Architektur für alle – Blicke hinter Engadiner Fassaden
Zum dritten Mal lädt Open Doors ein, die architektonischen Highlights des Engadins zu erkunden und über 80 Gebäude zu besichtigen. Berglandschaften, Seen und historische Architektur prägen das Tal. Neben geschichtsträchtigen Bauten gibt es moderne Schätze wie das Hotel Maistra 160 zu bestaunen. Welche Geschichte verbirgt sich hinter der Jugendstil-Villa Klaingut? Wie sieht das Casa 31 von innen aus? Der Anlass bietet die Gelegenheit, diese und weitere Geheimnisse zu entdecken.
Architektur im Dialog
Dieses Jahr übernehmen Celerina und Pontresina als Patronatsgemeinden die Förderung des Projekts. Die Veranstaltung zielt darauf ab, Begeisterung für Architektur und den Raum Engadin zu wecken. Zudem soll «Open Doors Engadin» das Wissen über Architektur und deren Bedeutung für die regionale Entwicklung in der Öffentlichkeit verankern. Der Dialog zwischen Fachleuten und Laien, zwischen Gebäudenutzenden und Architekturinteressierten sowie zwischen den Bewohner*innen der Region und Besuchenden soll gefördert werden. So wird allen die Möglichkeit geboten, sich an der öffentlichen Diskussion zu beteiligen.

Hotel Maistra 160 in Pontresina, 2023
Der Ersatzneubau von Gion A. Caminada Biro d'Architectura wurde nach der gleichnamigen Strasse benannt und prägt das Dorfbild von Pontresina. Inspiriert von der traditionellen Hotelarchitektur des Engadins, rückten im Entwurfsprozess die historischen Vorbilder zunehmend in den Hintergrund. Die nach oben verjüngten Natursteinstützen der Fassade haben sowohl eine tragende als auch eine ästhetische Funktion. Im Inneren des Maistra erwartet die Gäste ein Kaleidoskop aus abwechslungsreichen Raumfolgen. Die Atmosphäre in jedem Raum wurde gezielt gestaltet, um seine jeweilige Funktion zu unterstützen. Lokal gewonnene Materialien wie Engadiner Arve, Jadestein und farbige Pigmente bereichern die Grundmaterialien des Hotels.

Jugendstil-Villa Klainguti in Pontresina
Jugendstil-Villa Klainguti
Die bemerkenswerte Transformation der denkmalgeschützten Jugendstilvilla während des Umbaus ist beeindruckend. Während die äussere Fassade der Villa Klainguti traditionell bleibt, überrascht das Innere mit neuen Nuancen, die eindeutig die Handschrift von Studio C Architekten tragen – erkennbar im Farb- und Beleuchtungskonzept, den sorgfältig ausgewählten Möbeln und den modernen Einbauküchen. Die Geschichte der Familie Klainguti, eine angesehene Patrizierfamilie aus Pontresina, ist eng mit der Villa verknüpft. Studio C hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Erhaltene mit modernen Ergänzungen in Einklang zu bringen und dem Bestehenden neue Kraft zu verleihen. So entstand eine Symbiose aus Tradition und innovativem Design, die der historischen Villa frische Vitalität verleiht.
Casa 31
In den versteckten Gassen von Soglio befindet sich ein liebevoll renoviertes Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert. Über hundert Jahre lang diente die Casa 31 als unbewohnter Schuppen. Der Umbau von Christian Speck Innenarchitekt wurde nach strengen energetischen und baubiologischen Nachhaltigkeitskriterien durchgeführt. Jeder Stein des Hauses wurde behutsam aufgenommen und restauriert, um dem ursprünglichen Bestand gerecht zu werden. Das Ergebnis ist eine archaische Architektur mit faszinierenden Raumstimmungen. Die steilen, gewundenen Treppen und die alten Wandvertäfelungen wurden im Originalzustand belassen. Neue Bauteile wurden roh und präzise integriert, wobei Materialien wie Kalk, Stein und Holz dominieren. Alte und neue Elemente stehen sich gleichberechtigt gegenüber und ergänzen sich harmonisch. Die zeitgemässe und sorgfältige Umsetzung traditioneller Handwerkskunst ist mit allen Sinnen erlebbar.
Casa 165
Nahe dem Casa 31 hat Christian Speck ein weiteres Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert umfassend renoviert. Das Gebäude, das in seiner über 400-jährigen Geschichte zahlreiche Veränderungen erfahren hat, wurde zeitgemäss umgestaltet, um seine ursprüngliche Struktur hervorzuheben. Mit grossem Respekt vor der Geschichte und durch innovative Eingriffe wurde das Haus den Bedürfnissen eines Ferienhauses angepasst. Alte und neue Elemente treten in einen gleichwertigen Dialog und ergänzen sich harmonisch – so entstand eine lichtdurchflutete Raumfolge mit charmanten Details. Innen- und Aussenbereiche verschmelzen und werden durch das wechselnde Tageslicht strukturiert. Die Funktionalität ist auf das Wesentliche reduziert und wird durch eine moderne Interpretation traditioneller Handwerkskunst unterstrichen. Rohe Materialien unterstreichen die sorgfältige und präzise handwerkliche Ausführung aller Gewerke.
Umgenutzter Stall
Mitten im Herzen von Soglio verwandelte Ruinelli Architetti einen verlassenen Stall in ein Wohnhaus, das die Traditionen des Ortes mit zeitgenössischem Flair vereint. Anstatt sich auf formale Kontinuität zu beschränken, setzten sie auf handwerklich gefertigte Materialien ohne industriellen Charakter. Mit grosser Präzision wurden Stampfbeton, unbehandeltes Eichenmassivholz und geschweisster Stahl verbaut. Der Stampfbeton erfüllt dabei nicht nur die statischen Anforderungen des alten Mauerwerks, sondern verbindet die alte Substanz nahtlos mit der neuen. Als zeitgenössische Interpretation der traditionellen Steinmauern trägt er nicht nur ästhetisch zur Umgebung bei, sondern verleiht auch städtebauliche Bedeutung, indem er die Grenzen zwischen Innen- und Aussenraum verschwimmen lässt.
Interaktive Erkundungen und exklusive Touren
Besucher*innen haben drei spannende Möglichkeiten, «Open Doors Engadin» zu erleben. Sie können individuell Gebäude auf der interaktiven Karte der Open-Doors-Engadin-Website auswählen und diese nach den angegebenen Öffnungszeiten besuchen. Darüber hinaus werden geführte Gebäudebesichtigungen und Spaziergänge angeboten, die über das Wochenende an verschiedenen Orten stattfinden. Als drittes Highlight gibt es spezielle Touren, wie ein Konzert mit dem Vokalensemble incantanti und anschliessender Kirchenführung oder einen Kurzvortrag des Architekten Gion A. Caminada über das Hotel Maistra 160 und die Herausforderungen des Bauens in den Bergen.
Open Doors Engadin 2024
Veranstaltung am 29. und 30. Juni 2024
Öffnungszeiten: Samstag und Sonntag 10 – 18 Uhr