Trees, Time, Architecture – Design in Constant Transformation

 

Veröffentlicht am 03. Juni 2025 von
Nina Farhumand

Die von Ferdinand Ludwig und Kristina Pujkilović kuratierte Schau ist bis zum 14. September 2025 zu sehen und widmet sich aus architektonischer Perspektive der Frage, wie sich mit Bäumen bauen lässt – und nicht nur neben ihnen. Internationale Projekte zeigen, wie Bäume zu aktiven Bestandteilen des Entwurfs werden. Es entstehen keine abgeschlossenen Objekte, sondern lebendige Prozesse, die wachsen, sich verändern und Zeit brauchen. Die Ausstellung fragt, wie Architektur auf ökologische Krisen reagieren kann und welche Rolle Bäume dabei übernehmen.

Arbor Kitchen, Neue Kunst am Ried, Deutschland, 2022 | Foto: Kristina Pujkilovic © TUM

Arbor Kitchen, Neue Kunst am Ried, Deutschland, 2022 | Foto: Kristina Pujkilovic © TUM

Arbor Kitchen, Neue Kunst am Ried, Deutschland, 2022 | Foto: Kristina Pujkilovic © TUM

32 junge Platanen tragen ein leichtes, transparentes Dach. Zehn Jahre lang wurden ihre Äste gezielt geformt. Digitale Vermessung passte die Dachgeometrie der Wuchsform an. Beim Weiterwachsen bildet sich über dem First eine geschlossene Krone, ohne das Dach anzuheben.

Architektur in Bewegung

Bäume wachsen langsam. Sie entziehen sich dem architektonischen Reflex, auf fertige Formen und planbare Abläufe zu setzen. Die Ausstellung Trees, Time, Architecture in der Pinakothek der Moderne stellt diese Differenz ins Zentrum. Statt den Baum als statisches Objekt zu behandeln, machen viele Beiträge seinen gesamten Lebenszyklus zum Entwurfsparameter. Keimen, Wachsen, Altern und Absterben werden Teil der architektonischen Logik. Die Projekte reichen von Versuchsbauten der Baubotanik, in denen lebende Bäume zu tragenden Strukturen verschmelzen, bis zu städtischen Landschaften, die den Klimawandel aktiv adressieren.

Oerliker Park, Zürich, Schweiz, 2023 Studio Vulkan Landschaftsarchitektur | Foto: Daniela Valentini, Zürich

Oerliker Park, Zürich, Schweiz, 2023 Studio Vulkan Landschaftsarchitektur | Foto: Daniela Valentini, Zürich

Oerliker Park, Zürich, Schweiz, 2023 Studio Vulkan Landschaftsarchitektur | Foto: Daniela Valentini, Zürich

Der Oerliker Park in Zürich setzt auf Zeit und Wandel. Statt fester Gestaltungen bietet er flexible Freiräume, die sich den Bedürfnissen der Nutzer*innen anpassen. Krankheiten und hoher Grundwasserspiegel erforderten eine Neugestaltung: Heute prägen locker gesetzte Bäume und vielfältige Arten den Park.

Bauen mit lebenden Prozessen

Besonders konsequent verfolgt das Forschungsfeld der Baubotanik diesen Ansatz. Hier entstehen hybride Strukturen aus lebenden Bäumen und technischen Elementen. Wachstum wird nicht gesteuert, sondern gelenkt und unterstützt. Architektur gestaltet die Rahmenbedingungen, unter denen sich die Bäume entwickeln.

Die Ausstellung bleibt nicht bei den grossen ökologischen Fragen stehen. Sie zeigt auch die Ambivalenzen: Wo endet verantwortungsvolles Bauen mit Bäumen? Wann wird die grüne Fassade zur Kulisse? Die Spannbreite der Projekte macht deutlich: Zwischen Baum und Architektur existiert kein fixes Verhältnis, sondern ein ständig neu auszuhandelnder Dialog.

Naturale, Main Corridor – North, 2013 | Foto: Ilkka Halso

Naturale, Main Corridor – North, 2013 | Foto: Ilkka Halso

Naturale, Main Corridor – North, 2013 | Foto: Ilkka Halso

Der finnische Künstler Ilkka Halso zeigt, wie wir natürliche Ressourcen neu wahrnehmen und bewerten können. In der Serie «Naturale» verpackt er die Natur in Module und setzt sie in einem Lagerkomplex zu funktionierenden Ökosystemen zusammen.

Bäume als Mitgestalter

Mit dem Baumlager vor dem Museum setzt die Ausstellung ein starkes Bild. 22 Hainbuchen in einem Hochregallager verweisen auf die Widersprüche zwischen natürlichem Wachstum und menschlichem Zugriff auf Natur als Ressource. Auch im Inneren bleibt der Fokus klar: Bäume sind hier weder Dekor noch Baustoff, sondern Mitspieler einer Architektur, die Zeit, Klima und biologische Prozesse ernst nimmt.

Die Ausstellung plädiert für ein Planen, das Zeit, Klima und Lebendigkeit mitdenkt. Gezeigt werden Versuchsbauten, Experimente und realisierte Projekte aus unterschiedlichen kulturellen und klimatischen Kontexten. Im Fokus stehen nicht abgeschlossene Formen, sondern Ideen und Geschehnisse. Die Schau macht sichtbar, wie sich Entwürfe verändern, wenn Bäume von Anfang an mitgedacht werden. Die Swiss Arc Redaktion findet: Damit zeigt die Ausstellung, wie Architektur auf die ökologischen und gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit antwortet.

Blick in die Ausstellung | Foto © Fthenakis

Die Ausstellung zeigt, wie sich durch transdisziplinäre Zusammenarbeit neue Wege für eine lebenswerte Zukunft im Einklang mit Bäumen und Bauwerken eröffnen.

Detail einer Baubotanischen Verwachsung, 2010 | Foto: Cira Moro

Das Detail zeigt, wie Stahlelemente in die Baumstruktur einwachsen und eine pflanzlich-technische Verbundstruktur bilden. In der Baubotanik wird Wachstum zum Ausgangspunkt für Entwurf und Konstruktion.

Architekturmuseum der TU München

Trees, Time, Architecture – Design in Constant Transformation

Ausstellung: Bis 14. September 2025

Ort: Barer Strasse 40, München

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10–18, Donnerstag 10–20 Uhr

Weitere Informationen
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