierten Erschließungskern des Gebäudes erstreckt. Die Geschossdecken sind eine hybride Holz-Beton-Konstruktion, die große Spannweiten bei sparsamem Materialeinsatz ermöglicht. Eine Hohlbodenkonstruktion über der Betonplatte ermöglicht eine freie Zuteilung der technischen Versorgung, je nach Bedarf der Mieter.
Die Betonkernzone zwischen dem Werkstattbereich und der inneren Straße bildet das Rückgrat des Gebäudes. Sie integriert Aufzüge und Treppen sowie die Versorgung mit Haustechnik. Gleichzeitig dient sie als aussteifendes Element zur Holzkonstruktion und gewährleistet die Sicherheit im Erdbebenfall. Holzsäulen tragen vorgefertigte Betonbrüstungen, die als Stütze und Schalung für die Ortbetonplatte der inneren Straße dienen. Die Holzsäulen werden auf Betonsockeln vom Boden abgehoben, um sie vor den vorbeifahrenden Autos und vor Schmutz und Flüssigkeiten aus den Werkstätten zu schützen. Die Geländer zwischen den Sockeln sind aus Betonfertigteilen hergestellt.
Besonderheiten
Die Rückkehr des Handwerkes in die Stadt
Der Entwurf soll den Geist des infrastrukturell geprägten Ortes aufnehmen und seine Energie absorbieren, um sie zur produktiven Verbesserung der Situation zu nutzen. Direkt an der Autobahneinfahrt in die Stadt, soll er als Knotenpunkt dienen, der das Stadtzentrum mit den umliegenden Vorstädten und ländlichen Gebieten verbindet, mit dem Ziel Handwerk und produzierendes Gewerbe wieder in der Stadt anzusiedeln. Dies entspricht der Idee einer Stadt der funktionalen Vielfalt, anstelle des gescheiterten modernistischen Ideals der Funktionstrennung. Das Gebäude funktioniert als eine Art Industriehotel und ist in der Lage, Betriebe unterschiedlichster Art zu beherbergen, von denen einige bleiben, während andere wachsen, schrumpfen oder auch wieder verschwinden, um Platz für neue Ideen zu schaffen. Auch wenn das Gebäude hauptsächlich als Arbeitsstätte betrachtet wird, soll es nicht zu einem Inselobjekt innerhalb der Stadt werden. Durch weitere Funktionen, wie Wohnen, ein öffentliches Restaurant und Sporteinrichtungen, soll es zu einem sozialen Kondensator werden, der eine Interaktion und Begegnung der verschiedensten sozialen Lebensbereiche ermöglicht. Das Automobil wird sich vermutlich in naher Zukunft radikal verändern. Zum einen wird es mit Elektrizität statt mit Treibstoff betrieben werden und zum anderen wird KI den Fahrer ersetzen. Dennoch wird das Auto aufgrund seiner Fähigkeit jeden Ort unabhängig von der Existenz eines öffentlichen Verkehrsnetzes zu erreichen, auch in Zukunft noch lange Zeit relevant bleiben. Dies gilt insbesondere für gewerbliche Berufsgruppen, die in den weniger entwickelten Vorstädten und ländlichen Gebieten rund um den dichten Stadtkern tätig sind, weshalb das Automobil auch einen zentralen Bestandteil des Entwurfs darstellt.