Individuelle Holzbauprojekte

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7000 Chur,
Schweiz

Veröffentlicht am 08. Juli 2024
Fachhochschule Graubünden
Teilnahme am Swiss Arc Award 2024

Schulhaus Maloja, Orlando Beer Schulhaus Maloja, Orlando Beer Schulhaus Maloja, Orlando Beer Schulhaus Maloja, Orlando Beer SAC-Hütte, Joshua Eggenberger Strandbad Davos, Felix Flaig Adventurepark Davos, Gian Sutter Bürohochhaus Thusis, Lars Hug Kino im Stall, Lukas Sgier Wohn- und Geschäftshaus Zürich, Marlon Theiler Peak Prism Museum, David Vetsch Peak Prism Museum, David Vetsch Adventurepark Davos, Gian Sutter Strandbad Davos, Felix Flaig Wohn- und Geschäftshaus Zürich, Marlon Theiler

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Pulvermühlestrasse 57, 7000 Chur, Schweiz
Projekttyp
Entwurfsstudio/Forschungsgruppe
Fertigstellung
06.2024

Beschreibung

Die Studierenden des Bachelorstudiengangs Architektur der Fachhochschule Graubünden im 4. Semester 2024 haben unter der Leitung der Dozenten Robert Mair, Norbert Mathis individuelle Holzbauprojekte nach persönlichem Interesse, mit hoher Eigenverantwortung und professioneller Betreuung durch Fachdozent*innenteams aus Industrie und Forschung geplant.

Zusammensetzung Team

Im Bereich Architektur Entwurf wurde das Projekt von den Dozenten Robert Mair und Norbert Mathis geleitet. Unterstützt von den Fachdozent*innen Peter Makiol, Reto Kofmehl (Holzbau Konstruktion, Brandschutz und Schallschutz), Andrea Maggiulli (HKLS-Planung) und Andreas Krieg (E-Technik). Zu den beteiligten Studierenden gehörten: Chiara Auer, Samuel Baumann, Orlando Beer, Lukas Desas, Josha Eggenberger, Fernandes Mendes, Sandro Miguel, Felix Flaig, Ingrid Haas, Lars Hug, Fabienne Kessler, Dario Künzler, Lukas Sgier, Gian Sutter, Marlon Theiler, Claudio Tönz, David Vetsch, Silvan Aranda und Rino Giovanoli

Aufgabenstellung

Die Entwurfsaufgabe ist modular aufgebaut. Jede Studierende wählt aus 30 Optionen nach intrinsischer Motivation. Bauplatzwahl und Definition des Raumprogramms sind Teil der Aufgabenstellung. Die Auswahl im 4. Semester gewählt wurde, ist mit Namen versehen.
1 Wohnen Verdichtete Siedlung
2 Mehrfamilienwohnhäuser
3 Wohnhochhaus
4 Aufstockung
5 Sonderwohnen Neue Wohnform – Dario Künzler
6 Alten / Studenten / Schülerwohnen
7 Migration / Katastrophenschutz
8 Hotel / Hostel – Gian Sutter
9 SAC Hütte – Lukas Sgier, Joshua Eggenberger
10 Kulturbauten Museum – David Vetsch
11 Kino
12 Kongresszentrum
13 Kulturzentrum – Ingrid Haas
14 Büro/Verwaltung Verwaltungsbau Kanton
15 Verwaltungsbau Unternehmen
16 Bürohochhaus – Lars Hug
17 Sport Wellness Bad – Lukas Desas
18 Sporthallen – Silvan Aranda
19 Kletter- / Boulderhalle – Fabienne Kessler
20 Seil- & Bikepark Davos – Gian, Sandro
21 Bildung Kindertagesstätte – Jana
22 Schulbau (Stufen nach Wahl) – Orlando Beer
23 Gastronomie Strandbad Davos - Felix, Samuel
24 Infrastrukturbau Bahnhof + Dienstleistungen/Büro
25 Handel/Gewerbe Supermarkt + Wohnen – Marlon Theiler
26 Autohaus / Fachmarkt T (M)
27 Gewerbe + Wohnen – Noel
28 Industrie Produktionshalle + Büroteil
29 Zimmerei / Sägerei – Claudio Tönz
30 Landwirtschaft Stallbau mit Wohnbereich – Chiara Auer

Vorgehen

In der Blockwoche haben die Studierenden am ersten Tag die Gelegenheit, Juryerfahrung zu sammeln. Sie analysieren und bewerten in zwei Stufen 200 Eingaben und 30 Finalisten von constructivealps.net unter der Anleitung des Jurymitglieds und Dozenten Robert Mair. Die Studierenden bekommen dadurch Einblicke in die Komplexität des nachhaltigen Bauens anhand von Best-Practice-Projekten aus dem Alpenraum, die nach Nachhaltigkeitskriterien beurteilt werden. Am zweiten Tag steht eine Projektbegehung von Bonaduz bis Vrin auf dem Programm, inklusive eines Besuchs im Büro des Architekten Gion Caminada. Vom dritten bis zum fünften Tag findet eine Exkursion in den Kanton Bern statt. Hier erwartet die Studierenden ein praktischer Einsatz in einem Holzbaubetrieb, begleitet von Fachkräften des Holzbaus. Zudem erfolgen Baustellenbegehungen mit dem Holzbauingenieur Reto Kofmehl von Makiol + Widerkehr Ingenieuren.

Das Semester wird in 3 Phasen unterteilt.
Phase 1: Kurzübung: In dieser Phase liegt der Lerninhalt auf dem strategischen Entwickeln von Strukturen, dem Analysieren von gebauten Beispielen sowie dem kreativen Fügen von Prinzipien und Materialien.
Phase 2: Entwurfsarbeit: Diese Phase wird phasenversetzt durch die Ingenieure konstruktiv begleitet.
Phase 3: Die Entwurfsaufgabe ist modular aufgebaut und wird jeden Donnerstag ganztägig im Atelier betreut. Vorträge, Analysen und Recherchen zu Holzbausystemen und Architekturen initiieren einen vertieften Diskurs zwischen Studierenden und Dozierenden. Fachinputs am Morgen werden durch individuelle Tischbesprechungen aller Projekte mit Architekturdozenten und Holzbauingenieuren sowie durch zwei Fachplanerworkshops nach der Zwischenkritik ergänzt. Gastreferenten aus erfolgreichen Büros geben Einblicke entweder direkt im Atelier oder im Anschluss ans Studio.

Übergeordnete Fragestellung

Im Zentrum der Betrachtungen stehen globale Grenzen und nachhaltiges Bauen, insbesondere im Hinblick auf CO₂-Reduktion und den Einfluss der grauen Energie. Zirkuläres Bauen und Rückbaubarkeit sind ebenso entscheidend wie Nachverdichtung und Aufstockung zur effizienteren Raumnutzung. Weitere Schwerpunkte sind die Förderung der Biodiversität, soziale Nachhaltigkeit, Schönheit und regionale Wertschöpfung. Low-Tech-Gebäude und Holz-Lehm-Hybridbau, kombiniert mit Solararchitektur und sommerlichem Wärmeschutz, Prinzipien der Nutzungsneutralität und des vernakulären Bauens sind ebenfalls von Bedeutung. Im Bereich Holzbau werden sowohl grundlegende Techniken wie das Bauen mit Schnittholz und Laubholz als auch spezialisierte Themen wie konstruktiver Holzschutz und innovative Brandschutzlösungen behandelt.

Ergebnisse/Fazit

Die Ergebnisse beinhalten umfassende Pläne, Visualisierungen, Modelle sowie detaillierte Konstruktionszeichnungen und Mock-ups. Nach der Fertigstellung erfolgt eine Präsentation und Verteidigung der Projekte. Umsetzung: Nach den wöchentlichen Entwurfsstudios erstellen die Dozent*innen eine Kurznotiz, stichwortartig und mit Aufnahmen der Notizen werden die erwähnten Themen festgehalten. Inputs der Dozierenden von ihren Reise- oder Bauerfahrungen zum Thema Holzbau ergänzen den Unterricht, sei es bei einem Neubau oder der Sanierung eines historischen Gebäudes wie ein 400-jähriges Strickhaus. Traditionell endet der Kurs mit dem praktischen Einsatz von Materialien. Es ist uns ein Anliegen, die Studierenden auf der Materialebene zu sensibilisieren und zu fördern. Die Diskussionen werden bewusst sehr offen gehalten, im Idealfall entstehen weite lebensumspannende Themenfelder. Inspiration beginnt irgendwo: nicht zwingend nur im Klassenzimmer. Am Ende des Tages der Schlusskritiken haben alle Teilnehmenden 18 verschiedene Projekte von der Zielsetzung städtebaulichen Setzung, architektonischen Durchformung bis zur technischen Ausarbeitung der Konstruktion mitverfolgt. Sie haben davon gelernt, was der Holzbau heute und in Zukunft zu leisten vermag. Durch die Begleitung von Fachingenieur*innen kommt es zu sehr spezifischen Antworten: Brandschutzlösungen im Holzhochhaus, Schnittstelle von Supermarkt Flachdach zu mehrgeschossigem Holzbau als Aufstockung, Trennwandanschluss zu Primär- / Sekundärtragwerk in Dreifachturnhalle und Leitungsführung im Sichtbereich, Verformungsproblematik grossformatiger Skyframe-Schiebefenster in Davoser Strandbad aufgeständert im See – um nur einige Erkenntnisse zu skizzieren. Erkenntnisse: Es lohnt sich, ein Studio breit aufzustellen. Schlusskritiken sind lehrreicher für Studierende, wenn auch fordernder für Dozierende, wenn jedes Projekt eine eigene Bauaufgabe mit eigenen Vertiefungen und Fragestellungen verfolgt. Die Lernerfahrung ist komplexer als bei einer Aufgabenstellung für alle. Die Eigenverantwortung der Studierenden wird gefördert. Die wirkliche Erkenntnis: «Motivation is Key» – soll heissen, dass ein Team aus Dozierenden, die für den Holzbau brennen und selbst umfassende Erfahrungen im handwerklichen Umgang mit dem Material und seiner Bearbeitung haben, Studierende in ihrer eigenen Begeisterung für das sinnliche Konstruieren mit Holz anfachen können. Dass dies tatsächlich funktioniert, konnten wir als Team im Frühjahrssemester 2024 erneut mit Freude erleben. Auch bewährt hat sich der Mix aus Lebensalter im Dozententeam: 30, 40, 50 und 60 Jahre.
Im Foto: Architekten im Vordergrund, Ingenieure im Hintergrund – Studierende mit Take-away-Pizza – spontan aufgenommen nach der Schlusskritik abseits der Fachhochschule Graubünden. «Last Not Least» zu den Student*innen: Höchstleistungen resultieren aus Freude am eigenen Projekt und wenn das Vertrauen entsteht, dass eigenständige Schritte wertgeschätzt werden. Wir danken den Studierenden für ihr Engagement und den gemeinsamen Erkenntnisgewinn, der erneut motiviert!

Das Projekt wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2024 in der Kategorie Next Generation eingereicht und von Nina Farhumand redigiert und publiziert.

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