Maarten Baas – New Times
Im Gewerbemuseum Winterthur wird derzeit die erste monografische Ausstellung über die Arbeit des niederländischen Designers und Künstlers Maarten Baas in der Schweiz, kuratiert von Mario Pellin, gezeigt. Im Mittelpunkt steht dessen langjährige Auseinandersetzung mit dem Thema Zeit und dem Motiv der Uhr. Die Schau umfasst Videoinstallationen, Designobjekte, Skulpturen und konzeptionelle Projekte. Baas, bekannt für seinen intellektuellen, rebellischen und spielerischen Stil, bewegt sich an der Schnittstelle zwischen Kunst und Design.

Porträt Maarten Baas | Foto: Michael Lio
Sein Hauptwerk – die seit 2009 entwickelte Serie «Real Time»– zeigt grossformatige Uhren in verschiedenen Formen. Diese komplexen Werke verschmelzen dargestellte Zeiten und Erzählzeit in performativen Videoarbeiten. Durch die Vielfalt der gezeigten Arbeiten verdeutlicht die Ausstellung Maaren Baas' einzigartigen Ansatz zur Zeitmessung und -wahrnehmung.
Neben «Real-Time» -Rauminstallationen und -Videoprojektionen werden «Grandfather Clocks», «Children Clocks» sowie neue Arbeiten zum Thema Zeit präsentiert. Baas' innovative Herangehensweise verbindet Technik, Kunst und Design, verwischt die Grenzen zwischen Realität und Fiktion und regt zur Reflexion über die Relativität der Zeit an. Seine Werke laden Besucher*innen ein, der Zeit beim Vergehen buchstäblich zuzuschauen.

Blick in die Ausstellung
Lebendige Zeit
In seiner Serie «Grandfather Clocks» verwandelt Maarten Baas klassische Standuhren in lebende Kunstwerke. Statt eines herkömmlichen Uhrwerks arbeiten im Inneren menschliche Figuren, die die Zeit auf dem Zifferblatt minutiös darstellen, wischen und erneut auftragen – Minute für Minute, zwölf Stunden lang. Baas thematisiert so das Vergehen der Zeit und ihre Vergänglichkeit, indem er den Mechanismus dieser Standuhren ersetzt und die Zeiger von innen auf das Zifferblatt zeichnet. In «Self Portrait» (2016) stellt er sich selbst dar, in «The Father» (2009) als einen älteren Mann mit weissem Bart und schütterem Haar und in «The Son» (2022) als maskierte Peter-Pan-Figur, die ihn jünger erscheinen lässt. Die Gehäuse der zwei Meter hohen Analog- und Digitaluhren bestehen aus Messing und Bronze oder, wie bei «The Son», aus Holzbrettern.

Blick in die Ausstellung: Children Clock | Foto: Nina Farhumand
Die Uhr als Bühne
Besonders interessant ist die Darstellung verschiedener Lebensalter in den Uhren. Sie laden zum Nachdenken übers Altern, Generationenfolge und die zyklische Natur des Lebens ein. Gleichzeitig hinterfragen sie unsere gesellschaftlichen Vorstellungen von Produktivität und Nutzbarkeit in den verschiedenen Lebensphasen.
Insgesamt präsentiert Baas mit seiner Serie eine komplexe Meditation über das Menschsein. Er fordert uns auf, unser Verhältnis zur Zeit, unsere Identität und unseren Platz im Fluss der Geschichte zu überdenken. Seine Werke fungieren als Spiegel, in dem wir unsere eigenen Bemühungen, Ängste und Hoffnungen angesichts der unaufhaltsam verstreichenden Zeit reflektiert sehen. Seine Arbeiten sind somit nicht nur Kunstwerke zum Betrachten, sondern Katalysatoren für persönliche und philosophische Reflexionen über die grundlegenden Aspekte unserer Existenz.
Erklärung zum Video: Der niederländische Illustrator Jan Jutte war Maarten Baas' Zeichenlehrer an der High School. Für das neue Projekt «Kingfisher Clock» bat ihn Baas, die zwölf Stunden wie bei der «Real Time Clock» zu zeichnen. Die Zeiger hinterlassen im Laufe der Zeit eine graue, kreisförmige Spur, die durch ständiges Ausradieren und Neuzeichnen mit Kohle entsteht.
Maarten Baas' Werke sind in vielen renommierten internationalen Museumssammlungen zu finden, einschließlich des MoMA in New York, des Victoria & Albert Museums in London, Les Arts Décoratifs in Paris, des MoMA in San Francisco, des Vitra Design Museums in Weil am Rhein und des Rijksmuseums in Amsterdam. Zudem befinden sich seine Arbeiten in zahlreichen bedeutenden Privatsammlungen.
Gewerbemuseum Winterthur
Maarten Baas – New Times
Ausstellung: Bis 27. Oktober 2024
Ort: Kirchplatz 14, Winterthur
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10–17, Donnerstag 10–20 Uhr