Durchgangszentrum Sihlau

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8134 Adliswil,
Schweiz

Veröffentlicht am 08. April 2024
Azzola Durisch Architekten GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2024

Veranda Hofseite Eingangshof mit Brunnen Laubengang 2. Obergeschoss Ausschnitt Fassade Gartenveranda Südwestfassade Gartenseite, Nordostfassade Enfilade der Gemeinschaftsräume Kunst am Bau (Jeanno Gaussi, Berlin) Laubengang mit Seitenwechsel Wohnküche Wohnung im Obergeschoss

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Sihlstrasse 25, 8134 Adliswil, Schweiz
Fertigstellung
04.2023

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Anzahl Wohnungen
23
Grundstücksfläche
4337 m²
Geschossfläche
2602 m²
Nutzfläche
2190 m²
Gebäudevolumen
7874 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
12,5 Mio. CHF

Beschreibung

In Adliswil galt es, 140 Asylsuchenden vorübergehend eine bescheidene, aber menschenwürdige Unterkunft zu bieten. Für die vielen Menschen, und das fragile Verhältnis von öffentlich und privat, finden Azzola Durisch Architekten mit Ihrem Durchgangszentrum eine sorgfältige und durchdachte Lösung.

Ausgangslage

Das Durchgangszentrum Sihlau geht aus einem 2020 vom Kanton Zürich ausgeschriebenen offenen Wettbewerb für einen Ersatzneubau des bestehenden Asylzentrums hervor. Das naturnah in einer Flussschleife der Sihl gelegene Grundstück bietet dazu eine aussergewöhnliche Ausgangslage am Siedlungsrand der Stadt Adliswil. Durch die Erstellung in Holzmodulbauweise konnte der gegebene enge Termin- und Kostenrahmen eingehalten werden. Der Neubau ist für eine Lebendsdauer von 50+ Jahren ausgelegt.

Entwurfsidee

Die Setzung des neuen Asylzentrums behält die vorgefundene ortsbauliche Sequenz von wechselseitig orientierten Hof- und Gartenräumen, die sich zur Strasse oder zum Fluss hin öffnen, bei. Die zweiflüglige Gebäudefigur bricht durch den Versatz ihre Länge und aktiviert das Grundstück raumgreifend in seiner Breite und Tiefe. Eine beidseitig identisch offene Figur, die kein Vorne und Hinten priorisiert – das Aussen der einen Seite ist immer das Innen der anderen. Im Zusammenspiel mit dem stattlichen Baumbestand entstehen vier gefasste Aussenräume mit unterschiedlichen Atmosphären.
Der Entwurf ist vom räumlichen Angebot traditioneller Karawansereien inspiriert: Überhohe und grosszügig angelegten Arkaden mit Gewölbedecken für Begegnung und Austausch – kleine Kammern zur Übernachtung. Der verfügbare architektonische Baukasten wird auf sein Potenzial ausgelotet. Mit bescheidenen Mitteln werden Räume und Raumfolgen gebildet, die unterschiedliche emotionale Wirkungen erzeugen und abwechslungsreiche Aufenthaltsqualitäten bieten.
Hohe, lichtdurchflutete Loggien mit Morgen- und Abendsonne nobilitieren den Pragmatismus der Laubengänge. Mit der umarmenden Geste werden diese Teil eines vielseitigen, gedeckten Begegnungsraums. Die Tiefe der Laubengänge, deren Konstruktion und Materialisierung verleihen den Wohnungen einen wirksamen Vorraum und ein wenig Luft zum Atmen.

Projektierung

60 Holzmodule wurden komplett ausgerüstet, bezugsfertig im Werk vorgefertigt; Küchen und Nasszellen werkseitig bereits vollständig montiert. Im Lego-Prinzip wurden die Module gestaffelt auf Streifenfundamenten aufgerichtet und an die Haustechnik angeschlossen. Offene Treppen erschliessen die Zugangslauben und führen zu den Wohnungseingängen. Durch die Wohnküche betreten, kommen die Wohnungen mit minimalen Verkehrsflächen aus. Diagonale Durch- und Ausblicke bieten Orientierung und einen Austausch mit dem Aussenraum. Die Fassade rhythmisiert die Gebäudelänge und gliedert sie in identitätsstiftende Einheiten mit Adressbildung. Wechselständig zugeschnittene Brettschichtholzstützen tragen die vorgefertigten Platten der Laubengänge und die auskragenden Dachvorsprünge. Die Konstruktion und die Fügungsprinzipien der Teile zeigen auf einfache und anschauliche Art, wie die Dinge gemacht sind. Heiterfreundliche Farben und die warmen haptischen Qualitäten des reinen Holzbaus fördern eine wohnliche Atmosphäre.
Die Holzmodule bestehen aus massiven Schichtplatten, die mit einer diffusionsoffenen Lasur versehen sind und mit ihrem Feuchte- und Temperaturverhalten ein behagliches Innenklima erzeugen. Raumhohe Fenster erlauben den Bezug zur Umgebung und eine Idee von privatem Aussenraum – ein wertvoller Beitrag gegen die Enge.

Das Projekt von Azzola Durisch Architekten wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2024 eingereicht und von Elisa Schreiner publiziert.

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