Clay Rotunda

21 von 90

 
3084 Bern,
Schweiz

Veröffentlicht am 29. März 2022
Ant design studio AG + Gramazio Kohler Research Professur für Architektur und Digitale Fabrikation ETH Zürich
Teilnahme am Swiss Arc Award 2022

Clay Rotunda, fabrication setting with robotic arm, SE SEMUSICLAB, Bern 2020-2021(c) Gramazio Kohler Research, ETH Zürich. Photo: Indra Santosa Clay Rotunda, SE MUSICLAB, Bern, 2020-2021 (c) Gramazio Kohler Research, ETH Zürich. Photo: Michael Lyrenmann Clay Rotunda, detail view of the soft bond, 2020-2021(c) Gramazio Kohler Research, ETH Zürich. Photo: Michael Lyrenmann Clay Rotunda, fabrication of the soft-bricks at Brauchli Ziegelei AG, 2020-2021 (c) Gramazio Kohler Research, ETH Zürich. Photo: Coralie Ming Clay Rotunda, human machine collaboration: Edurne and the mobile robot on site, SE MUSICLAB, Bern, 2020-2021 (c) Gramazio Kohler Research, ETH Zürich. Photo: Coralie Ming Clay Rotunda, from pit to pit: the circularity of Rapid Robotic Clay, 2020-2021 © Gramazio Kohler Research, ETH Zürich. Diagram: Coralie Ming

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Gurtenbrauerei 37, 3084 Bern, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
05.2021
Links

Beschreibung

Die Clay Rotunda befindet sich in den Räumlichkeiten des SE MusicLab in der ehemaligen Gurtenbrauerei in Bern, einem ehemaligen Brauereigebäude. Sie formuliert eine Antwort auf die dringende Notwendigkeit, den Materialverbrauch und die damit verbundenen Emissionen im Bauen zu reduzieren.

Ausgangslage

Noch heute lebt etwa die Hälfte der Weltbevölkerung in Gebäuden aus Lehmbaustoffen. Als traditionelle und lokale Baumethode findet die Lehmbauweise als nachhaltige Alternative zum Betonbau immer mehr Beachtung. Methoden wie der Stampflehmbau, bei dem das
Lehmgemisch zwischen Schalungen verdichtet werden muss und trocknet, sind jedoch äusserst arbeitsintensive Prozesse. Ihre wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit hängt von der Verfügbarkeit günstiger Arbeitskräfte ab. Die Clay Rotunda basiert auf einem Material- und Roboterprozess.

Entwurfsidee

Clay Rotunda befindet sich in den Räumlichkeiten des SE MusicLab in der ehemaligen Gurtenbrauerei in Bern, einem Brauereigebäude aus dem späten 20. Jahrhundert. Durch die Erneuerung und Rückgewinnung des industriellen Erbes der Stadt bietet der Ort einen öffentlichen Begegnungsort für Aktivitäten und Veranstaltungen. Am Fusse des Berner Gurten, einem beliebten Naherholungsgebiet, wird das SE MusicLab sowohl der Öffentlichkeit als auch externen Experten und Studenten ein einzigartiges akustisches Erlebnis mit High-Fidelity-Audiotechnik der Firma SE Strauss Elektroakustik bieten. Die Clay Rotunda bietet dafür eine schalldichte Aussenhülle, die den inneren Musiksaal von äusseren Frequenzen entkoppelt.

Projektierung

Clay Rotunda formuliert eine Antwort auf die dringende Notwendigkeit, den Materialverbrauch und die damit verbundenen Emissionen im Bauen zu reduzieren. Anstatt natürliches Material bei extrem hohen Temperaturen zu brennen (Ziegel oder Zement als Hauptmaterial von Beton), was zu hohen Emissionen führt, nutzen wir computergestütztes Design und mobile Roboterfertigung, um permanente Bauten mit ungebrannten «weichen Ziegeln» zu errichten. Wir kombinieren traditionelles Know-how im Umgang mit Lehmbaustoffen mit dem zeitgenössischen Wissen und der Präzision digitaler Technologien. Der daraus resultierende robotergestützte Lehmbauprozess ist ein völlig abfall- und emissionsfreier Bauprozess, dessen einziges Material eine vollständig wiederverwendbare Mischung aus Lehm, Sand, Splitt und Wasser ist. Was der Natur entnommen wird, kann der Natur vollständig zurückgegeben werden. Die Clay Rotunda ist eine permanente, fünf Meter hohe unbewehrte und tragende Wand mit einem Umfang von 35 Metern und das erste gebaute Projekt, welches mithilfe dieses technologischen Bauprozesses umgesetzt wurde.

Realisierung

Die Clay Rotunda kombiniert einen natürlichen Materialprozess mit einem rechnergestützten Designmodell und einem mobilen robotischen Bauprozess. Normalerweise findet der Einsatz eines Industrieroboters in der Fabrik und nicht direkt in der Baustelle statt. Im Gegensatz zu diesem Standardprozess der Vorfertigung wurde die Clay Rotunda mit einem elektrisch betriebenen mobilen Bauroboter umgesetzt. Dieser kombiniert einen sechs-achsigen Roboterarm mit einer mobilen Plattform. Damit wurde die Logistik von grossen Bauelementen vermieden. Ein Team von zwei Personen pro Schicht baute die fünf Meter Clay Rotunda, die aus 31’183 weichen Ziegeln von je 2,1 kg besteht, in lediglich 50 Tagen. Das Team positionierte den mobilen Roboter mittels einer Totalstation, damit der Roboter das digitale Modell exakt in die physische Welt übersetzen konnte. Sie belieferten den Roboter mit Lehmzylindern von 90 mm Durchmesser und 150 mm Höhe und steuerten den automatisierten Bauprozess von einem herkömmlichen Laptop aus. Das Pressen von Lehmzylindern in einem präzisen Winkel und von einer definierten Position aus ist für Industrieroboter eine einfache Aufgabe. So muss das entwickelte Werkzeug für den Roboter lediglich jeden Lehmzylinder mit zwei pneumatischen Metalllanzen halten. Diese ziehen sich kurz vor dem Pressen des Lehmzylinders durch den Roboterarm zurück und gewährleisten damit eine gleichförmige Verdichtung.

Besonderheiten

Der robotergestützte Lehmbauprozess ist ein völlig abfall- und emissionsfreier Bauprozess, dessen einziges Material eine vollständig wiederverwendbare Mischung aus 40 % Ton, 45 % Sand und 15 % Splitt ist. Der Mischung wird 1/16 Wasser zugesetzt, um die Formbarkeit des Materials sicherzustellen und gleichzeitig das Schwinden des Materials minimal zu halten. Wir haben diese Mischung mit regionalem Schweizer Lehm realisiert, um den Transport grosser Mengen von Materialien aus anderen Orten zu vermeiden und so die ökologischen Auswirkungen des Projekts zu minimieren. Lehm ist ein weitverbreiteter und ausreichend vorhandener Baustoff, der in Kombination mit unseren innovativen Roboter-Baumethoden ein vollständig reversibles Fertigungssystem ermöglicht, bei dem das Material wiederverwendet und später an anderer Stelle wieder aufgebaut werden kann, wodurch keinerlei Abfall entsteht. Darüber hinaus ist erdbasierte Architektur nicht nur gut für das Weltklima, weil sie emissionsfrei ist, sie hat auch hervorragende Eigenschaften bei der Regulierung des Innenklimas von Gebäuden, wodurch der Bedarf an mechanischer Belüftung reduziert und Komfort für alle Bewohner geschaffen wird.

192199809