Interview: Vom Hinterhof zur Champions League

Marc Bremgartner ist Fachbereichsleiter Einkauf bei der Ernst Schweizer AG

Chris Knellwolf ist Leiter Marketing & Vertrieb bei Stiebel Eltron Schweiz.

Chris Knellwolf ist Leiter Marketing & Vertrieb bei Stiebel Eltron Schweiz.

Auch vor 100 Jahren gab es bereits Startups – nur wurden sie nicht so genannt. Statt im Silicon Valley begann Theodor Stiebel 1924 in einer Werkstatt in einem Berliner Hinterhof mit der Entwicklung und Produktion eines elektrischen Ringtauchsieders. Mit diesem einfachen Gerät legte er den Grundstein für ein Unternehmen, das heute in der Champions League der Wärmeerzeugung spielt. Die Redaktion sprach mit Chris Knellwolf über die Firmengeschichte und Zukunftspläne.

100 Jahre zu überstehen schafft nicht jedes Unternehmen. Was hat Stiebel Eltron anders oder besser gemacht als andere?

Stiebel Eltron hat sich in seiner Geschichte vor allem durch Pioniergeist und Innovation hervorgehoben. Der unermüdliche Ansatz, sich und die Produkte stets weiterzuentwickeln und neu zu erfinden, hat hier massgeblich zur Erfolgsgeschichte beigetragen. Wir hatten und haben noch immer sehr hohe Ansprüche an uns, unsere Produkte und unsere Dienstleistungen. Dies führt dazu, dass wir in unserer Geschichte nicht bloss die Qualität hochhalten konnten, sondern stetig steigern. Nicht zuletzt ist auch die Tatsache, dass wir nach wie vor ein Familienunternehmen sind, bei weltweit über 6000 Mitarbeitenden, einer unserer Erfolgsfaktoren. Unternehmensgewinne werden in die Firma und Mitarbeitenden reinvestiert.

Was waren die Meilensteine in der Firmengeschichte?

Als Dr. Theodor Stiebel 1924 in seiner Hinterhofwerkstatt in Berlin den Ringtauchsieder erfindet und produziert, schlägt er das erste Kapitel der erfolgreichen Unternehmensgeschichte von Stiebel Eltron auf. Er baute ein Werk auf, welches im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört wurde. 1944 zieht Dr. Theodor Stiebel daher mit dem Unternehmen ins niedersächsische Holzminden. Dort befindet sich unser Hauptsitz noch heute. 1949 war die Produktion des ersten hydraulischen Durchlauferhitzers der nächste grosse Meilenstein. Der für uns heute bedeutendste Meilenstein war im Jahr 1976. In diesem Jahr begann Stiebel Eltron mit der Entwicklung und Produktion von Wärmepumpen. Wir waren somit an der Entwicklung von Wärmepumpen von Beginn an massgeblich beteiligt. So legte man bereits vor 48 Jahren den Grundstein für den Erfolg durch innovative Produkte, die heute fast Standard sind.

1934 erfolgte aus Kapazitäts­gründen der Umzug von Berlin-­Kreuzberg nach Berlin-­Tempelhof. Rund 150 Mitarbeiter wurden für die Herstellung von Heisswasser­-Geräten beschäftigt.

1934 erfolgte aus Kapazitäts­gründen der Umzug von Berlin-­Kreuzberg nach Berlin-­Tempelhof. Rund 150 Mitarbeiter wurden für die Herstellung von Heisswasser­-Geräten beschäftigt.

1934 erfolgte aus Kapazitäts­gründen der Umzug von Berlin-­Kreuzberg nach Berlin-­Tempelhof. Rund 150 Mitarbeiter wurden für die Herstellung von Heisswasser­-Geräten beschäftigt.

Die Produktion ins Ausland zu verlagern haben Firmen in Zeiten unterbrochener Lieferketten schon oft bereut. Wie ist das bei Stiebel Eltron abgelaufen?

Stiebel Eltron produziert weltweit an verschiedenen Standorten. Der strategische Fokus lag aber schon immer auf lokalen Produktionen. So wird im asiatischen Raum für den dortigen Markt und an mehreren Standorten in Deutschland für den europäischen Markt produziert. Bereut wurde dies bislang noch nie. Im Gegenteil: Der Produktionsstandort Deutschland steht für höchste Qualität, agile Logistik und nicht zuletzt auch für Nachhaltigkeit. Wir sehen die geographische Nähe sowohl als Wettbewerbsvorteil im Hinblick auf die Lieferketten, aber auch als Verpflichtung.

Im Gegensatz zur Konkurrenz, hat Stiebel Eltron sich immer auf elektrisch betriebene Produkte konzentriert. Hat das der Firma Vorteile verschafft, die heute genutzt werden können?

Diese Frage würde ich ganz klar mit «Ja» beantworten. Retrospektiv gesehen war Theodor Stiebel nicht nur Innovator, sondern auch Visionär. Diese Mentalität prägt unsere Firma auch nach 100 Jahren noch stark. Dass Strom sich als Energieträger noch mehr etablieren wird, davon sind wir überzeugt. Durch unsere lange Geschichte der Forschung und Entwicklung in diese Richtung konnten wir uns viel Wissen aneignen. Die Entwicklung und Produktion von Wärmepumpen seit knapp 50 Jahren gibt uns sicherlich einen gewissen Vorteil gegenüber Marktbegleitern, die noch nicht so lange auf dem Wärmepumpenmarkt agieren. Hier spielen Erfahrungswerte, langjähriges Know-how und auch eine über die Zeit gewachsene Produktion und samt ihren Mitarbeitenden, die komplett auf nachhaltige Systeme ausgelegt ist, eine zentrale Rolle.

Mit rund 6000 Mitarbeitern weltweit setzt der Konzern mit Schweizer Niederlassung und eigenem Showroom in Lupfig von der Produktentwicklung bis zur Fertigung konsequent auf eigenes Know­-how.

Mit rund 6000 Mitarbeitern weltweit setzt der Konzern mit Schweizer Niederlassung und eigenem Showroom in Lupfig von der Produktentwicklung bis zur Fertigung konsequent auf eigenes Know­-how.

Mit rund 6000 Mitarbeitern weltweit setzt der Konzern mit Schweizer Niederlassung und eigenem Showroom in Lupfig von der Produktentwicklung bis zur Fertigung konsequent auf eigenes Know­-how.

Die Funktionsweise der Wärmepumpe ist hinlänglich bekannt – gibt es trotzdem noch ungenutztes technisches Potenzial, respektive wie sehen Sie die Zukunft der Wärmepumpe?

Zieht man den Vergleich der heutigen Wärmepumpen zu denjenigen noch vor 10, 20 oder 30 Jahren, so zeigt sich ein unglaublicher technologischer Wandel. Sowohl Leistung, Schallemissionen, Grösse der Anlagen, aber auch die Effizienz haben sich massiv verbessert. Natürlich ist es immer schwierig zu prognostizieren, was die Zukunft noch bringen wird, respektive wo die grössten technologischen Fortschritte liegen werden. Wir denken jedoch, dass sich in den nächsten Jahren in folgenden Bereichen sicherlich noch einiges tun wird: nämlich in puncto Effizienz (COP-Werte), geringere Schallwerte und – was die Branche aktuell am meisten umtreibt – GWP-Werte (Global Warming Potential), also der Umweltverträglichkeit des eingesetzten Kältemittels. Aktuell findet eine Umstellung auf das umweltfreundliche Kältemittel R290 statt. Dies dürfte die grösste technische Innovation sein.

Dipl. Ing. Theodor Stiebel ärgert sich über einen Kolbentauchsieder, dessen Funktion seinen Vorstellungen in keiner Weise entspricht. Er erfindet einen neuen: Der Ringtauchsieder war geboren.

Dipl. Ing. Theodor Stiebel ärgert sich über einen Kolbentauchsieder, dessen Funktion seinen Vorstellungen in keiner Weise entspricht. Er erfindet einen neuen: Der Ringtauchsieder war geboren.

Dipl. Ing. Theodor Stiebel ärgert sich über einen Kolbentauchsieder, dessen Funktion seinen Vorstellungen in keiner Weise entspricht. Er erfindet einen neuen: Der Ringtauchsieder war geboren.

Bei Neubauten in der Schweiz ist die Wärmepumpe mehr oder weniger der Standard. Schwieriger ist es im Sanierungsbereich. Wie sehen Sie hier die Chancen der Wärmepumpe?

Die Chancen im Sanierungsbereich stehen durchaus gut. Seit 2019 werden schweizweit Heizsysteme mit fossilen Energieträgern öfters durch Heizsysteme mit nichtfossilen Energieträgern ersetzt als durch solche mit fossilen Energieträgern. Kurz gesagt: Bei Öl- und Gas-Heizungen ist der 1:1-Ersatz stark gesunken zugunsten von Heizungen mit erneuerbaren Energien. Hinzu kommen gesetzliche Regulatorien in immer mehr Kantonen, welche zunehmend den Einbau von Öl- und Gasheizungen in der Sanierung bereits verbieten. Die Fahrtrichtung in der Sanierung ist somit klar. Wir bei Stiebel Eltron sind im Sanierungsbereich stark vertreten, da unsere Wärmepumpen aufgrund diverser technischer Auslegungen – hohe Vorlauftemperaturen, gute Einbringmasse, und so weiter – bestens für den Sanierungsbereich aufgestellt sind.

Das Interview entstand in Zusammenarbeit mit Stiebel Eltron.

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