Polizeigebäude Obermühlestrasse
,
Schweiz
Veröffentlicht am 27. März 2023
Oliv Brunner Volk Architekten GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2023
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Neubau des Hauptgebäudes für die Stadtpolizei Winterthur mit 250 Arbeitsplätzen, mit zentralem Empfang und öffentlicher Schalterhalle für alle polizeilichen Anliegen, Cafeteria, Einsatzzentrale, Tiefgarage für Einsatzfahrzeuge, Hundezwinger und separatem Haftbereich.
Ausgangslage
Offener, zweistufiger Projektwettbewerb, 1. Rang: Die verschiedenen Abteilungen der Stadtpolizei Winterthur waren vorher auf sieben Standorte in der Altstadt verteilt, die teilweise veraltet und für den Polizeibetrieb nicht mehr geeignet waren. Der Neubau befindet sich auf dem Areal des Tiefbauamtes neben der Berufsfeuerwehr am Teuchelweiherplatz südlich der Altstadt. Die Umgebung ist geprägt durch die flachen, ausladenden Gewerbebauten des Werkhofs, der Feuerwehr und der Mechatronik Schule Winterthur (MSW) und gleichzeitig Teil des Grüngürtels, der die Altstadt umgibt.
Entwurfsidee
Das Polizeigebäude setzt sich aus einem sechsgeschossigen Kopfbau und einem dreigeschossigen Flachbau zusammen. Es fügt sich in die schollenartige Umgebung mit seinen ausladenden Gewerbebauten ein und setzt gleichzeitig einen kraftvollen städtischen Ankerpunkt am grossräumigen Teuchelweiherplatz und innerhalb des vorstädtischen Grüngürtels um die Winterthurer Altstadt.
Der Kopfbau ist von Weitem sichtbar und erzeugt für das Quartier und die Stadt eine bedeutsame und unverkennbare Identität als öffentliches repräsentatives Gebäude. Der Flachbau entlang des malerischen Stadtfallenweges bezieht sich in seiner Höhe sowohl auf die denkmalgeschützten Bauten bei der Villa Flora als auch auf die benachbarten Gewerbebauten innerhalb der Gewerbescholle.
Der Haupteingang für die Öffentlichkeit befindet sich entlang der Obermühlestrasse gegenüber dem Teuchelweiherplatz unterhalb der Gebäudeauskragung. Der Hintereingang für die Mitarbeitenden der Polizei befindet sich im Knick auf der Hofseite. Die Fassadenstruktur aus Stützen und Gurtgesimsen bildet die innere Tragstruktur nach aussen ab. Jeweils zwei Geschosse sind farblich zusammengefasst, wobei die dunkle Farbe der unteren beiden Geschosse das Gebäude erdet und den Bezug zu den den benachbarten Gebäuden herstellt, während die helle Farbe in den obersten Geschossen den Kopfbau betont und leichter erscheinen lässt.
Projektierung
Die winkelförmige Gebäudeanordnung erzeugt zusammen mit den umliegenden Bauten einen weiträumigen Hof, der den gleichzeitigen Betriebsverkehr von Polizei, Feuerwehr und Werkhof gewährleistet. Die Tiefgarage legt sich unter die gesamte Fläche des Hofes. Das Hofgebäude überdacht die Hundezwinger, konfiszierte Autos und die Motorradabstellplätze.
Nach Betreten des Hauses empfängt den Besucher eine helle, dreigeschossige Eingangshalle, wo sich auf Eingangsniveau alle öffentlichen Schalter, der Wartebereich für die Kunden und die Befragungszimmer befinden. Die Cafeteria befindet sich zusammen mit dem Rapportsaal im 1. Obergeschoss mit Zugang zur hofseitigen Terrasse. In den oberen Geschossen des Kopfbaus sind die Büroeinheiten der Abteilungen «Bewilligungen & Recht», «Betriebe» und «Zentrale Dienste» angeordnet. Das oberste Geschoss bietet Platz und die notwendige Raumhöhe für den gesicherten Bereich der Einsatzzentrale, welche mit ihrem 24-stündigen Betrieb zur Stadt hin Präsenz markiert.
Der Kopf- und Flachbau sind durch zwei Treppenhäuser erschlossen, die die einzelnen Abteilungen miteinander verbinden, mit steigender Geschosszahl den Zutritt regeln und die nötige Sicherheit gewährleisten. Im Flachbau befinden sich der Haftbereich und weitere Räume der grösseren Abteilungen «Sicherheit & Verkehr» und «Ermittlungen & Prävention« in Grossraumbüros. Die Abteilungen sind nach zeitlicher Priorität des Ausrückens und der Funktion im Gebäude angeordnet.
Realisierung
Die Gebäudehülle aus hinterlüfteten Betonelementen, Fenstern aus Aluminium und Brüstungsverkleidungen aus profiliertem Aluminiumblech ist hochgedämmt. Die Tragstruktur ist ein Betonskelett. Die Konstruktion ermöglicht eine flexible Raumunterteilung mit nichttragenden Wänden entlang der Fassade. Das regelmässige Fassadenraster gliedert das unregelmässige Gebäudevolumen und hält es zusammen. Die Betonelemente an der Fassade weisen drei verschiedene Oberflächen und drei verschiedene Farbtöne auf: Im Erd- und 1. Obegeschoss rau, mikrogewaschen und dunkel eingefärbt, im 2. uns 3. Stock sandgestrahlt und naturfarbener Beton, im 4. und 5. Stock schalungsglatt und hell eingefärbt. Die Farbtöne fassen je zwei Geschosse zusammen und gliedern das Gebäude zusätzlich.
Der dunkle, raue Sockel verleiht dem Baukörper Bodenhaftung und Robustheit, nach oben wird das Gebäude heller, leichter und weitum sichtbar. Je nach Wetter und Licht fliessen die drei Farbtöne ineinander und es entsteht ein subtiler Farbverlauf.
Die technischen Installationen sind vom Rohbau getrennt, sichtbar geführt und bleiben jederzeit zugänglich, ein späterer Umbau ist gewährleistet. Der Verzicht auf abgehängte Decken betont den reduzierten und kostenbewussten Innenausbau. Passend zum rohen Charakter des Innenausbaus ist in den Erschliessungszonen ein geschliffener Hartbetonbelag vorgesehen, in den Büroräumen ein Teppichbelag im Plattenformat. Freihängende Deckenelemente werden den Akustikanforderungen gerecht.
Besonderheiten
Sicherheit: Das Gebäude ist vom öffentlichen Schalterraum bis zu der hoch geschützten Einsatzzentrale nach dem Zwiebelschalenprinzip in unterschiedliche Zonen unterteilt. Der Zutritt zu den verschiedenen Bereichen erfolgt sowohl für das Personal, als auch für die Kunden durch kontrollierte Eingänge. Intelligente Tür- und Liftsteuerungen stellen sicher, dass keine unautorisierten Personen den internen Bereich der Polizei betreten.
Nachhaltigkeit und Haustechnik: Das neue Polizeigebäude wurde aus Kostengründen mit Beschluss des Gemeinderats vom 19. Januar 2015 von der Pflicht, Minergie oder Eco zu bauen, befreit. Der Minergie-Standard ist für einen 24-Stunden-Betrieb ohnehin nur begrenzt anwendbar. Trotzdem wurde ein energetisch optimierter Bau mit schadstoffarmen Materialien realisiert. Mit einem gewichteten Energiebedarf von 37.1 kWh/(m2a) wird die Anforderung nach Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich(MuKEn 2014) von 40 kWh/(m2a) klar eingehalten.
Die Wärmeerzeugung für die Heizung und das Warmwasser des Gebäudes wird mit Fernwärme der Stadt Winterthur erbracht. Alle Geschosse sind an einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung angeschlossen. Im Sommer wird diese Frischluft mittels Kältemaschinen gekühlt und deren Abwärme zur Brauchwassererwärmung genutzt. Die so gekühlten Räume erhalten nicht garantierte Maximaltemperaturen, weil der Luftersatz nicht genügend Kühlleistung erbringen kann. Bei Räumen mit interner hoher Wärmelast wird eine Maximaltemperatur mit Umluftkühlern gewährleistet.
Die Dachflächen des Hoch- und Flachbaus sowie des grossen Hofgebäudes sind mit einer Fotovoltaik-Anlage ausgestattet mit einer Gesamtfläche von 603 Quadratmetern und einer Leistung von 124 kWp.