
Sanierung Dorfstrasse
,
Schweiz
Veröffentlicht am 17. August 2021
Patric Kaufmann Architektur
Teilnahme am Swiss Arc Award 2022
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Das zweihundertdreissigjährige Wohnhaus in der Kernzone von Richterswil wurde in einer Holzfachwerkbauweise errichtet. Das Gebäude wurde im Innern von Grund auf erneuert. Die auf Abbrand dimensionierte Holzständerkonstruktion wurde geschossweise in das bestehende Gebäude eingebracht.
Ausgangslage
Die klar gegliederte Fassade ist bis heute im originalen, vollflächig aufgebrachten Kalkputz erhalten. An den Gebäudeecken wurden Ecksteine ausgebildet. Es ist anzunehmen, dass die Mittel der damaligen Bauträgerschaft keine massive Bauweise zuliessen. Damit sich die Fassade in die Abfolge der stattlicheren Gebäude entlang der Dorfstrasse einreihen konnte, wurde der darunterliegende Fachwerkbau verborgen gehalten. In den 1950er-Jahren wurde das Erdgeschoss in ein Ladenlokal umgenutzt. Die Wiederherstellung der historischen Fassade war zentral, ohne den Eingriff der 1950er-Jahre zu negieren.
Entwurfsidee
Im Innern konnte die Struktur des Bestands nicht erhalten werden. Zu stark wurde in der Vergangenheit empfindlich in die Statik eingegriffen. Die neu auf Abbrand dimensionierte Holzständerkonstruktion ist sowohl auf die Geometrie der Struktur aus 1791 sowie auf die Eingriffe in den 1950er-Jahre abgestimmt. Dieses neue Tragwerk wurde geschossweise von unten nach oben in das bestehende Gebäude eingebracht. Die Geschosshöhe von 2.35 Meter wurde beibehalten, jede der drei Wohnungen hat jedoch eine räumliche Überhöhe erhalten. In der Dreizimmerwohnung im ersten Obergeschoss wurde ein überhohes Zimmer gegen Norden errichtet. Die beiden darüberliegenden Drei- und Vierzimmerwohnungen sind jeweils über zwei Stockwerke organisiert. Die beiden Niveaus sind über eine Galerie verbunden. Durch diese Anordnung entsteht volumetrische Grosszügigkeit, ohne die rare Geschossfläche stark zu beschneiden. Die Hauptfassade zeichnet sich im Innern durch den Fensterrhythmus, die Tragstruktur und die Täferung nach. Diese Gliederung träg die historische Erscheinung ins Innere und geht mit der restlichen, zurückhaltenden Detaillierung eine dialektische Verbindung ein.
Projektierung
Die auf Abbrand dimensionierte innere Holzständerkonstruktion mit Zwillingsträger wurde in enger Zusammenarbeit mit den Holzbauingenieuren von Timbatec entwickelt. Die Spannweiten mussten effizient gehalten werden, damit die Geschosshöhe möglichst wenig durch Konstruktionsstärken geschmälert wird und die Einbringlängen der Träger und Stützen in Handarbeit möglich bleiben. Die enge Dorfkernbebauung liess keine grosszügige Baustelleninstallation zu. Die Fassade ist ortsbildgeschützt, der originale Kalkputz wurde gereinigt und mit einer hellen, natürlichen Kalkfarbe gestrichen. Die neuen Deckmalschutz-Trennfenster, die hölzernen Fenstereinfassung und die flächigen Fensterläden wurden originalgetreu erstellt. Im Dachgeschoss bringen drei neue, schmale und zurückhaltende Lukarnen Licht. Die Konstruktion aus Stützen und Zwillingsträger in Holz ist deckend, weiss gestrichen. Sie trägt die schwach pigmentierte, lasierte Brettstapeldecke. Türen, Täfer und Deckleisten sind deckend, in einem hellen Grauton gehalten. Der Linoleumboden bringt dezent Farbe in die Räume. Gefasst wird dieser durch geölte Buchensockelleisten. Das Buchenholz findet in den Trittstufen seine Fortsetzung. Das Farb- und Materialkonzept im Inneren ist bewusst zurückhaltend und Naturholz wird nur an ausgewählten stellen gezeigt, schliesslich soll sich der stattliche Ausdruck des Gebäudes im Innern fortsetzten.