Von der BIM-Haustechnikplanung zum Facility-Management
Weniger ist mehr

Der digitale Zwilling hilft nicht nur bei der Planung eines Gebäudes, sondern kann auch die Wartung eines Gebäudes einfacher gestalten.
Transparente Abläufe
Im Jahr 2003 kam Marco Waldhauser nach einem mehrjährigen Finnlandaufenthalt wieder in die Schweiz zurück. Aus Helsinki brachte er ein simples Datenbanktool aus dem renommierten skandinavischen Haustechnikunternehmen Granlund mit, in dem er vier Jahre lang gearbeitet hatte. Dieses Tool ermöglich nun auch den Mitarbeitern von Waldhauser + Hermann, datenbankbasierte Devis zu erstellen sowie nach Abschluss eines Projektes Erfahrungswerte zu sammeln. Sie nahmen Flächeninformationen, Raumdaten oder Leistungsinformationen verschiedener Heizungs-, Lüftungs- oder Kühlsysteme auf. Die Datenbank diente als Datenquelle und Grundlage für kommende Projekte. Daraus wurde eine recht simple, aber wegweisende Idee geboren: Anhand von Haustechnikschemas, wie beispielsweise Strang- und Lüftungsschemas, sollte automatisiert auf Basis der gesammelten Daten bereits das Leistungsverzeichnis generiert werden. Die Idee des neuen Planertools war es, die Schemas und das Devis zu jedem Zeitpunkt kongruent zu halten. Als «Single source of Truth» (SSOT), also als allgemeingültiger Datenbestand, wären die beiden Planungsunterlagen zu jedem Zeitpunkt automatisch übereinstimmend. Der Anspruch war einfach zu formulieren, jedoch schwierig in der Umsetzung. Fünf Jahre lang wurde das Tool weiterentwickelt, bis die Planer in der Lage waren, vom Vorprojekt bis zum Abschluss eines Projekts die notwendigen Inhalte in geeigneter Planungsqualität zu liefern. «Würden wir heute entscheiden, wüssten wir, dass dies ein teures Unterfangen ist» geben Marco Waldhauser und Ivan Gattlen zu. Inzwischen setzen sie die Lernziele im Hinblick auf BIM enger, um sie erreichbar, wie auch finanzierbar zu halten.

Waldhauser + Hermann waren für die Haustechnikplanung des Universitären Zentrums für Zahnmedizin in Basel zuständig. Nach Abschluss der Bauarbeiten sind die Daten ihrer Vorberechnungen Grundlage für die Bewirtschaftung des Gebäudes über die cloudbasierte Software Granlund Manager.
Das Problem mit den Schnittstellen
Die Digitalisierung der Planung hat in den letzten zwei Jahren in der Praxis ein wenig von ihrem Glanz verloren. Die Durchsetzung von BIM-Planermethoden verläuft langsamer als anfänglich angenommen. Verschiedene Software-Entwickler bringen immer wieder interessante Tools auf den Markt. Doch oft hapert es an der Kommunikation verschiedener Softwareanwendungen. Obwohl die Bauindustrie IFC-Standards für den Datenaustausch entwickelt hat, können in den seltensten Fällen die Quellen der Architekten oder anderer Fachplaner direkt und hindernisfrei übernommen werden. Den bekanntesten Standard des Open-BIM, den IFC (Industry Foun- dation Classes) gibt es inzwischen in verschiedenen Dateigenerationen, was die Kommunikation am digitalen Modell eher verkompliziert als voranbringt. Viele automatisch generierte 3D-Modelle für Fachplaner enthalten ausserdem ein zu geringes Mass an Abstraktion. Diese Sammlung grosser Datenmengen bewerten Marco Waldhauser und Ivan Gattlen nicht als sinnvoll: «Lediglich ein Bruchteil unserer Daten sind für andere Planer oder den Betreiber des Bauwerks wichtig. Wir aber wollen ja über Datenbanken mit anderen Planern kommunizieren. Hierzu müssen die Daten richtig gefiltert werden». Zu schnell geschaffene Standards, die in der Anwenderpraxis nicht überprüft werden, wirken sich auf die Entwicklung solcher Filter negativ aus. «Standards generieren und suggerieren zusätzlichen Aufwand, Datensätze zu entwickeln. Jedoch müssen die vorhandenen Daten auch gepflegt werden. Sonst entsteht eine Datenkrake, die nicht mehr handhabbar ist», so das Fazit der beiden Experten.

Die Daten aus der BIM-Haustechnikplanung können für das Facility-Management eines Gebäudes übernommen und weitergeführt werden, beispielsweise als Protokoll über den Energieverbrauch eines Gebäudes. Die Daten aus der BIM-Haustechnikplanung können für das Facility-Management eines Gebäude übernommen und weitergeführt werden, beispielsweise als Wartungskalender.
Smart Data statt Big Data
Gerade bei der Übergabe in den Betrieb eines Bauwerkes wollen die beiden Haustechnikplaner Marco Waldhauser und Ivan Gattlen die Datenbanken einfacher organisieren, um weiter Einblick in die Gebäude haben, deren Klimasysteme sie entwickelt haben. «Manche Betriebskonzepte kommen in der Praxis nicht an», so Ivan Gattlen, BIM2FM-Verantwortlicher des Büros. Anstatt auf Big Data setzt das Büro Waldhauser + Hermann auf Smart Data, und arbeitet deshalb nach wie vor mit dem Ingenieurbüro und Softwareentwickler Granlund aus Finnland zusammen. Die cloud-basierte Software Granlund Manager hilft bei der Verwaltung und Instandhaltung von Gebäuden und technischen Einrichtungen. Die Planungssoftware Granlund Designer unterstützt den gesamten Planungsprozess als Datenbanklösung. Vergleichbar wäre Granlund Manager mit einem Diagnosehilfsmittel für Autos – nur eben für das Facility-Management von Gebäuden. Die Daten des Gebäudes bleiben dabei über eine Cloudlösung beim Eigentümer des Gebäudes. Je nach Anwender – Facility-Manager oder Besitzer – ändert sich die Ansicht des Online-Dashboards, und gibt für jeden die gerade notwendige Information aus, um den Betrieb zu steuern.
Vielleicht gilt auch für BIM: Weniger ist manchmal mehr.
