Pavillon Kleines Ufer

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1245 Collonge-Bellerive,
Schweiz

Veröffentlicht am 07. April 2025
Atelier Bonnet architectes Sàrl
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

Projektdaten

Basisdaten

Projektkategorie
Fertigstellung
07.2023

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
1
Anzahl Kellergeschosse
1
Grundstücksfläche
3900 m²
Geschossfläche
258 m²
Gebäudevolumen
1615 m³

Beschreibung

Ausgehend von der Beobachtung traditioneller japanischer Teehaus-Typologien entstand ein Grundriss, in dem konstruktives, möbelartiges und ergänzendes Holz mit Wänden aus Stampflehm zusammenwirkt. Die Gestaltung würdigt das handwerkliche Können in allen Massstäben – von der häuslichen Atmosphäre bis zur landschaftlichen Einbettung.

Durch die Ableitung räumlicher Rasterkonfigurationen kristallisierte sich der Plan zu einer zentrifugalen Komposition um einen dezentralen Punkt, der zugleich als klimatischer Regulator fungiert. Der Entwurf sucht die scheinbare Gegensätzlichkeit zwischen fliessendem Raum und klar gegliederten Zimmern aufzulösen: Intime Rückzugsräume sind dem Zentrum – gebildet durch drei quadratische, aneinandergereihte Wohnräume – als Erweiterungen angelagert. Im Spiel der gegeneinander versetzten Räume in Grundriss und Schnitt entfaltet sich das Wohnen in einer fliessenden, naturnahen Beziehung – gespannt zwischen zwei elementaren Materialien: Erde und Massivholz. Wie ein schützender Hut liegt das grossvolumige Dach über dem Ensemble, durchbrochen von Kuppeln, die die Wohnräume gliedern. Es ruht auf schlanken, freistehenden oder in Lehmziegelwände eingelassenen Eichenholzstützen. Wie die Fransen eines Teppichs formen die beiden schrägen Enden des mit hinterlüfteten Holzlatten verkleideten Vordachs Schattenlinien, die Himmel und Boden verbinden und das Regenwasser sanft in den Garten leiten – eine intensivierte Beziehung zu den natürlichen Elementen.

Haptik und Handwerk
Die vertiefte Auseinandersetzung mit dem Detail ermöglichte eine umfassende Zusammenarbeit mit lokalen Handwerksbetrieben auf allen Massstabsebenen des Projekts – von der Dachkonstruktion bis zur Türgriffgestaltung – und reflektiert die Präsenz von Holz im Alltag. In enger Abstimmung zwischen Bauingenieur und ausführenden Unternehmen entstand ein anspruchsvolles Tragwerk aus massivem, leimfreiem Holz, verbunden mit Eichenholzstützen sowie vorgefertigte Holz-Beton-Verbunddecken über dem Untergeschoss. Fenster und Innenausbauten aus geölter massiver Eiche bilden ein eigens entwickeltes Ensemble von Detaillösungen: etwa die Gestaltung fein gelochter Fensterläden, die Integration von Eichenholzgehäusen für Lichtschalter in die Lehmziegelwände oder der zentrale Wohnbereich mit herausnehmbaren Glaspaneelen, die das Licht bis ins Untergeschoss leiten. In enger Zusammenarbeit zwischen einer Genfer Drechslerin und dem Schreiner entstand zudem ein neu entwickelter Türgriff aus gedrechselter Eiche – ergänzt durch eigens gefertigte Knöpfe und Riegel –, der die haptische Qualität des Alltags deutlich steigert. Das Ergebnis ist ein komplexes, handwerklich geprägtes Bauwerk, in dem die Vielzahl an Detaillösungen an der Schnittstelle von gestalterischem Anspruch und spezifischem Know-how im Umgang mit Massivholz angesiedelt ist – getragen von einer sensiblen und ästhetisch durchdachten Haltung.

Das Projekt von Atelier Bonnet architectes wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Nina Farhumand publiziert.

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