Haus der Freunde
,
Belgien
Veröffentlicht am 09. April 2024
STUDIO BISIG + Arian Schelstraete architect
Teilnahme am Swiss Arc Award 2024
Projektdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Die alteingesessene Eigentümerfamilie wollte aus dem baufälligen Bauernhaus in Flandern einen neuen Lebensraum schaffen. Ausgehend von einem grossen Esstisch für Freunde wurde der gesamte Umbau mit einem neuen Anbau von Studio Bisig Rocchelli in Zusammenarbeit mit dem ortsansässigen Architekten Arian Schelstraete entwickelt. Das Hauptziel des Projekts war es, einen wohnlichen Ort mit vielfältigen Räumen zu schaffen und so viele lokale und natürliche Materialien wie möglich zu verwenden.
Ausgangslage
Der alte Bauernhof liegt inmitten weiter, flacher Felder in Flandern. Es handelt sich um einen typischen Bauernhof mit Wohnhaus, Stall und Geräteschuppen, der von einer Umfassungsmauer umgeben ist. Der Innenhof war schon immer der Übergang vom Öffentlichen zum Privaten, der den grossen Raum auf ein menschliches Mass reduziert. Ein erstes kleineres Haus wurde vor etwa 150 Jahren gebaut, dessen Umrisse sich in der Südfassade abzeichnen. Die alten Backsteinmauern standen jedoch direkt auf dem Lehmboden und waren in schlechtem Zustand.
Entwurfsidee
Das bestehende Volumen und 60 Prozent der Fassaden mussten gemäss dem belgischen Baugesetz erhalten bleiben. Dies gab die Richtung für den gesamten Entwurf vor. Der langgestreckte Hauptbaukörper wurde auf seine ursprünglichen Proportionen zurückgeführt. Ein neuer Anbau, der sich mit dem bestehenden Volumen überschneidet, beherbergt die Privaträume. Ein neuer Durchgang ermöglicht die Verbindung von Westen in den Hof und dient in diesem sehr feuchten Klima als vielseitig nutzbarer, überdachter Raum sowie als Übergang von innen nach aussen. Die bestehenden alten Ziegelmauern, die fragil auf dem Lehmboden stehen, wurden durch eine neue Holzkonstruktion ergänzt. Diese nimmt die Lasten des Daches ähnlich einer Pfahlkonstruktion auf. Die horizontalen Kräfte der schlanken, langen Massivholzstützen werden vom neuen, massiv gebauten Anbau aufgenommen. Diese starke strukturelle Wechselwirkung wird auch räumlich spürbar: Geborgene, intime, hohe Räume stehen offenen, fliessenden gegenüber. Der zweigeschossige Speisesaal mit Kamin ist als Abschluss zur Südseite der öffentlichste Raum – für lange Tage und Abende mit Freunden.
Projektierung
Das bestehende Ziegelmauerwerk wurde im Inneren zur Stabilisierung durch eine neue Holzständerkonstruktion ergänzt. Eine mittlere Stützenreihe im Abstand von 3,7 Metern nimmt die vertikalen Hauptlasten des Daches auf und bildet jeweils eine Zonierung im Grundriss. Mit grossen Holzbindern verbunden, lastet auf ihnen auch die sekundäre Balkenkonstruktion der Geschossdecken. Die Aussteifung der Konstruktion erfolgt im Wesentlichen durch den angebauten Turm, der ein zweischaliges Mauerwerk aufweist. Das Fundament musste mit einer 12 Zentimeter dicken Betonbodenplatte stabilisiert werden, die verzahnt in das alte Ziegelmauerwerk eingreift. Im Bereich von Küche, Essbereich, Wintergarten und Gästezimmer unterstreicht ein Bodenbelag aus belgischem Blaustein die Nutzung des Erdgeschosses. Im Wohnbereich und im Obergeschoss sorgt ein Holzboden aus nordfranzösischer Edelkastanie für eine wärmere Atmosphäre.
Das Projekt von Studio Bisig Rocchelli in Zusammenarbeit mit Architekt Arian Schelstraete wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2024 eingereicht und von Elisa Schreiner publiziert.