Centre d’hébergement collectif de Rigot

5 von 21

 
1202 Genève,
Schweiz

Veröffentlicht am 21. Dezember 2020
Acau Architecture SA
Teilnahme am Swiss Arc Award 2022

Unterbringungszentrum Rigot, Genf Der Aussenraum, der  durch die Anordnung der beiden Gebäude und die Gärten entsteht, stärkt  das Gemeinschaftsleben  der Bewohner. Das Holz für die Fassade kommt ausschliesslich aus den Genfer Wäldern. Jeder Raum wird durch  die grossen Öffnungen in der Fassade in natürliches Licht getaucht. Auch in den Innenräumen  ist Holz allgegenwärtig. Jede Unterkunft verfügt über einen eigenen Küchenblock. Das Unterbringungszentrum verfügt auch über Gemeinschaftsräume  zur Durchführung integrationsfördernder Aktivitäten. Fassadenverkleidung aus Eiche Holz-Fundamente

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Avenue de France 36, 1202 Genève, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
07.2019

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Geschossfläche
7070 m²
Gebäudevolumen
25'760 m³

Beschreibung

Das am Rande des Parc Rigot in Genf gelegene neue Unterbringungszentrum Rigot bietet einen einladenden und gemeinschaftsfördernden Ort für Migranten. Im Jahr 2015 musste sich die Schweiz auf eine sehr grosse Anzahl Asylsuchender vorbereiten. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, wurde vom Genfer Staatsrat eine Task Force eingerichtet, die mehrere Projekte in Angriff nehmen sollte, darunter ein Unterbringungszentrum mit einer Kapazität für 370 Bewohner. Das Bauwerk, das im Rahmen der Sofortmassnahmen entstand, sollte jedoch so konzipiert werden, dass es in den nächsten zehn Jahren an einen anderen Standort versetzt werden könnte. Die eigentliche Herausforderung für die Architekten bestand somit darin, ein temporäres und modulares Objekt an einem für die Stadt Genf besonders markanten Ort zu entwerfen. Das von Acau Architecture geplante Projekt sieht zwei symmetrische fünfstöckige Gebäude vor, die aus vorgefertigten, modularen Holzelementen bestehen.
Zunächst ging es darum, eine Standorterhebung zu machen. Das Hospice Général hatte mehrere Standorte ins Visier genommen, die im Hinblick auf die Baugenehmigung recht Erfolg versprechend schienen. Einer davon war der Parc Rigot, unweit der Vereinten Nationen. Tatsächlich befindet sich der Völkerbundpalast nur wenige hundert Meter vom Projekt entfernt, während das Denkmal zu Ehren Nelson Mandelas versetzt werden musste, um Platz für das neue Unterbringungszentrum zu schaffen. Es wird perspektivisch von beiden Bauten eingerahmt. Da die beiden Bauwerke einen herausragenden symbolischen Wert haben, legten die Architekten grossen Wert darauf, ihr Projekt so dezent wie nur möglich zu halten und nur wenig im Park zu verändern. Die Setzung der Gebäude erfolgte parallel zum Sismondi-Kolleg und im rechten Winkel zur Avenue de France. Durch die beiden sich gegenüberstehenden Riegel entsteht eine Art offener Innenhof, der einen Raum des Austausches schafft und so das Gemeinschaftsleben stärkt. Betont wird dies zusätzlich durch die verschiedenen Gärten am Strassenrand, die eine Beziehung zwischen den Bewohnern und der Nachbarschaft schaffen.

Eine ökologische, temporäre Konstruktion
Die Architekten haben sich dabei für ein System entschieden, das sowohl den Bau als auch den Rückbau und das Versetzen der Gebäude ohne grossen Aufwand ermöglicht. Es handelt sich um eine «Null-Beton»-Konstruktion mit Ausnahme der vorgefertigten Böden in den Laubengängen.
Die meisten modularen und temporären Bauten stehen auf einer Fundamentplatte aus Beton. Bei diesem Projekt wurden jedoch die Gebäude auf Streifenfundamenten aus Fichtenholz und Pfählen aus Lärchenholz gesetzt, die durch Querschwellen aus Holz miteinander verbunden sind. Dies ermöglicht eine gleichmässige Verteilung der Lasten und die Schonung des Bodens, aber auch ein späteres Entfernen und Versetzen der Fundamente. Dank der Holzbauweise entfallen nicht nur die Kosten für Betonrecycling im Falle der Objektverlegung, sondern es wird auch jegliche Verunreinigung der Oberflächengewässer während der Bauzeit vermieden. Für die Region bedeutet dieses Projekt eine Aufwertung der lokalen Waldressourcen, und auch der Materialtransport benötigt wenig Graue Energie. Die durch die Vorfertigung bautechnische Optimierung führt nicht nur zu einer Reduktion der verbrauchten Rohstoffe; dieser Aspekt war auch entscheidend für die Bauplanung, da so das Projekt in kurzer Zeit abgeschlossen werden konnte. Der Bau wurde in drei Phasen unterteilt: die Erstellung der Fundamente, die Vorfertigung der Module und schliesslich die Montage und Endverarbeitung.

Sozial und modular
Dem Material Holz an sich kommt auch eine soziale Komponente zu. Es vermittelt ein positives Bild, mit dem sich die Bewohner identifizieren können. Die Wärme des Holzes soll die Herzen der Migranten erwärmen, die vor ihrer Ankunft im Unterbringungszentrum oft einiges durchgemacht haben. Das Projekt versucht bereits im Vorfeld, den Besonderheiten einer Bevölkerungsgruppe Rechnung zu tragen, die nicht immer dem typischen Familienbild eines heterosexuellen Paares mit nur wenigen Kindern entspricht. Um den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden, bietet das Projekt die Möglichkeit, verschiedene Wohnungstypologien umzusetzen. Dank des modularen Systems kann für jede Wohnung die Zimmeranzahl angepasst werden, indem beispielsweise Brandschutztüren eingesetzt oder die Küchen in Schlafzimmer verwandelt werden. Ziel des Raumprogramms ist es, den Migranten mehr Lebensqualität zu bieten. Jede Wohneinheit verfügt daher über einen eigenen Küchenbereich und einen eigenen Nasszellenblock. Da es sich um ein temporäres Projekt handelt, kommt der Modularität hier eine ganz besondere Rolle zu, da im Falle einer Gebäudeverlegung davon auszugehen ist, dass die Standorte andere Bedingungen aufweisen als der Parc Rigot. Da die Module auf verschiedenste Weise zusammengestellt werden können, sind auch in Zukunft andere Bauvolumen und Nutzungen realisierbar. Neben den Wohnräumen umfassen die Gebäude die für eine gelungene Integration wichtigen Gemeinschaftsräume, wie beispielsweise einen Konferenzraum mit einer Kapazität von bis zu 100 Personen, eine Werkstatt, einen Kinderbereich, eine Ladenfläche sowie eine kleine Sporthalle.


Text: Valentin Oppliger

Erstmals veröffentlicht im Magazin der Schweizer Baudokumentation 2021-1

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