Schulthess Gartenpreis für Sanierung der Englischen Anlagen in Bern
Kühlung gibt es an Hitzetagen in Bern nicht nur in der Aare sondern auch in den Englischen Anlagen: einer tiefgrünen, dichten Waldlandschaft aus Laubbäumen. Sie zieht sich entlang dem Aarehang vis-à-vis der Münsterplattform. Während der verwunschen anmutende Ort zwischen dem Bärengraben und der Kirchenfeldbrücke sich in seinen Anfängen am Stadtrand befand, liegt er heute mitten in der Stadt.

Ein Netz aus Wegen führt durch einen dichten Laubwald. | Foto: © Noah Santer, Schweizer Heimatschutz
Sein Herzstück bildet eine sanft geschwungene Promenade mit Sitzgelegenheiten und vielen malerischen Ausblicken auf Altstadt und Aare. Angelegt worden ist sie 1882, für das geplante Kirchenfeldquartier. Allerdings war die Halde damals nicht überall so üppig bewachsen wie heute, zudem nutzten manche den mittleren Bereich laut Stadt als Deponie für ihren Abfall. In den Folgejahren wurde der Hang zur Stabilisierung nach und nach bepflanzt. Und schliesslich legte der Verschönerungsverein Bern 1911 ein Projekt für eine Parkanlage vor.
Neues Leben für alte Türrahmen und Brunnenköpfe

Der Spaziergängerin und dem Ruhesuchenden bieten sich immer wieder grün umrahmte Blicke auf Aare und Altstadt. | Foto: © Noah Santer, Schweizer Heimatschutz
Allerdings waren die finanziellen Möglichkeiten der Stadt damals ziemlich beschränkt, weswegen man beim Baumaterial auf das setzte, was vorhanden war. Oder rezyklierte dazu vielmehr alles Mögliche.
«Es gibt einen grossen Mix aus verschiedenen Steinen, es gibt viele Spolien, die als Dekoration aufgestellt worden sind», erzählt Landschaftsarchitektin Nicole Wiedersheim von Umland im Video des Prix SIA zur Sanierung des Parks. Sie verweist dazu auf den Wandbrunnen, dessen Kopf wahrscheinlich von einem älteren Brunnen stammt, und auf kleine Stützmauern, die offensichtlich einmal Türrahmen gewesen sind, weil man noch erkennt, wo das Türblatt eingehängt gewesen ist. Umland war zusammen mit Hasspacher & Iseli Forstingenieure mit der Sanierung des Parks beauftrag worden. Bei dem Projekt war es vor allem um die Mauern und Wege gegangen, da sich der Hang laut Wiederheim immer bewegt.
Der SIA hat das Projekt für den diesjährigen Prix SIA nominiert. Unter anderem weil der «mit viel Verständnis für die historische Anlage durch minimale punktuelle Interventionen» saniert worden ist. Die Sanierung war vor allem aus Sicherheitsgründen notwendig geworden, denn der starke Hangdruck aber auch fehlender Unterhalt hatten Wegen, Mauern und Treppen zugesetzt.
Im Oktober 2021 konnten die Bauarbeiten abgeschlossen werden. Sie waren anspruchsvoll gewesen, wie Steinhauer Marco Koellreuter von M&M Rothen Natursteine GmbH ebenfalls im Video erklärt. Das lag vor allem am schwer zugänglichen Gelände und damit verbunden an der anspruchsvollen Logistik. «Man hat überall gegen den Hang gekämpft, gegen das Wasser das immer wieder auftauchte und den Matsch, der durch diese Feuchtigkeit entstand, wenn man mit schweren Geräten die ganze Zeit herumgefahren ist.»

Die Stützmauern mussten saniert werden. | Foto: © Noah Santer, Schweizer Heimatschutz
Aus gartendenkmalpflegerischer Sicht seien die Englischen Anlagen nicht als aussergewöhnlich zu beurteilen, schreibt der Schweizer Heimatschutz. Er hat ihnen aber dennoch den diesjährigen Schulthess Gartenpreis verliehen. Sie stellten seit der Sanierung einen hohen Wert für die Bevölkerung dar. «Grün- und Freiräume sind ein wesentlicher Faktor für den Schutz unserer Ortsbilder, was das ausgezeichnete Projekt vorbildhaft zeigt», heisst es in der Medienmitteilung weiter.
Zudem vergibt die Denkmalschutzorganisation die Auszeichnung dafür, dass sich das Sanierungsprojekt von Umland mit knappem Budget und viel Gespür für den Bestand am Vorhandenen und dem Pragmatismus der Entstehungszeit orientiere. «Vorgefundenes wurde aufgewertet, die Patina erhalten und Sichtachsen auf die Berner Altstadt mit Rücksicht auf die Natur ergänzt.» Die städtische Gartendenkmalpflege von Stadtgrün Bern und die beauftragten Landschaftsarchitektinnen hätten sich dabei nicht an den üblichen Normen für städtische Freiräume orientieren müssen, sondern betrachteten das Areal als durchwegtes Waldstück.
Die offizielle Übergabe des Preises findet am 17. August 2024 statt. Der Prix SIA wird am 23. Mai 2024 verliehen.
Auszeichnung und Publikation
Schulthess Gartenpreis des Schweizer Heimatschutzes
Der Schweizer Heimatschutz verleiht seit 1998 den Schulthess Gartenpreis für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Gartenkultur. Ausgezeichnet werden können die Erhaltung und Pflege historisch wertvoller Gärten und Parkanlagen sowie die Realisierung von besonders qualitätsvollen zeitgenössischen Grünanlagen. Die Preissumme beträgt 25'000 Franken. Der Schulthess Gartenpreis geht zurück auf ein Vermächtnis des Ehepaars Georg und Marianne von Schulthess-Schweizer aus Rheinfelden.
Begleitpublikation
Die informative und reich bebilderte Publikation zum diesjährigen Schulthess Gartenpreis kann ab Anfang Juli unter www.heimatschutz.ch/shop bestellt werden. Preis: 10 Franken; Mitglieder des Heimatschutzes bezahlen 5 Franken.