Langensand

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6005 Luzern,
Schweiz

Veröffentlicht am 22. März 2024
Galliker und Riva Architekten AG Dipl. Architekten
Teilnahme am Swiss Arc Award 2024

Ansicht der neuen Raumschicht mit verglasten Balkonen und Fahrstühlen Ostfassade mit Hauseingang im Sockelgeschoss Südfassade Verglaste Balkone erweitern die Wohnräume Kletterhilfen für Pflanzen und Aufzüge wechseln sich zwischen den Balkonen ab Balkon mit Blick auf Erker Schwelle zwischen dem Wohnraum und der neuen Raumschicht Schwelle zwischen dem Wohnraum und der neuen Raumschicht Schlafzimmer mit Blick in Erker Badezimmer Ausblick Attika Erschliessungsgang im Sockelgeschoss Stichgang zum Fahrstuhl Stichgang zum Erschliessungsgang Vor dem Umbau

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Langensandstrasse 91-95, 6005 Luzern, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
11.2023
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Anzahl Wohnungen
21
Grundstücksfläche
2165 m²
Geschossfläche
2532 m²
Nutzfläche
1567 m²
Gebäudevolumen
7035 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
8,6 Mio. CHF

Beschreibung

Die Sanierung des Gebäudeblocks Langensand verfolgt das Ziel bezahlbaren Wohnraum zu erhalten und zu erweitern sowie den Wohnblock als integralen Bestandteil des Ensembles Matthof-Langensand und dessen Ressourcen in einen neuen Lebenszyklus zu überführen. Die Überbauungsziffer war bereits voll ausgeschöpft, sodass kein anrechenbares Volumen für eine zusätzliche Raumschicht zur Verfügung stand. Das Baugesetz erlaubte lediglich einen Flächenzuschlag von zehn Prozent, zudem liessen die engen Treppenhäuser den Einbau der für einen barrierefreien Zugang erforderlichen Aufzüge nicht zu. Der baurechtliche Durchbruch gelang Galliker und Riva Architekten durch die Kombination des Wintergartenbonus mit den Aufzugsanlagen. Da diese bei Sanierungen nicht auf die Überbauungsziffer angerechnet werden, konnte eine neue Raumschicht geschaffen werden, in der die Erschliessungsfläche der Aufzüge mit der Wintergartenfläche zu einem grosszügigen Aussenraum für jede Wohnung verschmilzt.

Ausgangslage

Die Überbauung Matthof-Langensand stellt eine bedeutende Stadterweiterung der Nachkriegszeit in Luzern dar. Ursprünglich 1959 als zusammenhängende Überbauung erstellt, wurde das Matthofquartier im Laufe der Zeit von verschiedenen Eigentümern umgestaltet, was zu einem heterogenen Erscheinungsbild führte.

Entwurfsidee

Die Typologie des Wohnblocks in einer grosszügigen Parkanlage folgt einem modernistischen Verständnis von Städtebau und bietet viel Licht und Grünflächen. Durch das zurückgesetzte Sockelgeschoss erhebt sich der schwebende Wohnblock stirnseitig zu einem Dach für den gemeinschaftlichen Aussenraum und vermittelt den Eindruck eines fliegenden Baukörpers im Grünen. Die spezifischen Qualitäten des Objekts und seine Charakteristika bildeten die Grundlage für den Umbau des Gebäudes.
Die vorhandene Raumaufteilung der Wohnungen war gut durchdacht. Dagegen waren die Grössenverhältnisse, insbesondere der Wohn- und Aussenräume, nicht mehr zeitgemäss. Zudem waren die Treppenhäuser zu eng, um Aufzüge einzubauen.
So entstand die Idee, den Bestand in seiner Grundsubstanz weitgehend zu erhalten und mit Wintergärten und Aufzügen in einer neuen Gebäudeschicht zu ergänzen. Die neue Raumschicht vergrössert die kleinteiligen Wohnungen und dient als Hybridstruktur mit neuen barrierefreien Erschliessungen. Die neue thermische Pufferzone aus verglasten Balkonen schafft so neue Zugänge und wird zu einem multifunktionalen Ort des Ankommens und Verweilens.

Projektierung

Mit der Fassadensanierung erhielt der Wohnblock ein neues Kleid aus Wellblech. Die sanfte Spiegelung greift eine «Sehnsucht nach Modernität» auf, in der sich kristalline Formen zwischen Bäumen auf weiten Grünflächen erheben und ihre Umgebung reflektieren. Die wellenförmige Bewegung des Wellblechs setzt sich in den Vorhängen der neuen Gebäudeschicht fort. Die horizontale Gliederung der Ostfassade nimmt die Fassadenbänder des ursprünglichen Entwurfs wieder auf.
Der Einbau von Betonstürzen in der Westfassade ermöglicht grossflächige Öffnungen der Wohnräume zu den Balkonen und schafft so einen weitläufigen Bezug zum Aussenraum. Das bestehende Attikageschoss wurde rückgebaut und durch eine neue Aufstockung aus vorgefertigten Holzelementen ersetzt. Durch die durchgehende Erschliessung im Sockelgeschoss wird die Länge des Gebäudes im Inneren erlebbar. Dieser ursprüngliche Charakter der Erschliessungszone konnte erhalten werden, da er durch die äusseren Massnahmen nicht tangiert wurde.

Realisierung

Obwohl zunächst eine weitgehende Erhaltung des Bestandes angestrebt wurde, führte die Erfüllung gesetzlicher Auflagen wie Rollstuhlgerechtigkeit, Erdbebensicherheit und Schadstoffsanierung zu einer erheblichen Eingriffstiefe. Mit Ausnahme des Treppenhauses wurde der Bestand bis auf den Rohbau zurückgebaut. Es erfolgte eine Erdbebenertüchtigung der Tragstruktur sowie eine umfangreiche Schadstoffsanierung. Neben Asbest wurde auch eine mit Naphthalin durchsetzte Kornschüttung unter dem Estrich festgestellt, was zu einer anspruchsvollen Sanierung führte. Naphthalin gilt als gesundheitsschädlicher Feststoff, der sich bei Raumtemperatur verflüchtigt und vor allem in der Zentralschweiz und im Kanton Bern verwendet wurde. Es tritt gasförmig aus und kontaminiert alle angrenzenden Bauteile. Einerseits mussten der Unterlagsboden und die Schüttung entfernt, andererseits die Oberseiten der Geschossdecken sowie die Aufbordungen bei den Wandanschlüssen vollflächig mit einer luftdichten, aluminiumkaschierten Folie abgeklebt werden. Der neue Estrich wurde mit einer Fussbodenheizung ausgestattet, die Haustechnik komplett erneuert.

Das Projekt von Galliker und Riva Architekten wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2024 eingereicht und von Elisa Schreiner publiziert.

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