Umbau Arbeiterhaus
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Schweiz
Veröffentlicht am 22. März 2023
Studio Girsberger Architektur + Lorenz Bachmann
Teilnahme am Swiss Arc Award 2023
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Der Um- und Anbau eines ehemaligen Arbeiterhauses der Ziegelei Muri strebt einen nachhaltigen und kulturell relevanten Umgang mit alter Bausubstanz an. Durch die Transformation in drei Reihenhäuser wird einerseits die Struktur wieder freigelegt, andererseits entstehen neue Wohnqualitäten.
Ausgangslage
Anfang des 19. Jahrhunderts wurden im hallenartigen Erdgeschoss dieses eigenwilligen Langhauses vermutlich Kamin-Zement-Hüte gefertigt, während im Obergeschoss die Arbeiterwohnungen angeordnet waren, die man über einen Laubengang erreichte. Dem ursprünglichen Ausdruck liegt ein aus der Notwendigkeit bestimmter und dennoch harmonischer Rhythmus in Struktur und Fassade zugrunde. Diese bescheidene und doch wohl proportionierte anonyme Architektur hat uns berührt. Leider verlor diese faszinierende Typologie durch zahlreiche bauliche Transformationen ihre selbstverständliche Klarheit.
Entwurfsidee
Statt der ersten Idee mit einem gewerblich genutzten Erdgeschoss setzte sich das Konzept des Reihenhauses durch. Wir teilten die ehemals horizontale Gliederung in drei vertikal funktionierende Einheiten. So entstanden mit der Erweiterung drei Reihenhäuser mit neuen Raumqualitäten sowohl im Inneren wie auch im Aussenbereich. Über die freigelegte Tektonik im Altbau, die neuen Grundrisse und die neu entworfenen Hülle versuchten wir einerseits die Geschichte des Ortes wieder aufzunehmen und sie andererseits im heute weiterzuschreiben.
Projektierung
Für die Projektierungsphase musste frühzeitig mit dem Abbruch begonnen werden, damit die tatsächliche Struktur aufgenommen und einbezogen werden konnte. Dieser fliessende Prozess, der immer wieder nach Anpassungen verlangte war sowohl in der Planung wie auch im Bewilligungsprozess eine grosse Herausforderung.
Realisierung
Bei einem solchen Umbau liegt der Knackpunkt darin, die gestalterischen Ideen vom Entwurf dann tatsächlich umsetzten zu können. So gestaltete sich das Freilegen der Struktur schwieriger als gedacht, da das Tragwerk stellenweise marode war und verstärkt werden musste. In enger Zusammenarbeit mit den Unternehmern wurde nach kreativen Lösungen gesucht. Dieses spontane Reagieren auf Unerwartetes ist auch immer wieder eine Chance, bewusst neue Bilder zu kreieren.
Für die Konstruktion wurden nach einfachen und nachhaltigen Lösungsansätzen gesucht. Der bestehende Hybridbau aus Stampfbeton und Fachwerk wurde mit einer Backsteinkonstruktion erweitert. Sinngemäss wurde das Material von der AGZ bezogen, welche ihren Ursprung vor Ort hatte. Auch die Klinkersteine auf Fenstersimsen, Schwellen und Aussenbelägen assoziieren mit der Vergangenheit der Ziegelei.
Die dämmende Hülle aus Holzfaserplatten, mit mineralischem Besenstrichputz versehen, umschliesst den Alt- und Neubau selbstverständlich zu einem Ganzen. An der Giebelfassade wurde symbolisch ein Sgraffito des hervortretenden Stahlträgers angebracht, welcher sich durch den kompletten Altbau zieht.
Die Balkonschicht in grünlasiertem Fichtenholz öffnet sich im Erdgeschoss zur Gasse hin und bildet einen geschützten Aussenraum.
Die Materialien wurden also ihrem Nutzen entsprechend am konstruktiven Ort eingesetzt. Deren Zusammenspiel bildet den differenzierten Ausdruck des Gebäudes.