Interview: Sicherheit beim Radeln

Sven Vock ist Leiter Produktmanagement bei Velopa.
Was wird im neuen Velowegegesetz genau geregelt?
Es soll für bessere und sicherere Fahrradwege sorgen. Kantone und Bund werden damit zur Planung und Realisierung geeigneter Velowegnetze verpflichtet. In Bezug auf die Sicherheit spielen sowohl die objektive Sicherheit als auch das subjektive Empfinden eine Schlüsselrolle.
Welche Mängel sehen Sie bei den bestehenden Velowegen in der Schweiz im Zusammenhang mit dem Gesetz?
Eine generelle Antwort ist schwierig. Aber wenn man mit dem Velo unterwegs ist, fallen zahlreiche Gegebenheiten auf, die aus Sicht der Fahrradfahrer*innen und der anderen Verkehrsteilnehmenden nicht optimal sind. Das reicht von Mischverkehr mit Fussgänger*innen über fehlende Abgrenzungen zum Autoverkehr, keine fliessende Eingliederung vom Fahrradweg auf Velostreifen bis hin zu nicht durchgehenden Velowegen. Das subjektive Sicherheitsempfinden auf Radwegen spielt eine wichtige Rolle, denn es beeinflusst das tatsächliche Verhalten der Menschen auf Fahrrädern. Velofahrer*innen meiden Radwege, wenn sie sich auf ihnen nicht wohlfühlen – auch wenn diese messbar sicher sind. Dies führt dazu, dass Radfahrende beispielsweise auf Trottoirs ausweichen und dort Fussgänger*innen gefährden, oder sie nutzen andere Fortbewegungsmittel. Um den Veloverkehr zu fördern und mehr Menschen zum sicheren Fahrradfahren zu ermutigen, ist das Vertrauen in die Sicherheit der Infrastruktur ein massgebender Faktor. Radwege, auf denen sich Velofahrende sicher fühlen, sind daher bei der Umsetzung des Veloweggesetzes von grosser Bedeutung.

Pop up Bike Lanes können durch Leitschwellen mit Baken markiert werden. Sollen neue Radwege angelegt werden, kann mit diesem System vorab die Akzeptanz getestet werden. Es haftet auf der Fahrbahn und muss nicht verklebt oder verschraubt werden. | Foto: Velopa AG
Im Gesetz ist auch von Nutzergruppen die Rede. Welche Unterschiede gibt es unter den Velofahrenden?
Naheliegend ist eine Unterscheidung nach dem Alter. Velowege müssen so gestaltet sein, dass sie dem von einigen Gemeinden bereits verwendeten Modell «8 bis 80» Rechnung tragen. Gemäss diesem sollen sich sowohl Kinder als auch Senior*innen auf Velowegen sicher fühlen. Nur wenn Menschen jeden Alters und Erfahrungsniveaus auf neu gebauten Radwegen wohl ist, nutzen sie diese auch tatsächlich. Dies steigert die Anzahl der Velofahrer*innen, dient der Gesundheitsförderung und schont die Umwelt. Zudem unterscheiden sich die Erwartung und die Ansprüche an sichere Velowege von einem gelegentlichen Freizeit-Velofahrer zu einem aktiven Pendler, also jemandem, der täglich mit dem Fahrrad unterwegs ist. Wer täglich fährt, bringt mehr Erfahrung und Routine mit – sein subjektives Sicherheitsempfinden ist ein anderes.
Velopa führt Radwegtrenner im Produktsortiment. Können Sie erklären, welche Vorteile eine physische Barriere gegenüber einer einfachen Fahrbahnmarkierung hat?
Die klare Trennung von Radwegen von anderen Verkehrswegen spielt eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung der objektiven Sicherheit für Velofahrende und ihres subjektiven Sicherheitsempfindens. Gerade an Stellen, an denen keine baulichen Massnahmen zur Trennung des Veloverkehrs vom übrigen Verkehr möglich sind, bieten physische Radwegtrenner eine gute Lösung. Diese am Boden platzierten Komponenten schaffen eine Barriere, die Velofahrende vor potenziell gefährlichen Interaktionen mit Autos schützt. Dadurch sinkt das Unfallrisiko deutlich und gleichzeitig steigt die Nutzungsfrequenz der Velowege.
Der Wert von Radwegtrennern für die Fahrradfahrenden liegt also auf der Hand. Aber gibt es auch Nachteile, wenn zum Beispiel Einsatz- oder Rettungsfahrzeuge in Notsituationen auf die Radstreifen ausweichen müssen?
Radwegtrenner der neuesten Generation sorgen für Sicherheit, indem sie Autofahrer*innen intuitiv davon abhalten, sie zu überqueren. Bei Bedarf können sie aber von Notfalldiensten überfahren werden, ohne dass die Trenner oder die Fahrzeuge Schaden nehmen. Diese Flexibilität ist ausschlaggebend, um die Anforderungen aller Verkehrsteilnehmenden zu berücksichtigen.
Welche Möglichkeiten der Installation von Radwegtrennern gibt es bei temporären Velowegen, den sogenannten Pop-up-Bike-Lanes?
Bei einigen Produkten ist keine Verankerung im Boden notwendig, was die Installation und die Entfernung einfach macht.
Besonders nachts und bei schlechten Lichtverhältnissen erhöht sich das Unfallrisiko. Lassen sich die Radwegtrenner auch beleuchten oder anderweitig besser kenntlich machen?
Eine Beleuchtung bieten wir nicht an, aber über die Reflexion des Lichts der Verkehrsteilnehmenden sind sie sehr gut sichtbar. Bei erhöhten Sicherheitsanforderungen können die Radwegtrenner mit ergänzenden Elementen wie flexiblen Pollern, die mit reflektierenden Streifen versehen sind oder mit Leitboys oder Glaskuppeln ergänzt werden. Diese sorgen für eine noch bessere Sichtbarkeit bei schlechten Lichtverhältnissen.

Das Foto zeigt eine beidseitig mit Flex Orca abgegrenzte Velofahrbahn. Die Elemente werden mit Ankern im Belag befestigt. | Foto: Velopa AG
Aus welchen Materialien werden die Velopa- Radwegtrenner gefertigt? Und können sie wiederverwertet werden?
Zeitgemässe Radwegtrenner sind komplett aus rezykliertem Material hergestellt, zum Beispiel alten LkwReifen, die zu Gummigranulat verarbeitet und danach in Form gepresst und gebacken werden. Andere sind aus 100 Prozent recyceltem Plastik.
Danke für das spannende Gespräch. Wenn wir morgen wieder mit den Velos in die Redaktion radeln, werden wir einen anderen Blick auf die bestehende Radweginfrastruktur haben.
Das Interview entstand in Zusammenarbeit mit der Velopa AG.