Ersatzneubau Inwil

789 von 3771

 
6340 Baar,
Schweiz

Veröffentlicht am 24. März 2023
Samuel Métraux Architektur.GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2023

Aussenansicht  Nordwest Drohnenaufnahme 1 Innenraum Zimmer Treppenskulptur Aussenansicht  Südost Offenes Wohngeschoss Westliche Aussenansicht Materialkomposition Mühle Inwil bei Baar Umgebung

Projektdaten

Basisdaten

Projektkategorie
Fertigstellung
08.2022
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
2
Anzahl Kellergeschosse
1
Anzahl Wohnungen
1
Grundstücksfläche
603 m²
Geschossfläche
270 m²
Nutzfläche
154 m²
Gebäudevolumen
931 m³
Parkplätze
2

Beschreibung

Der Neubau Talacherstrasse hat sich stets als Pionierprojekt verstanden, der die Grenzen des nachhaltigen Bauens verschieben will. Erste äusserst positive Erfahrungen bezüglich Wohnklima und Autarkie zeigen, dass der Mut der Bauherrschaft belohnt wird.

Ausgangslage

Wie können natürliche Materialien mit modernster Technik kombiniert werden, um einen Neubau zu realisieren, der gesundes Wohnen ermöglicht und gleichzeitig einen Beitrag an die gesellschaftlich notwendige Energiewende leistet? Mit dieser spannenden Herausforderung sah sich das Planungsteam des Neubaus «Einfamilienhaus Talacherstrasse» in Baar konfrontiert. Herausgekommen ist ein architektonisch feinsinniger und äusserst nachhaltiger Ersatzneubau, dem es immer wieder gelingt, faszinierte Blicke von Passanten auf sich zu ziehen und der ganz nebenbei für Fragen der Nachhaltigkeit sensibilisiert.

Entwurfsidee

Der Ersatzneubau integriert sich in den historischen, topografischen und landwirtschaftlich geprägten Kontext. Respektvoll und unaufdringlich. Das Haus steht am Hangfuss des Moostobels, an der Grenze zum Dorf Inwil bei Baar. Es bettet sich sanft in die Landwirtschafts- und Landschaftsschutzzone ein.
Die diversen umliegenden denkmalgeschützten Bauten und Ensembles werden gewürdigt, indem sie als Inspiration für Gebäudeausdruck und Erscheinungsbild dienen. Ortsbedingt sinnvoll, fügt sich das Gebäude in die Topografie und den gebauten Kontext ein: talseitig der sichtbare und massive Sockel, darüber die zwei Geschosse in Holzbauweise und darauf das symmetrische Satteldach. Die hinterlüftete Holzfassade übernimmt ausgewählte Elemente der Schalungen und Profilierungen der umliegenden traditionellen landwirtschaftlichen Bauten: Fassadenbretter, T-Leisten und horizontale Gliederungen. Die Fenster sind eingerahmt und erhalten vor den Öffnungsflügeln feine, fest-installierte, halbtransparente Fortsetzungen der Fassadengliederung. Diese dienen auch der geforderten Absturzsicherung. An die ortstypischen Nebenbauten erinnernd, ist der gedeckte Autoabstellplatz mit schrägen Streben gebaut.

Projektierung

Die intelligente, biologische und gesunde Bauweise reicht bis ins Detail. Der planerisch-konzeptionelle Kern des Projekts ist die Vision eines möglichst ökologischen und autarken Neubaus.
Die ausgeklügelte Konzeption der Haustechnik zielt drauf ab, möglichst effizient und ressourcenschonend zu sein. Der angestrebte maximale Autarkiegrad ist mit dem Einsatz verschiedener Apparate erreicht. Die Erdsonden bringen Wärme zum Heizen. Die Fotovoltaikanlage auf dem Dach generiert Strom, der sowohl für die direkte Nutzung verwendet als auch in einer Salz-Nickel-Batterie gespeichert wird. Im Gegensatz zu praktisch allen Objekten mit einer PV-Anlage funktioniert die Stromversorgung des Neubaus auch bei komplettem Stromausfall des Netzbetreibers. Die Lüftung mit Wärmerückgewinnung senkt den Energieverbrauch für die Warmwasseraufbereitung.
Funktion, Form und Architektur wurden immer in Einklang gebracht. Selbst die Dimensionen des Hauptdachs wurden auf die Grösse der PV-Module abgestimmt. So sind keine zusätzlichen Materialien oder Füllstücke verwendet worden. Um den Ressourcenverbrauch weiter zu reduzieren, wurde das gesamte Sockelgeschoss mit einem geschliffenen Anhydrit-Boden ausgestaltet.
Regenwasser wird eingefangen und für die WC-Spülung, die Waschmaschine und die Umgebungsbewässerung verwendet. Die Gartengestaltung besteht aus ausschliesslich einheimischen und bestehenden Pflanzen. Die Wand- und Deckenaufbauten überzeugen mit einem U-Wert von 0.11.

Realisierung

Das ethische Selbstverständnis der Bauträgerschaft manifestiert sich in der Wahl der Materialien und Baumethoden. Die graue Energie wird reduziert, indem das Haus mit lokalem Handwerk, schweizerischen Produkten, regionalen Materialien und möglichst geringem Einsatz an Zement gebaut ist. Beispielsweise verkleidet das vorvergraute, aus regionaler Produktion stammende Mondholz die Fassade und die mit Milchsäure anstelle von Borsalz behandelte, kompostierbare Schafwolle dämmt ebendiese.
Die verwendeten Baumaterialien beinhalten so wenig Leim wie möglich, um die Wiederverwertung zu begünstigen. So sind die Holzdecken mittels gedübelter Brettstapeldecken realisiert, keine 3-, sondern aus regionaler Produktion stammende 1-Schichtplatten eingesetzt und Vollholzdielen statt Parkett verlegt. Bei der Türkonstruktion wurde auf Vollholztüren statt Röhrenspanplatten gesetzt. Lehmbauelemente und -putz mit integrierter Wandheizung tragen zum angenehmen Klima bei.

Besonderheiten

In der Planung und Realisierung ist auf Themen wie Feng-Shui, Elektromagnetismus und Currylinien geachtet worden. Die Fensteranordnung und die freie Mitte harmonisieren Mensch und Umgebung im Sinne des Feng-Shuis. Strom-, Wasser- und Heizleitungen wurden bewusst nicht durch die vordefinierten Schlafbereiche geführt. Die Steckdosen sind in angemessener Distanz zu den Betten platziert.
Zudem liegen bewusst keine Aufenthaltsbereiche auf Currylinien, einem Netz der Erdmagnetfeldlinien. Die Umgebung ist natürlich so weit wie möglich unversiegelt und mit örtlichen Materialien gebaut. Die Natursteinpflästerung, Trockensteinmauern und Bepflanzungen harmonieren mit dem Ort.

192793520