Ihr Camille Graeser – Denkraum auf Papier
Wie denkt konkrete Kunst? Die Ausstellung gibt noch bis zum 24. Mai 2025 Einblick in das Skizzenarchiv von Camille Graeser, einem der prägenden Köpfe der Zürcher Konkreten. Camille Graeser entwarf Möbel, Stoffe, Innenräume, Grafiken – zwischen Alltag und Avantgarde. Über 200 Arbeiten geben Einblick in einen Prozess, der mit freiem Denken beginnt und in klare Formen mündet. Gemeinsam mit Max Bill, Verena Loewensberg und Richard Paul Lohse prägte Graeser die konkrete Kunst der Schweiz. Eine Einladung zum Mitdenken.

Blick auf Holzstühle aus Nussbaum nach dem Original von Camille Graeser | Foto: Philipp Hänger © von Bartha
Entwerfen, um zu verstehen
Die Schau zeigt den Künstler nicht nur als Vertreter der Zürcher Konkreten, sondern als Suchenden, Tüftler und Gestalter mit Weitwinkelblick. Zu sehen ist Papier. Viel Papier. Über 200 Skizzen, Entwürfe, Notizen, Studien – gesammelt über ein halbes Jahrhundert. Mit Buntstift, Kreide, Tusche, Bleistift lotet Graeser aus, was sich denken, formen, übertragen lässt. Linien tasten, Raster verdichten sich, Formate treffen aufeinander. Dabei entstehen Möbelentwürfe, Textilmuster, Kompositionsschemata, Reliefstudien, grafische Versuche – für den eigenen Wohnraum ebenso wie für industrielle Produktionen.
Wo das Werk beginnt
Graesers Arbeitsweise wirkt unmittelbar. Die Ausstellung baut keine Distanz auf, sondern lässt nah heran. Sie rahmt nicht, sondern öffnet. Transparente und zerknickte Papiere liegen neben exakten Zeichnungen. Private Anmerkungen stehen neben technischen Plänen. Vieles bleibt Fragment, einiges wiederholt sich, manches wirkt wie ein Zwischenruf. Wer Graeser bisher nur über seine fertigen Werke kannte – farbintensiv, klar gegliedert – wird überrascht. Ihr Camille Graeser zeigt, wie diese Werke entstehen, als Teil eines Denkprozesses. Als Ergebnis von Versuch und Irrtum. Als Spiel, das ernst meint, was es entwirft.
Konkrete Kunst, spontan gedacht
Die Zürcher Schule der Konkreten – mit Max Bill, Verena Loewensberg, Richard Paul Lohse – steht für ein hohes Mass an Ordnung und Formdisziplin. Diese Schau stellt dem etwas entgegen: Offenheit, Spontaneität, einen Hauch Anarchie. Graeser erscheint als Grenzgänger zwischen Kunst, Design, Architektur. Parallel zur Ausstellung ist eine Publikation mit selten gezeigten Arbeiten erschienen. Zudem werden ausgewählte Entwürfe – ein Holzstuhl, eine Tapete, eine Decke – erstmals produziert. So geht die Idee von konkreter Kunst buchstäblich in Serie.
Der Gestalter Camille Graeser
Camille Graeser (1892–1980) begann seine Laufbahn als Möbeldesigner und Innenarchitekt in Stuttgart, bevor er 1933 in die Schweiz zurückkehrte. Der gelernte Schreiner entwarf funktionale, oft unkonventionelle Möbel und gestaltete Innenräume mit einem ausgeprägten Sinn für Rhythmus, Proportion und Fläche. Viele seiner Entwürfe realisierte er für den eigenen Haushalt – eine Synthese aus künstlerischem Anspruch und alltäglichem Gebrauch. In der Schweiz entwickelte er sich zu einer prägenden Figur der konkreten Kunst, als Teil der Zürcher Schule mit Max Bill, Verena Loewensberg und Richard Paul Lohse. Seine Entwurfszeichnungen zeigen, wie stark sein gestalterisches Denken im Raum verankert war – zwischen Linie, Fläche und Nutzung.
Galerie von Bartha
Ihr Camilie Graeser
Ausstellung: Bis 24. Mai 2025
Ort: Kannenfeldplatz 6, Basel
Öffnungszeiten: Di bis Fr 14–18 Uhr, Sa 11–16 Uhr