Maison Myrte

 
8820 Wädenswil,
Schweiz

Veröffentlicht am 05. April 2024
Hosoya Schaefer Architects AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2024

Fassade Gebäude mit Aussenraum Büroraum, Luftraum Büroraum, Sicht zur Küche Loftartiges Wohnzimmer Küche Öffentliches Erdgeschoss Öffentliches Erdgeschoss Öffentliches Erdgeschoss Öffentliches Erdgeschoss, Luftraum Öffentliches Erdgeschoss, Küche Haus Myrte, Bestand Abbrucharbeiten

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Zugerstrasse 72, 8820 Wädenswil, Schweiz
Fertigstellung
04.2024
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Grundstücksfläche
595 m²
Geschossfläche
540 m²
Nutzfläche
350 m²
Gebäudevolumen
1390 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
1,4 Mio. CHF
Anzahl Arbeitsplätze
4

Beschreibung

Das 179 Jahre alte Haus Myrte in Wädenswil wurde vorbereitend für die Transformation des industriellen Mewa-Areals saniert. Hosoya Schaefer Architects haben das Gebäude mit einem öffentlichen Erdgeschoss, Büroräumen im ersten Stock und im Dachgeschoss und einen loftartigen Wohnraum erweitert.

Ausgangslage

Im Jahr 2022 wurde die Sanierung und Umnutzung des Hauses Myrte als erster Bauabschnitt der Neubebauung des MEWA-Areals beschlossen. Die Überbauung mit Wohn- und Gewerbenutzungen soll die nachbarschaftlichen Qualitäten verbessern. Das Gebäude soll nach seiner Fertigstellung als Kommunikationszentrum für die weitere Entwicklung des Areals dienen. Die Büroräume im Obergeschoss werden als Baubüro für die Konversion des MEWA-Geländes genutzt. Das Haus ist Teil des kollektiven Gedächtnisses und zugleich ein Kompass für die Zukunft der Stadt.

Entwurfsidee

Die Wädenswiler erinnern sich an das historische Gebäude vor der Sanierung. Spricht man mit Einheimischen, werden viele Begebenheiten rund um das Haus Myrte erzählt, die zum kollektiven Gedächtnis der Stadt gehören. Es war früher ein Lebensmittelgeschäft und eine Herrenschneiderei. Um möglichst viel Substanz des historischen Gebäudes zu erhalten haben Hosoya Schaefer den Umbau mit sparsamen und überlegten Eingriffen realisiert. Auch wenn es nicht mehr unter Denkmalschutz steht, birgt das Gebäude Geschichten und Erinnerungen als lokales Erbe. Das öffentliche Erdgeschoss bleibt erhalten und dient als Ausstellungsraum, um Anwohner und andere Interessierte über die Umnutzung des ehemaligen Fabrikgeländes in Wohn- und Gewerbeflächen zu informieren.
Während das erste Obergeschoss als Büro für den Bauprozess des MEWA-Geländes dient, bleibt das zweite Obergeschoss als räumlich aufgewertete Wohnung erhalten. Durch das Entfernen eines Teils der bestehenden Decke im Dachgeschoss entsteht ein loftartiger Wohnraum mit hohen Decken. Die Öffnung in der Decke schafft eine Verbindung zwischen den Geschossen und lockert die enge Raumkonfiguration auf. So entstehen auch Blickbeziehungen zwischen dem öffentlichen Erdgeschoss und der Büronutzung im ersten Obergeschoss. Das neue Materialkonzept orientiert sich an den ehemals produzierten Metallwaren und erinnert an die industrielle Vergangenheit des MEWA-Geländes.

Projektierung

Obwohl sich das Gebäude äusserlich in einem guten Zustand befand, zeigte eine Bauwerksuntersuchung, dass die Bausubstanz ertüchtigt werden musste. So wurde das Gebäude durch den gezielten Einsatz von Stahlbeton stabilisiert und mit seismischen Messpunkten versehen. Ausserdem wurden Boden und Dach gedämmt, um künftig Energie zu sparen. Wo es die Raumhöhe zuliess, wurden die alten Heizkörper durch eine Fussbodenheizung ersetzt. Die bestehende Gasheizung wird vorerst beibehalten. Zukünftig sollen das Haus Myrte und alle Neubauten auf dem MEWA-Gelände mit Erdwärme beheizt werden. Punktuell wurden Balken als Zeugen der Vergangenheit freigelegt und sichtbar belassen.
Die reduzierte Gestaltung und die wenigen Materialien und Farben der Innenräume in Eichenholz, Sichtbeton, Glas und weissen Oberflächen ergeben ein schlichtes und funktionales Interieur. Die erneuerte Stuckfassade ist in einem Grünton gestrichen, der früher häufig in Fabrikhallen verwendet wurde. Gelochte Aluminiumläden ersetzen die alten Holzläden und sind eine Hommage an den Landi-Stuhl von Hans Coray aus dem Jahr 1935.

Besonderheiten

Gemäss Eintrag im Lagerbuch der Gebäudeversicherung wurde das Haus Myrte 1845 von Heinrich Baumann erbaut. Das Wohnhaus war eines der ersten Gebäude an der um 1841 verbreiterten Zugerstrasse. Ursprünglich auf dem Land ausserhalb des Dorfes gelegen, steht das Haus heute an einer städtischen Hauptstrasse mit Wohnhäusern und Gewerbebetrieben. Da die meisten kleinstädtisch-bürgerlichen Bauten dieser Zeit inzwischen abgerissen oder ersetzt wurden, ist das Haus Myrte eines der letzten lokalen architektonischen Zeugnisse dieser Zeit. Zudem ist ein schlichter klassizistischer Walmdachbau für ein Bauernhaus ungewöhnlich und zeigt den Übergang vom bäuerlich-ländlichen zum bürgerlich-städtischen Wohnhausbau.
Das Wohnhaus wurde 1984 von der Arbeitsgemeinschaft für Ortsbildpflege und Inventarisation AOI inventarisiert. Im Jahr 2010 beantragte die Metallwarenfabrik Blattmann die Entlassung aus dem kommunalen Denkmalschutz. Eine Überprüfung durch die Denkmalpflegekommission des Kantons Zürich ergab, dass der Zustand des Hauses aufgrund der baulichen Veränderungen im Laufe der Jahre nicht mehr erhaltenswert ist. Das Objekt wurde deshalb 2011 aus dem Denkmalverzeichnis entlassen.

Das Projekt von Hosoya Schaefer Architects wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2024 eingereicht und von Elisa Schreiner publiziert.

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