Suburiba. Leben im amerikanischen Traum
Was hat ein Einfamilienhaus mit der Klimakrise zu tun? Diese Frage stellt die Ausstellung «Suburbia. Leben im amerikanischen Traum» im Architekturzentrum Wien bis 4. August 2025. Sie führt die Besucher*innen in die vermeintlich perfekte Welt grosser Häuser mit Garten und Pool – ein Symbol für Sicherheit, Wohlstand und individuelle Freiheit. Sie entlarvt aber zugleich die Schattenseiten dieses Lebensideals: Flächenverbrauch, Versiegelung und verödete Ortskerne.

Benjamin Grant, Gründer von Overview, nutzt Satelliten- und Luftaufnahmen, um den Einfluss menschlicher Aktivitäten und natürlicher Kräfte auf unsere Erde zu zeigen. Berwyn, eine Vorstadt Chicagos, gilt als «City of Homes» und ist mit 57 250 Einwohner*innen auf nur zehn Quadratkilometern die am dichtesten besiedelte Gemeinde in Illinois. | Foto © Nearmap, erstellt von Overview
Ein Traum, der zur Realität wurde
Die Ausstellung bietet einen umfassenden Einblick in die Geschichte des Einfamilienhauses – von seinen Anfängen im 19. Jahrhundert in den USA bis hin zur heutigen Debatte um Flächenverbrauch und Leerstand. Sie beleuchtet nicht nur den weltweiten Einfluss dieses Wohnmodells, sondern zeigt auch, wie es die österreichische Baukultur geprägt hat. Rund 1,5 Millionen Einfamilienhäuser prägen das Land.
Ein zentrales Thema der Schau ist die Frage, wie diese Gebäude erhalten, umgenutzt oder nachverdichtet werden können. Beispiele von Umbauten und neuen Wohnformen zeigen, wie Architektur zur Lösung beitragen kann. Historische Materialien, Fotografien, Filme und Kunstwerke verdeutlichen eindrücklich, wie Politik, Wirtschaft und Medien das Bild des Einfamilienhauses als sicheren Rückzugsort geprägt haben. Das Ideal vom Haus im Grünen mit Garten, Pool und Garage hat über Generationen hinweg Menschen inspiriert – von der Nachkriegszeit bis heute.
Die Kehrseite der Vorstadtidylle
Doch Suburbia ist nicht nur ein Ort des Wohlstands. Die Ausstellung zeigt die Schattenseiten: soziale und ethnische Trennung, die Zerstörung von Landschaften und die Isolation vieler Bewohner*innen in überalterten Siedlungen. Besonders eindrucksvoll dokumentiert der Fotograf Bill Owens die oft widersprüchliche Realität der Vorstädte, während Künstler*innen wie Angela Strassheim und Gabriele Galimberti das Unheimliche im vermeintlich Idyllischen sichtbar machen.

Werbeanzeigen der 1950er-Jahre | Foto: Reiner Riedler
Österreich und der amerikanische Traum
Die Ausstellung wurde ursprünglich vom Centre de Cultura Contemporània de Barcelona (CCCB) konzipiert und von Philipp Engel kuratiert. Für die Präsentation im Architekturzentrum Wien (Az W) hat das kuratorische Team um Lene Benz, Katharina Ritter und Agnes Wyskitensky die Schau um österreichische Beispiele erweitert.
Auch in Österreich bleibt das Einfamilienhaus für viele das Wohnideal. Doch der Platz für Neubauten wird knapp. Die Ausstellung zeigt dreizehn Projekte, die Lösungen aufzeigen: von der Umnutzung bestehender Bauten bis hin zur sinnvollen Verdichtung urbaner Räume.
Zwischen Stillstand und Aufbruch
«Suburbia» lädt dazu ein, über die Zukunft der Einfamilienhauskultur nachzudenken. Anhand gelungener Umbauprojekte und neuer Wohnformen öffnet die Schau den Blick auf Alternativen, die weniger Fläche verbrauchen und soziale Isolation vermeiden. Dabei bleibt die zentrale Frage: Ist es möglich, die positiven Seiten der Suburbia-Idee zu bewahren, ohne die negativen Auswirkungen weiter zu verstärken? Mit einer gelungenen Mischung aus historischen Einblicken und aktuellen Beispielen schafft «Suburbia. Leben im amerikanischen Traum» einen umfassenden Blick auf ein Phänomen, das unsere Wohnlandschaft seit Jahrzehnten prägt. Die Ausstellung regt dazu an, nicht nur die Vergangenheit zu reflektieren, sondern auch aktiv nach Lösungen für die Zukunft zu suchen.
Architekturzentrum Wien
Suburbia. Leben im amerikanischen Traum
Ausstellung: 6. März – 4. August 2025
Ort: Museumsplatz 1, Wien
Öffnungszeiten: Täglich 10–19 Uhr