Park Café Kleine Schanze

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3011 Bern,
Schweiz

Veröffentlicht am 04. April 2025
Kast Kaeppeli Architekten
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

Abendstimmung Ansicht Park Pergola offen | Klappladen geschlossen Pergola geschlossen | Klappladen offen Gastraum Toiletten Park Aussenbar unter der Pergola Ansicht Christoffelgasse Archivfoto 1945 vor dem Umbau

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Bundesgasse 7, 3011 Bern, Schweiz
Fertigstellung
01.2025
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
1
Anzahl Kellergeschosse
1
Grundstücksfläche
16'739 m²
Geschossfläche
155 m²
Nutzfläche
126 m²
Gebäudevolumen
585 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
2,5 Mio. CHF
Anzahl Arbeitsplätze
20

Beschreibung

Ausgangslage
Das zentral gelegene Parkcafé ist ein beliebter Treffpunkt für ein breites Berner Publikum im Stadtpark «Kleine Schanze». Eingebettet in die historische Parklandschaft und die Altstadt, ist das Gebäude Teil des UNESCO-Weltkulturerbes, jedoch nicht im Inventar der Denkmalpflege erfasst. Die Kleine Schanze spielte in der Vergangenheit eine bedeutende Rolle als Teil der barocken Stadtbefestigung und bildete bis 1642 einen Schutzwall der Stadt Bern. Ab 1817 begann die Stadt, die alten Festungsanlagen in eine Parkanlage umzuwandeln. Die Umgestaltung gilt als erste gärtnerische Entfestigung einer barocken Schanze in der Schweiz und prägt bis heute das Erscheinungsbild des Parks. Im südöstlichen Teil des Parks wurde 1945 der Pavillon als offene Trinkhalle mit sanitären Anlagen errichtet. 1960 wurde die offene Trinkhalle in ein Parkcafé Namens Milchbar ausgebaut und der Park umgestaltet. Seit dem letzten grösseren Umbau hat sich das Gastronomieverhalten massgebend verändert, heute weist das Parkcafé 180 Sitzplätze auf. Dieses soll als Saionbetrieb weitergeführt werden. Um auf die heutigen Bedürfnisse reagieren und die gravierenden Mängel beheben zu können wurde der Pavillon 2024 erweitert und erneuert.

Projekt
Bei der Erneuerung wurde die ursprüngliche Pavillonform wieder hervorgehoben und die verunklärenden Anbauten rückgebaut. Südseitig wird das Gebäude für die Kühlräume und die Toilettenanlage verlängert. Eine neue Pergola in der Formensprache der ursprünglichen Trinkhalle schafft einen starken Bezug zum Park. Der bestehende Pavillon und die neue Pergola-Konstruktion bilden zusammen ein markantes Schmetterlingsdach. Typische Elemente aus den 1940er-Jahren wie die Stützen und Schwellen aus Maggiagneis sowie die Dachkonstruktion mit sichtbaren Sparren wurden erhalten, wiederverwendet und in den neuen Gebäudeteilen weitergeführt. Dadurch wird die graue Energie erhalten, die Kreislaufwirtschaft gefördert und die Identität des Ortes gestärkt. 

Organisation
Die unterschiedlichen Nutzungen gliedern sich in Schichten, welche sich von Norden nach Süden aneinanderreihen: Der Gastraum verbindet die Aussenbestuhlung in der Christoffelgasse und auf der Parkseite. An den Gastraum reiht sich die «Arbeitsschicht» mit Küche, Abwaschen, Buffet und Aussenbar an. Im darunterliegenden bestehenden Untergeschoss befinden sich die Personalräume sowie der Technikraum. Die Kühlräume mit der Anlieferung liegen unmittelbar neben der Küche. Die Toilettenanlage für Park und Restaurant bildet den südlichen Gebäudeabschluss. Die betrieblichen Abläufe werden durch diese Organisation optimiert. Auch kann der Pavillon zukünftig umlaufend begangen werden.

Realisierung
Da das Gebäude oft umgebaut wurde und eine klare Dokumentation nicht vorhanden ist, wird anhand von Archivplänen und Fotos eine zum Baujahr passende Materialwahl und Detaillierung angestrebt. So sollen beispielsweise im Innen- und im Aussenbereich die Sparren des Daches sichtbar, mit darüberliegender Bretterschalung gestaltet werden. Das Dach der Pergola wird analog der Konstruktion aus den 40er Jahren gestaltet. Die Pergola erhält jedoch grosszügige Felder mit verstellbaren Lamellen. Diese schützen in geschlossenem Zustand vor Regen, im halboffenen Zustand gewährleisten sie im Sommer eine Beschattung und Durchlüftung, im geöffneten Zustand im Frühling und Herbst eine maximale Sonneneinstrahlung. Die Dacheindeckung wird in VM-Zink realisiert, da Kupfer auf eine so grosse Fläche nicht mehr umsetzbar ist. Die über Dach geführte Abluft der Küche wird mit einer Haube eingefasst um so den Ansprüchen in dem Altstadtperimeter gerecht zu werden. Die bestehenden Natursteinstützen und -schwellen aus gespaltenem Maggiagneis strukturieren die Fassade. Die neuen Fassaden sollen mit Gneisstützen ergänzt werden. Die Steinbrüche im Maggiatal liefern jedoch keine Stützen in der notwendigen Länge. Aus diesem Grund werden die neuen Gneiselemente mit Calanca Gneis – ebenfalls ein Tessiner Stein – ergänzt. Die Füllungen zwischen den Natursteinstützen werden tektonisch mit Sandsteinprofilien und mit gestrichenen Putzfeldern gegliedert. Die Fenster sollen gefaltet werden können, damit der Aussenraum und der Innenraum des Gastraumes sich grösstmöglich verbinden. Die Profile werden möglichst filigran analog der 1940er-Jahre umgesetzt. Im Gastraum ist ein geschliffener Plattenboden mit umlaufendem Fries geplant. Die neue Betonwand als Gebäudeaussteifung zwischen Gastraum und Küche wird mit geschliffenem Calancagneis belegt. Die Front zur Küche wie auch die Aussenbar wird mit einem gewellten Aluminiumblech verkleidet, die Barabdeckung erfolgt in Gneis und bindet sich so in die Gestaltung der Fassade ein. Um den Barbetrieb im Aussenraum zu ermöglichen, muss ein rückseitiges Buffet mit Zapfhahn, Kaffeemaschine und Kühlkorpusse von Aussen zugänglich sein. Ein spezifisch entwickelter Klappladen soll dies ermöglichen und zugleich vor Vandalismus schützen. Die durchlässige Gebäudehülle zum Park mit filigranen Faltschiebefenstern und Klappladen sowie die tektonisch gegliederte Sandsteinprofile spannen den Bogen des sorgfältig sanierten Parkcafés zur dahinter liegenden Berner Altstadt.

Das Projekt von Kast Kaeppeli Architekten wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Nina Farhumand publiziert.

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