Netzwerkschau der Um-Baukultur – Impressionen von der Vernissage

 

Veröffentlicht am 17. Dezember 2024 von
Nina Farhumand

Bis zum 1. März 2025 zeigt das Architekturforum Zürich eine Ausstellung, die aufzeigen soll, wie eine zukunftsfähige Bau- und Planungskultur gelingen könnte. Unter dem Titel «Und das ist die gute Nachricht: Die Schweiz ist gebaut.» greift die Schau dabei ein provokantes, aber zugleich ermutigendes Narrativ auf: Das Potenzial der gebauten Umwelt existiert bereits – der Rohstoff ist da, er muss nur mit klugen Ansätzen weiterentwickelt, umgenutzt und transformiert werden. Statt auf endlosen Neubau setzt die Ausstellung auf den verantwortungsvollen Umgang mit dem Bestand. Die Redaktion war bei der Vernissage vor Ort und konnte spannende Perspektiven entdecken.

Barbara Buser und Eric Honegger eröffneten den Abend. | Fotos: Nina Farhumand

Barbara Buser und Eric Honegger eröffneten den Abend. | Fotos: Nina Farhumand

Barbara Buser und Eric Honegger eröffneten den Abend. | Fotos: Nina Farhumand
Sabeth Tödtli – Appell für mehr zivilgesellschaftliches Engagement.
Niko Herren sprach über Netto-Null-Ziel bis 2035. | Foto: Jørg Himmelreich
Sabine Wolf stellte das Genossenschaftsprojekt Warmbächli vor.

Impulse für eine klimabewusste Baukultur

Die Kuratierung liegt bei vier eng verbundenen Unternehmen: baubüro in situ, Denkstatt sàrl, unterdessen und Zirkular. Ihre Wurzeln reichen bis in die 1990er-Jahre zurück, als die Architekt*innen Barbara Buser und Eric Honegger Pionierarbeit im Umgang mit Gebäudebeständen und Ressourcen leisteten. Heute führt eine neue Generation interdisziplinärer Architektinnen und Stadtplanerinnen gemeinsam mit Barbara Buser und Eric Honegger diese wegweisende Tradition fort.

Den Auftakt zur Ausstellung bildete die Vernissage. Barbara Buser und Eric Honegger eröffneten den Abend mit einer inspirierenden Einführung zur Gründungsgeschichte der vier kuratierenden Unternehmen. Seit mehr als drei Jahrzehnten prägen sie die Debatte um Bestandserhaltung und nachhaltige Ressourcennutzung.

| Foto: Ben Pohl © Denkstatt sàrl

| Foto: Ben Pohl © Denkstatt sàrl

| Foto: Ben Pohl © Denkstatt sàrl

Drei spannende Referent*innen setzten mit ihren Vorträgen Akzente

Sabeth Tödtli, Urbanistin, machte auf die Kluft zwischen den in der Ausstellung präsentierten visionären Projekten und der tatsächlichen Auftragslage aufmerksam. Ihr Appell: Zivilgesellschaftliches und politisches Engagement sind essenziell, um strukturelle Veränderungen voranzutreiben.

Niko Herren, Leiter der Fachstelle Umweltgerechtes Bauen Stadt Zürich, beleuchtete die Bedeutung des Gebäudebestands und das Ziel für Netto-Null bis 2035 in Zürich. Er zeigte auf, wie Machbarkeitsstudien, Pilotprojekte und interdisziplinäre Zusammenarbeit innovative Lösungen zur Emissionsreduktion ermöglichen.

Sabine Wolf, Genossenschaftlerin, stellte das Genossenschaftsprojekt Warmbächli in Bern vor – ein inspirierendes Beispiel für die Transformation eines alten Lagerhauses in einen multifunktionalen Wohn- und Arbeitsraum.

Die Ausstellung präsentiert 40 Projekte aus der Schweiz. | Fotos: Nina Farhumand

Die Ausstellung präsentiert 40 Projekte aus der Schweiz. | Fotos: Nina Farhumand

Die Ausstellung präsentiert 40 Projekte aus der Schweiz. | Fotos: Nina Farhumand

Wunderkammmer der Um-Baukultur

Die Ausstellung präsentiert sich als «Wunderkammer» und vereint 40 Projekte aus der Schweiz, die eindrucksvoll veranschaulichen, wie eine Baukultur des Umbaus, der Umnutzung und der Wiederverwendung bereits heute Realität ist. Die Schweiz hat rund drei Millionen Gebäude, die im Durchschnitt 56 Jahre alt sind. Obwohl sie oft als überholt gelten, sind viele dieser Gebäude aus ökologischer und sozialer Sicht noch längst nicht am Ende ihrer Lebensdauer und bieten viele Chancen. An den Wänden werden 20 eigene Projekte der kuratierenden Firmen 20 externen Projekten gegenübergestellt – wie Buchseiten, die in den Raum übertragen wurden. Es werden unter anderem Projekte zur Zwischennutzung, zum Weiterbauen und zum Re-Use präsentiert.

Die Schau orientiert sich an einem umfassenden Glossar, das die verschiedenen Facetten der entstehenden Um-Baukultur beleuchtet. Sie verbindet Projekte, Akteur*innen, Motive und Handlungsansätze zu einem kooperativen Netzwerk, das neue Perspektiven auf das Bauen eröffnet. In der Ausstellung lassen sich disziplinübergreifende Methoden entdecken, die deutlich machen: Der Gebäudebestand ist kein Hindernis, sondern eine Chance für die Transformation unserer Städte – und damit für den Klimaschutz.

Projekte von Zwischennutzung bis Re-Use werden gezeigt.
| Fotos: Nina Farhumand

Als wir die Ausstellung besuchten, waren wir beeindruckt von der Fülle an kreativen Ansätzen und den zukunftsweisenden Ideen. Besonders fasziniert hat uns, wie das Konzept der Nachhaltigkeit in den Projekten nicht nur ökologisch, sondern auch sozial und kulturell verankert ist. Die Netzwerkschau bringt Stimmen zusammen, die aufzeigen, dass durch Umnutzung und Wiederverwendung innovative Lösungen entstehen. können. Das Projekt Unterwerk Bottmingen, realisiert durch das Baubüro in situ, bietet ein interessantes Beispiel für Zwischennutzung. Auf dem Areal wurden unterschiedliche Nutzungsbereiche wie Wohnräume, Büros, Ateliers, ein Aussenbereich und gastronomische Angebote integriert. An den bestehenden Gebäuden wurden lediglich Massnahmen zur Instandsetzung durchgeführt. Was einst von Schaltkästen und Transformatoren geprägt war, hat sich zu einem kreativen und innovativen Zentrum entwickelt. Seit dem Einzug der Zwischennutzer wird das Areal von Kunst- und Kulturschaffenden, Start-ups sowie Sportbegeisterten belebt. Im Rahmen des Themas Weiterbauen fiel uns der Umbau sowie die Erweiterung des Schulhauses Hellwies durch weberbrunner architekten besonders auf. Durch das Konzept der vertikalen Verdichtung konnte die Schulanlage erweitert werden, ohne zusätzliches Bauland zu beanspruchen.

Architekturforum Zürich

Carte Blanche XX – «Und das ist die gute Nachricht: Die Schweiz ist gebaut.»

Ausstellung: Bis 1. März 2025

Ort: Zollstrasse 115, Zürich

Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr 12–18 Uhr, Do 14–20 Uhr, Sa 11–17 Uhr

Weitere Informationen
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