Cantiere Navale
,
Italien
Veröffentlicht am 01. Januar 2016
Teilnahme am Swiss Arc Award 2015
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Das südliche Drittel des 155 m langen Magazin-Ersatzneubaus wird als Werft für Holzsegelboote projektiert. Die Lage zwischen der Flaniermeile – direkt am Meer – und der rückwärtigen Allee, bietet optimale Voraussetzungen für eine Produktionsstätte dieser Art. Im gesamtheitlichen Kontext des neuen Porto Vecchios ist die Fabrik in ihrem Wesen eine einzigartige Bereicherung des neuen Vergnügungs- und Wohnquartiers. Die exklusiven Einzelanfertigungen werden in einem Durchlauf – vom roh angelieferten Holz bis zum fertig lackierten Boot – durchs Gebäude produziert. Die Raumfolge der einzelnen Produktionschritte ist L-förmig und bildet dadurch den städtebaulichen Kopf des Riegels. Die Schürböden, wo die Boote traditionell von Hand entworfen und gezeichnet werden und die Segelnäherei werden im Obergeschoss, auf die Rambla ausgerichtet platziert. Ebenerdig am Corso Rogerio bieten Boutiquen den Fussgängern die Möglichkeit, marine Mode zu erwerben und zugleich einen Einblick in die Werkhalle zu erhalten. Zuoberst befinden sich exklusive Duplex-Wohnungen. Ein Wohnraum im Freien ermöglicht eine zweiseitige Orientierung und erlaubt nachbarschaftiche Begegungen.
Die Architektur zeichnet sich durch ihre rationelle und materialgerechte Konstruktion aus und fühlt dabei dem Geiste der ehemaligen Magazinbauten nach. Trotz der effizienten Bauweise behält die Ästhetik und die feine Ausgestaltung der Details ihre Wichtigkeit. Die dicke Aussenmauer aus Einsteinmauerwerk umhüllt die innenliegende Skelettstruktur und die massiven Kerne. Die Ablesbarkeit der tektonischen Fügung der einzelnen konstruktiven Teile verstärkt den industriellen Charakter und das Selbstverständnis der Wechselwirkung zwischen Tragwerk und Raum. Die Betonelemente, das verputzte Einsteinmauerwerk und die Industrieböden werden in ihrer rohen Ästehik durch weiche, sanfte Materialien kontrastiert und dadurch als haptische Qualität wahrnehmbar gemacht. In den Boutiquen und den darüberliegenden Produktions- / Büroräumen wird diese Qualität durch raumtrennende Vorhänge erreicht. In den acht Wohneinheiten wird der Kontrast durch einen Schiffsholzboden und keramischen Platten an den Wänden erzielt. Die Produktionshalle wird roh belassen und in ihrem industriellen Charakter durch die stählerne Kranbahn bestärkt.
Einsteinmauerwerk hat die Eigenschaft, dass es eine relativ geringe Druckfestigkeit hat und trotzdem eine Belastung braucht, um stabil zu stehen. Dieser Gegebenheit wird im statischen Konzept Rechnung getragen: Die oberen zwei Wohngeschosse werden über die Aussenwand abgetragen und die grossen darunterliegenden Produktionshallen / Boutiquen über eine separate, innenliegende Struktur. Das Freispielen grosser stützenfreier Flächen ermöglicht eine flexible Organisation der Produktionsabläufe und eine freie Raumeinteilung der Boutiquen.
Sowohl die Wohngeschosse wie auch die Geschosse welche der Werft zugehören werden mittels Unterzügen überspannt. Da die Träger unterschiedliche Achsabstände haben sind auch deren Höhen unterschiedlich. Die kleinräumlichen Wohngeschosse werden von Trägern, welche quer zum Gebäude tragen überspannt. Die Unterzüge sind sichtbare und raumdefinierende Elemente und ermöglichen dadurch eine Differenzierung zwischen tragender Struktur und nichtragendem Mauerwerk als Raumtrennung. Die Träger spannen vom Betonringanker im Einsteinmauerwerk zur innenliegenden Struktur aus Beton. Die Betonringanker vermögen die punktuellen Lasten der Unterzüge linear auf das Einsteinmauerwerk zu verteilen. Das oberste Geschoss wird mit Doppelträgern aus Stahl ausgeführt, um Wärmebrücken zu minimieren und Balkenserien als Pergola auflagern zu können. Im unteren Gebäudeteil hingegen bedingen die grossen Achsabstände eine sekundäre Struktur welche längs zum Gebäude verläuft und von Unterzug zu Unterzug spannt. Wo die Sekundärstruktur auf die Stirnfassade und die Brandmauer treffen, kann problemlos über das Einsteinmauerwerk abgetragen werden, da dieses im Gegensatz zu den Längsfassaden nicht von der darüberliegenden Struktur beansprucht wird.
Next Generation Projekt eingereicht von: Florian Wittwer