Dan Flavin – Widmung aus Licht
Der amerikanische Künstler Dan Flavin (1933–1996) gilt als Wegbereiter der Minimal Art. Berühmt wurde er durch den Einsatz industriell gefertigter Leuchtstoffröhren, mit denen er eine einzigartige Kunstform schuf und Kunstgeschichte schrieb. Die Kurator*innen Josef Helfenstein und Olga Osadtschy haben sein herausragendes Œuvre mit 58 Werken, darunter einige, die bisher noch nie in der Schweiz gezeigt wurden, sowohl thematisch als auch chronologisch aufbereitet und beleuchtet.

Untitled (to my dear bitch, Airily) | Foto: Florian Holzherr © Stephen Flavin, 2024, ProLitteris
Es werden 35 Lichtinstallationen, 21 Arbeiten auf Papier sowie zwei seltene Gemälde des Künstlers präsentiert. Zusätzlich sind einige Werke von Urs Graf zu sehen, die Flavin für die Ausstellung im Kunstmuseum Basel im Jahr 1975 auswählte. Die Präsentation umfasst Stücke aus renommierten öffentlichen und privaten Sammlungen sowie Institutionen.
Mit seinen Lichtwerken hob Flavin die Farbe aus ihrem traditionellen Kontext der Malerei und transferierte sie in den dreidimensionalen Raum. Seine Verwendung kommerzieller Leuchtkörper stellte eine direkte Herausforderung gegenüber etablierten Vorstellungen von Künstlerschaft und den Produktionsprozessen in der Kunst dar. Die Entscheidung, Alltagsgegenstände in Kunst umzuwandeln, war seiner Zeit weit voraus und erregte beträchtliche Aufmerksamkeit. Zeitgleich entwickelte der französische Dadaist Marcel Duchamp (1887–1968) in New York das sogenannte Readymade, ein Kunstwerk aus vorgefertigten Alltagsgegenständen. Mit Arbeiten wie «Fontaine» wurde er zum Vorbild der Pop Art und der Konzeptkunst der 1960er-Jahre. Ein weiterer Vertreter der Strömung war der Aktionskünstler Joseph Beuys, der einen erweiterten Kunstbegriff vertrat, dass jeder Mensch ein Künstler sei.
Nach Flavins anfänglichen Ausstellungen seiner Lichtarbeiten in New York in den 60er-Jahren waren Künstler*innen und Kunstkritiker*innen gleichermassen fasziniert von seinem Purismus, der Faszination seiner «gasförmigen Bilder», ein Begriff, den Flavin selbst gerne verwendete, sowie der unmittelbaren Präsenz ihrer leuchtenden Erscheinung.
Dan Flavins erstes Kunstwerk aus dem Jahr 1963 besticht durch seine Einfachheit – eine diagonal an der Wand montierte Neonröhre. Doch was in der umfassenden Retrospektive im Kunstmuseums Basel unter dem Titel «The Diagonal of Personal Ecstasy», auch bekannt als «The Diagonal of May 25» zu sehen ist, ist nicht das Original. Die ursprüngliche Neonröhre existiert schon lange nicht mehr.
Flavins Leuchtstoffröhren erwecken Assoziationen mit typischen Szenarien wie Fabrikhallen, Schnellrestaurants oder Parkplätze. Der Künstler nutzte diesen Effekt bewusst und experimentierte mit der begrenzten Farbpalette, die durch die Herstellung der fluoreszierenden Leuchtkörper vorgegeben war: Blau, Grün, Rot, Pink, Gelb, Ultraviolett und vier verschiedene Nuancen von Weiss. Von einfachen Leuchten und simplen geometrischen Anordnungen entwickelten sich im Laufe der Zeit komplexe architektonische Konstruktionen und umfangreiche Serien.
Flavin war bekannt dafür, sein Leben lang der Praxis der Widmung zu folgen, wobei er oft seine Werke auf sentimentale Art mit Menschen oder Ereignissen verband. Die Installationen in fluoreszierendem Licht, die ab 1963 entstanden, wurden häufig seinen Künstlerfreunden wie Jasper Johns, Sol LeWitt oder Donald Judd gewidmet. Darüber hinaus finden sich auch Werktitel von Künstlern der Moderne wie Henri Matisse, Vladimir Tatlin oder Otto Freundlich in Flavins Kunst.

Pink out of a corner (to Jasper Johns), 1963 | Foto: Florian Holzherr © Stephen Flavin, 2024, ProLitteris
Die entscheidende Bedeutung der Titel wird besonders deutlich, wenn Flavin politische Ereignisse thematisiert. Einige seiner Werke erinnern an Kriegsszenarien und lassen sich im Zusammenhang mit Flavins eindeutiger Ablehnung des Vietnamkrieges interpretieren. Ein bemerkenswertes Beispiel ist «Monument 4 for those who have been killed in ambush (to P.K. who reminded me about death)», das er während der Ausstellung «Primary Structures: Young American and British Sculptors 1966» im Jewish Museum in New York präsentierte. Diese Ausstellung war ein wichtiger Meilenstein in der Anerkennung der aufstrebenden Kunstrichtung der Minimal Art.
Kunstmuseum Basel
Dan Flavin. Widmungen aus Licht
Ausstellung: 2. März – 18. August 2024
Ort: St. Alban-Graben 8, Basel
Öffnungszeiten: Di, Do 10 – 18 Uhr, Mi So 10 – 20 Uhr