Werkstatt «Ein Licht für Sie»

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0000 Nguisguis Bamba,
Senegal

Veröffentlicht am 18. April 2023
Strasser Architekt GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2023

Dachkonstruktion Baustellenbuero Fensterrahmen Bodenbelag Schiebetür Schliesshacken Aussenansicht Let's go! Flughafen ZH Modell Detail Fensterrahmen Detail Fensterrahmen Sims

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
15.115219, -16.205962, 0000 Nguisguis Bamba, Senegal
Projektkategorie
Fertigstellung
01.2021
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
1
Geschossfläche
165 m²
Gebäudevolumen
350 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
200'000 CHF
Anzahl Arbeitsplätze
150

Beschreibung

Die Werkstatt «Ein Licht für sie» ist ein Arbeitsplatz für Frauen im Sahel, Senegal, die hauptsächlich in der Landwirtschaft tätig sind. Das Gebäude wurde einfach und robust gestaltet und mit Solarenergie und Regenwassersammlung ausgestattet.

Ausgangslage

Frauen sind der Antrieb für Afrika, jedoch ein Antrieb ohne wirtschaftliche oder politische Macht. Mehr als 80 Prozent der Frauen in Afrika südlich der Sahara arbeiten in der Landwirtschaft. Die Ernte von Hirse, Sorghum und Erdnüsse ist nur von Juli bis September möglich und soll für das ganze Jahr halten. Jede Initiative, die mittel- und langfristige Unterstützung für Frauen in ländlichen Gebieten schafft, ist ein Schritt zur Verbesserung des Landes.
Seringe Babacar, Leiter der Siedlung Nguisguis Bamba, bat uns, eine Werkstatt für die Frauen zu bauen.

Entwurfsidee

Unser Entwurfskonzept ist darauf ausgerichtet, eine einfache und robuste Struktur zu schaffen, die nur mit Einheimischen ohne spezielle Konstruktionskenntnisse gebaut werden kann. Das Material für den Bau wird aus der Umgebung gewonnen, um die Nachhaltigkeit und die lokale Wirtschaft zu fördern. Die Konstruktionselemente sind so gestaltet, dass sie reproduzierbar sind und den Einheimischen gezeigt wird, wie Türen und Fenster baubar sind. Wir haben die Orientierung des Gebäudes so angepasst, dass das Mikroklima für das Wohlbefinden optimal ist. Die Werkstatt verfügt über Räumlichkeiten mit verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten. Die Werkstatt ist auch mit Solarenergie und Regenwassersammlung ausgestattet, um ihre Nachhaltigkeit zu gewährleisten.

Projektierung

Für unseren ersten Entwurf haben wir uns für ein einfaches Satteldach entschieden, bei dem wir eine leichte Verschiebung vorgenommen haben, um eine Öffnung beim First zu kreieren. Diese Wahl wurde aus Optimierungsgründen getroffen, um die Komplexität, den Aufwand und die Kosten zu minimieren. Die Konstruktion des Gebäudes ist einfach und stabil gehalten. Für die erste Etappe haben wir HEA-120 Profile und Holzträger aus Spanien importiert, während alle restlichen Materialien aus der Region stammen.
Insgesamt haben wir das Gebäude in mehreren Reisen errichtet, wobei wir zuerst die Bodenplatte, die Aussenwände und den Elektroraum erstellt haben. In den drei letzten Reisen haben wir dann die Fenster, Türen inklusive Schliessanlage umgesetzt, begonnen das Atelier zu möblieren und den letzten Anweisungen für Reparaturen gegeben. Regale, Arbeitstische und Stühle wurden von den Nutzern selbst erstellt. Das Atelier ist mit zehn Nähmaschinen ausgestattet und wir finanzieren nun die Produktion von Produkten wie Schultaschen und anderen Gegenständen für die Kinder in der Umgebung sowie allgemeine Taschen und Kleidungsstücke für Familien.

Realisierung

Für die Errichtung des Gebäudes haben wir auf Kran und maschinelle Unterstützung verzichten müssen und stattdessen unser eigenes Werkzeug selbst erstellt. Im August 2019 bin ich alleine mit zwei Koffern angereist: Im ersten Koffer befanden sich Kletterseile, Karabinerhaken, Flaschenzüge und Taschenmesser, während der zweite Koffer Sicherheitsschuhe, -helme und -handschuhe für etwa zwölf Handwerker enthielt. Im Handgepäck hatte ich einen Laser und einen grossen Massstab für die Baugrube dabei, der mir jedoch beim Transfer am Flughafen weggenommen wurde.
Trotz Temperaturen von 42 bis 48 °Celsius habe ich die Baustelle geleitet und gemeinsam mit den Einheimischen als erste Etappe die Halle in nur elf Tagen errichtet. Dazwischen haben wir einen Tag genutzt, um eine Bohrmaschine für die Holzkonstruktion und das Blech für das Dach zu kaufen. Am zwölften Tag kam bereits das nächste Team für das Aufstellen der PV-Anlage und die Elektroinstallation.

Besonderheiten

Im Projekt lag ein besonderer Fokus auf der Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten an die Einheimischen vor Ort. So wurde ihnen zum Beispiel gezeigt, wie sie ihre eigenen Fenster und Türen bauen können, indem wir Rahmen und Simsen aus einfachen extrudierten Stahlprofilen erstellten und L-Profile zusammenschweissten. Auch das Herstellen von sichtbarem Mauerwerk und Bodenbelägen wurde gelehrt. Zudem vermittelten wir Kenntnisse darüber, wie man sich durch geschickte Architektur vor den extremen klimatischen Bedingungen schützen kann, beispielsweise durch die richtige Orientierung, natürliche Querlüftung, hinterlüftetes Mauerwerk sowie durch Sonnenschutzmassnahmen und geeignete Farbgestaltung von Oberflächen.

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