Heinrich Tessenow. Annäherung und ikonische Projekte

 

Veröffentlicht am 24. Mai 2022 von
Nina Farhumand

Das vom Architekten Mario Botta auf dem Campus der Accademia di architettura – Università della Svizzera italiana realisierte Teatro dell’architettura Mendrisio geht aus einer gemeinsamen Initiative der Università della Svizzera italiana USI und der Stiftung Teatro dell’architettura hervor und soll die kulturelle Auseinandersetzung mit der Architektur fördern.

Umbau der Neuen Wache von K.F. Schinkel zum Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs, 1931 ©Teatro dell’architettura Mendrisio

Umbau der Neuen Wache von K.F. Schinkel zum Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs, 1931 ©Teatro dell’architettura Mendrisio

Umbau der Neuen Wache von K.F. Schinkel zum Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs, 1931 ©Teatro dell’architettura Mendrisio

Intention der Ausstellung

Die Ausstellung wirft in den eindrücklichen Räumen Bottas einen umfangreichen Blick auf die Arbeit des einflussreichen Reformarchitekten Tessenow. Ziel der Ausstellung ist es, das Werk des deutschen Architekten anhand einiger seiner Bauten, seiner architektonischen und städtebaulichen Projekte, seiner theoretischen Überlegungen und seiner Schriften im Kontext der kulturellen und architektonischen Debatte im Deutschland der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts nachzuvollziehen. Zu sehen sind eine Reihe von Originalzeichnungen aus privaten und öffentlichen Sammlungen sowie zahlreiche, Modelle seiner Projekte, Interpretationstafeln, Reliefs von Gebäudeteilen in Frottagetechnik, Materialproben, Publikationen, Fotos und Videos sowie einige von Heinrich Tessenow selbst entworfene Einrichtungselemente.

Stadtbad Mitte, Berlin, 1930 ©Teatro dell’architettura Mendrisio
Bildungsanstalt für rhythmische Gymnastik, Hellerau, 1912, Aussenaufnahme ©Teatro dell’architettura Mendrisio
Café zum Rosenhof, Gartenbauausstellung in Dresden, 1926 ©Teatro dell’architettura Mendrisio

Gedanken zur Ausstellung

Der deutsche Architekt Heinrich Tessenow (1876-1950) wird gerne und zuerst mit kleinen Wohnhäusern für Arbeiter, Handwerker und Kleinbürger in Verbindung gebracht. Diese Bauten sind dank ihrer kubischen Form, ihrer Schmucklosigkeit und wohlkontrollierten Proportionen von einer stillen und starken Präsenz.

Mit Ausnahme des Festspielhauses 1912 in Hellerau geht des Öfteren vergessen, dass derselbe Tessenow eine Reihe von weiteren ikonischen Gebäuden entworfen hat, so 1926 die Landesschule in Klotzsche, 1931 den Umbau der Neuen Wache in Berlin zum Ehrenmal für die Opfer des Ersten Weltkriegs, 1936 das immens grosse und gleichzeitig feine Projekt am Strand von Prora an der Ostsee mit dem starken Bild des Festsaales als offene Stützenhalle.

Tessenow-Haus in Berlin-Zehendorf, 1930, Gemälde: Ecaterina Cazan, Accademia di architettura Mendrisio – USI, 2017 ©Teatro dell’architettura
Landesschule bei Klotzsche (Dresden), 1925-27, Gemälde von Andrea Sestan, Accademia di architettura Mendrisio – USI, 2010 ©Teatro dell’architettura Mendrisio
Tessenow-Haus in Berlin-Zehlendorf, 1930, Modell von Ecaterina Cazan, Accademia di architettura Mendrisio – USI, 2017 © Professor Martin Boesch

Tessenow, dessen Stadtideal die Kleinstadt mit 20’000 bis 60’000 Einwohnern war, führte mit Projekten für Schulen und Verwaltungsgebäude vor, dass er sehr wohl fähig war, für die Grossstadt zu planen. Er beherrschte den grossen Massstab so souverän wie den kleinen. Der in Kassel realisierte Schulbau ist ein Musterbeispiel städtebaulich-architektonischer Intelligenz. In den 1940er Jahren entstanden bemerkenswerte Projekte für Stadterweiterungen und den Wiederaufbau.

Das Vorfinden der Ruinen der ehemaligen Landesschule in Klotzsche Ende der 1990er Jahre durch den Kurator Martin Boesch wurde zum Auslöser für eine forschende Beschäftigung mit dem Werk Tessenows. Neben Archiven wurden die Möglichkeiten von Feldforschung und Archäologie genutzt. Um Wissen zu sichern und dieses auch in Form von physischem Material vor dem gänzlichen Verschwinden zu retten.

Das vertiefte Wissen wird in der Ausstellung im Rahmen dreier Themenkreise dargestellt:

Bauen in der Landschaft

Projekte für die Stadt

Das grosse Haus und das kleine Haus

Und die Frage steht im Raum: welche Bedeutung hat Tessenow, haben seine Bauten, Schriften und Zeichnungen heute?

Der Architekt, Zeichnung von Heinrich Tessenow (aus Hausbau und dergleichen, 1916) ©Teatro dell’architettura Mendrisio
Siedlung in Hohensalza, Zeichnung von Heinrich Tessenow, 1913 (aus Hausbau und dergleichen, 1916) ©Teatro dell’architettura Mendrisio
Festsaal, Bad der 20‘000 in Prora, Zeichnung von Heinrich Tessenow, 1936 (aus Baugilde, 1936) ©Teatro dell’architettura Mendrisio

Einer der bedeutendsten deutschen Architekten des 20. Jahrhunderts

Heinrich Tessenow (1876-1950) gilt als einer der bedeutendsten deutschen Architekten der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts. Sein Wirken ist in die europäische Reformbewegung einzuordnen. Mit seiner Vorstellung von neuen menschlichen Lebensformen wendet er sich mit seinen Schriften, Planungen und Bauten dem Wohnungsbau, insbesondere dem Kleinwohnungsbau, zu. Seine architektonischen und theoretischen Leistungen sind bis heute vorbildlich.

Teatro dell’architettura Mendrisio, Ausstellungsfoto ©Enrico Cano
Teatro dell’architettura Mendrisio, Ausstellungsfoto ©Enrico Cano
Teatro dell’architettura Mendrisio, Ausstellungsfoto ©Enrico Cano

Teatro dell’architettura Mendrisio

Heinrich Tessenow. Annäherungen und ikonische Projekte

Ausstellung vom 1. April bis 17. Juli 2022

Ausstellungsort: Via Turconi 25, 6850 Mendrisio

Öffnungszeiten: Di-Fr 14–18 Uhr, Sa/So 10–18 Uhr

Weitere Informationen finden Sie unter: tam.usi.ch

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