Verdichtung in der Gartenstadt
,
Schweiz
Veröffentlicht am 28. März 2022
Teilnahme am Swiss Arc Award 2022
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Das Projekt des ZHAW-Absolventen Adrian Ulrich schlägt eine Verdichtungsstrategie in einer typischen Winterthurer Gartenstadt-Siedlung vor. Beständigkeit, Besitzverhältnisse, Sonderbauvorschriften und eine prozesshafte Entwicklung waren dabei prägende Themen im Entwurf.
Ausgangslage
Für das Winterthurer Neuwiesenquartier gilt es planerische, architektonische und konstruktive Strategien zu entwickeln und über einen längeren Zeitraum prozesshaft zu formulieren. Die gebaute Umwelt wird immer kurzlebiger: Während Häuser früher in Europa für Jahrhunderte gebaut wurden, werden Gebäude heute oft schon nach wenigen Jahrzehnten wieder abgerissen und ersetzt. Die Siedlung Bleichwiesen befindet sich westlich des Bahnhofs Winterthur im Stadtteil Neuwiesen an der Wartstrasse. Die Siedlung wurde im Jahr 1925 fertiggestellt und ist heute noch nahezu im Originalzustand erhalten.
Entwurfsidee
Im Jahr 2000 wurde über die gesamte Siedlung eine Sonderbauvorschrift eingeführt. Diese lässt in einem sehr kleinen und kontrollierten Masse eine Erweiterung der bestehenden Bauten zu. Eingeschossige Anbauten erweitern den Bestand an der Stirnseite. Somit wird ein erster Schritt der Verdichtung ermöglicht, ohne damit den starken Charakter der Siedlung zu gefährden. Auf diesem ersten Schritt wird nachfolgend aufgebaut. Der Verdichtungsdruck steigt und es müssen neue Ansätze gefunden werden, um diesen Druck zu bewältigen. Die grossen Gartenflächen von 40 Metern Breite zwischen den Bestandsbauten weisen hierfür enormes Potenzial auf. Aufbauend auf dem ersten bereits erfolgten Verdichtungsschritt wird die Sonderbauvorschrift erweitert.
Projektierung
Die neue Vorschrift gibt zusätzliche Baubereiche frei, jedoch unter strengen Rahmenbedingungen. In der Mitte zwischen zwei Bestandsgebäuden sind künftig dreigeschossige Hauptvolumen zulässig, die Trauf- und Firsthöhen der Volumen sind vorgegeben. Stirnseitig daran säumen eingeschossige Anbauten zusammen mit den bestehenden Erweiterungen die neuen Quergassen, von welchen alle Neubauten erschlossen werden. Die neue Sonderbauvorschrift respektiert die vorhandenen Besitzverhältnisse insofern, dass die Erweiterungen allesamt auf der heutigen Grundstücksteilung möglich sind. In diesem Fall bilden jeweils vier Back-to-Back Einheiten zusammen eines der dreigeschossigen Hauptvolumen. Auch Grundstücksverkäufe und -zusammenschlüsse lassen sich mit der neuen Sonderbauvorschrift vereinbaren, was mittels mehrspännigen Mehrfamilienhäusern aufgezeigt wird. Bei kompletter Umsetzung der neuen Vorschrift steigt die Ausnützung von bisher 0.42 auf neu 0.81, was einer Verdichtung von 93 Prozent entspricht.
Realisierung
Innerhalb der neuen Sonderbauvorschrift wird ein Richtprojekt detailliert ausgearbeitet, um die Flächen und Grössenverhältnisse der neuen Baubereiche zu plausibilisieren. Das Richtprojekt zeigt eine Situation auf, in der sich vier angrenzende Eigentümer unabhängig auf ihrem Grundstück für eine Erweiterung entscheiden. Die Ausgangslage mit den Brandwänden als Rücken der Neubauten bildet die statische Grundlage des Projekts. Eine Klammer aus drei beplankten CLT-Platten löst den Brandschutz und steift zudem den ganzen Hausteil aus. Ein Skelettbau aus Holzstützen und -trägern übernimmt den vertikalen Lastabtrag und gliedert die Wohnungen in unterschiedliche Bereiche. Eine dienende Schicht zieht sich entlang der Brandwand und schafft eine zurückgezogene Bewegungszone innerhalb der Wohnung. Die Haupträume öffnen sich allesamt zum Garten.
Im Beispiel des Richtprojekts wird eine Geschosswohnung mit einer darüberliegenden Maisonette kombiniert. Weitere Kombinationen werden unter «Entwicklung» in den Plänen und Schemas aufgezeigt. Die neue Sonderbauvorschrift knüpft somit an die bestehende Verdichtungsstrategie an und gewährleistet eine langfristige, kontrollierte Verdichtung in den kommenden Jahren und Jahrzehnten.
Next Generation Projekt eingereicht für den Arc Award 2022 von: Adrian Ulrich, ZHAW Winterthur