Drei Giebel – Scheune Baumschulen Vogg

35 von 164

 
74632 Neuenstein,
Deutschland

Veröffentlicht am 13. Juli 2024
Weyell Berner Architekten GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

Vorplatz Eingang Haus im Haus Struktur Schmutzfänger Südfassade Zugang Büro Büro Struktur Fügung Struktur Südfassade

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Haller Strasse 15, 74632 Neuenstein, Deutschland
Fertigstellung
05.2024
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
2
Grundstücksfläche
23'706 m²
Geschossfläche
265 m²
Nutzfläche
300 m²
Gebäudekosten (BKP 2)
800'000 CHF
Anzahl Arbeitsplätze
4

Beschreibung

Mit dem Umbau einer Scheune aus den 1940er-Jahren schufen Weyell Berner Architekten neue Geschäftsräume für die Baumschule Vogg in Neuenstein. Das markante Gebäude übernimmt eine neue Funktion, schreibt die Geschichte des Familienunternehmens fort und stärkt die Identität der Gärtnerei. Alle tragenden und nicht-tragenden Bauteile sind nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft sichtbar verbunden, rückbaubar und recyclebar. Durch Reduktion der beheizten Flächen und die bestehende Scheune als thermische Pufferzone wird der Strombedarf für Heizung, Licht und Geräte im Jahresmittel zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie gedeckt. Über die Dachflächen wird Regenwasser in zwei Zisternen gesammelt und zur Bewässerung der umliegenden Kulturen genutzt.

Ausgangslage
Die Scheune befand sich in prominenter Lage am Haupteingang der Gärtnerei. Der ehemalige Lagerraum sollte als Verkaufsraum mit Ausstellungsfläche und für die Verwaltung des Betriebes umgenutzt werden. Ziel war es, einen Ort zu schaffen, der einlädt und neugierig macht auf das Innenleben. Ein Raum, in dem besucht, erkundet, ausgestellt, beraten, geplant, gearbeitet und verkauft wird.

Entwurfsidee
Drei Giebel – oder die Frage, wie die Qualitäten der Scheune, bestehend aus Mauerwerk, lokalem Sandstein, Fachwerk und charakteristischer Holzkonstruktion, herausgearbeitet werden können, ohne die bestehenden Strukturen unnötig stark zu verändern? Ein «Haus im Haus»-Konzept nutzt die bestehende Scheune als Wetterschutz. Der eindrucksvolle Innenraum wurde von früheren Einbauten befreit und präsentiert sich nun als grosses Raumvolumen. Die neuen Nutzungen wurden geschickt in das Fachwerk eingeflochten, sodass die Struktur als Ganzes erhalten bleibt. Zwei bauliche Elemente ergänzen die Scheune: das Büro-Brückenhaus mit Sanitärbereich und Kasse sowie die vorgehängte Giebelfassade mit Vordach. Bestehende Öffnungen im Gebäude wurden reaktiviert, um das Innere in den Alltag der Gartenschau, der Besucher*innen sowie der Mitarbeitenden zu integrieren. Da die Scheune 1940 nach einem Brand auf bestehenden Fundamenten und Mauerresten errichtet wurde, war ihre Form asymmetrisch. Der eingesetzte Baukörper und das Vordach nehmen Analogien zur Dachform der Scheune auf. So entsteht ein Dialog zwischen den drei Giebeln: Scheune, Vordach und Einbau.

Projektierung
Raumfolge – beim Durchschreiten der Scheune überlagern sich enge und weite Räume sowie lichtdurchflutete und schattige Bereiche, wodurch jeweils unterschiedliche Raumqualitäten entstehen. An der Südfassade zum Haupteingang wurden Felder im Fachwerk geöffnet, um Tageslicht ins Innere zu lassen. Der Lichteinfall verstärkt die Raumwahrnehmung, da das gesamte Dachgeschoss belichtet wird. Bei Einbruch der Dunkelheit tritt die innere Struktur nach aussen und wird zum markanten Leuchtkörper für Passant*innen. Auf zusätzliche Öffnungen in der charakteristischen Dachfläche wurde verzichtet.

Realisierung
Weiterbauen – die vorhandenen Materialien Sandstein, Mauerwerk und sichtbares Holzfachwerk prägen weiterhin den Innen- und Aussenraum. Neue raumbildende und statisch notwendige Bauteile sind wie der Bestand in Holzbauweise ausgeführt. Vertikale und horizontale Fachwerkträger nehmen die Lasten der auskragenden Fassade im Inneren auf und ergänzen die bestehende Struktur. Die Böden aus Naturstein und Fliesen nehmen mit abstrakten Pixelmotiven Bezug auf die Geschichte der Baumschule.
Die Reduktion der beheizten Räume auf ein Minimum stellt eine energieeffiziente und ressourcenschonende Lösung dar, die den Bestand wahrt und gezielt auf die Bedürfnisse der Bauherrschaft eingeht. Das charaktervolle Weiterbauen bestehender Strukturen gelingt nur im Dialog aller Planenden. Gestalterische Zielsetzungen basieren auf gemeinsam entwickelten konstruktiven und energetischen Lösungen, um ein harmonisches Ganzes zu gewährleisten.
Büro-, Kassen-, Besprechungs- und Sanitärräume werden über eine Luftwärmepumpe mit Fussbodenheizung beheizt. Eine Fotovoltaikanlage mit Batteriespeicher liefert die notwendige Energie, Überschüsse werden direkt ins Netz eingespeist. In den Sommermonaten deckt die Scheune den Energiebedarf des gesamten Betriebes.

Das Projekt von Weyell Berner Architekten wurde für den Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Elisa Schreiner publiziert.

192202636