Interview: Berührungsfreier Zutritt

Smartphone statt Badge

Daniel Fischer Dormakaba

Daniel Fischer ist Senior Product Manager New Business and Technology bei Dormakaba Schweiz AG.

Daniel Fischer ist ausgebildeter Elektromechaniker und Automatik-Fachmann und arbeitet seit 1996 bei Dormakaba, damals noch Kaba. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Schliess- und Zutrittssysteme. Mit ihm sprachen wir über die Vorteile von digitalen Schlüsseln.

Was ist bei Schliesssystemen gegenwärtig der neuste Stand der Technologie?

Cloudlösungen sind zwar noch nicht der Standard für komplexe Corporate-Lösungen, aber für diverse Branchen bieten sie viele Vorteile. Beispielsweise wenn ein schneller Rollout über mehrere Standorte gefordert ist, wie dies bei Coworking-Anbietern oder in Wohnanlagen mit elektronischen Schliesssystemen oft der Fall ist. Diese Systeme haben einen weiteren entscheidenden Vorteil: Sie verfügen über eine API (Anm. der Redaktion: API = Application Programming Interface). Das ist eine Schnittstelle, mit der sich das Zutrittssystem mit anderen Systemen verbinden und automatisieren lässt. Dies ist für alle Firmen interessant, die eine Buchungsplattform haben, wie zum Beispiel Airbnb. Nach der Buchung ist der Zutritt über das Mobile Device – also das Smartphone – voll automatisiert und digital sicher geregelt. Die Zutrittsberechtigung wird unabhängig vom Aufenthaltsort in Echtzeit vergeben und erfolgt auch kurzfristig.

kontaktloses Türsystem

Die Nachfrage nach kontaktlosen Türsystemen steigt. Über Sensorschleusen könnten in Zukunft nicht nur Personenflüsse reguliert, sondern auch die Körper- temperatur, das Tragen von Schutzmasken und die Handdesinfektion erfasst werden.

Die Nachfrage nach kontaktlosen Türsystemen steigt. Über Sensorschleusen könnten in Zukunft nicht nur Personenflüsse reguliert, sondern auch die Körper- temperatur, das Tragen von Schutzmasken und die Handdesinfektion erfasst werden.

Wie ist die zukünftige Entwicklung bei Schliessanlagen?

Bei Konzernen, die mit einer Mitarbeiter-App Badges ersetzen und Prozesskosten reduzieren möchten, steigt die Nachfrage nach Cloudsystemen. Für den Nutzer gewinnt das Smartphone als digitaler Schlüssel immer mehr Akzeptanz. Die Nachfrage nach diesem Zugangsmedium ist steigend, besonders bei Konzernen mit Mitarbeiter-Apps.

Wie wird die Schlossfunktion aktiviert, wenn es keine Schlüssel mehr gibt?

Technologisch betrachtet unterscheiden wir zwischen dem Zugang mit oder ohne Identifikation. Eine berührungslose Identifikation ist mit bewährten Technologien wie RFID (radio-frequency identification), BLE (Bluetooth Low Energy) oder NFC (Near Field Communication) möglich. Für kontaktlose Zugänge ohne Identifikation sind berührungslose Sensoren gerade sehr gefragt. Türflügelantriebe und automatische Türen sind ebenfalls keine neuen Themen, ebenso wenig barrierefreie und kontaktlose Zugänge. Auch hier beobachten wir ein wachsendes Bewusstsein, weshalb Investitionen in solche Produkte sinnvoll sind.

Mobile Access – Zutritt mit Smartphone
Mobile Access

Egal, ob man den mechanischen Schlüssel oder das Handy mit dem digitalen Schlüssel verlegt – die eigene Zerstreutheit ist der natürliche Feind geschlossener Türen. Welche Vorteile hat in so einem Fall der digitale Schlüssel?

Verlorene digitale Schlüssel bleiben durch die Sperrung des Smartphones geschützt. Zudem kann ein neuer digitaler Schlüssel einfach und unkompliziert vergeben werden. Der verlorene Schlüssel wird in der Applikation einfach gesperrt. Der Verlust des Smartphones wird in der Regel viel schneller bemerkt als der Verlust eines herkömmlichen Schlüssels. Die Kosten- und Administrationsaufwände reduzieren sich ebenfalls, weil der Austausch von Zylindern und Schlüsseln komplett entfällt.

Drehfluegeltuerantrieb Porteo

Der leise Drehflügelantrieb Porteo für Innentüren ist via Funk-Fernbedienung auch vollautomatisiert einsetzbar. Er lässt sich an den meisten Türen nachrüsten.

Der leise Drehflügelantrieb Porteo für Innentüren ist via Funk-Fernbedienung auch vollautomatisiert einsetzbar. Er lässt sich an den meisten Türen nachrüsten.
Automatischer Schiebetuerantrieb

Der automatische Schiebetürantrieb CS 80 Magneo wird allein von der magnetischen und damit berührungslosen Schubwelle eines Linearmotors bewegt. Ideal für alle Bereiche, in denen barrierefreies Bauen umgesetzt werden muss.

Der automatische Schiebetürantrieb CS 80 Magneo wird allein von der magnetischen und damit berührungslosen Schubwelle eines Linearmotors bewegt. Ideal für alle Bereiche, in denen barrierefreies Bauen umgesetzt werden muss.

Bleiben mechanische Systeme weiterhin parallel zu smarten oder kontaktlosen Systemen bestehen?

Für Interventions-Schliessungen und Notöffnungen ist der mechanische Schlüssel immer noch am besten und effizientesten. Die Kombination von mechanischen und elektronischen Lösungen wird sicher noch einige Jahre bestehen.

Welchen Schutz beinhalten digitale Schliesssysteme gegenüber Hackerangriffen oder sonstigen Missbrauch der Zugangsdaten durch nichtautorisierte Personen?

Auch mechanische Schliesssysteme sind nicht vor Hackerangriffen geschützt. Nach einem Angriff auf eine mechanische Schliessanlage müssen alle Zylinder und Schlüssel ausgetauscht werden.Digitale Schliessanlagen haben hier entscheidende Vorteile. Im Falle eines Angriffs werden Sicherheitslücken einfach mit einem Update geschlossen. Oftmals ist die Schwachstelle aber nicht das digitale Schliesssystem selber, sondern die Implementierung in die IT-Infrastruktur der Kunden. Deshalb ist es essenziell, dass sich Lieferanten und Betreiber austauschen - und das während des gesamten Lebenszyklus eines Systems. Schliesslich kann Sicherheit nur gewährleistet werden, wenn Betreiber und Lieferanten kontinuierlich im Dialog stehen.

Buergenstock
Buergenstock
Montage Drehfluegelantrieb
Drehfluegelantrieb

Im Bürgenstock-Resort in Obbürgen LU wurden die Drehtürantriebe ED 100 und ED 250 eingebaut. Das moderne Steuerungssystem passt sich an die Bedürfnisse der Nutzer an und gleicht wechselhafte Bedingungen im Umfeld aus.

Glauben Sie, dass die Corona-Krise im Bewusstsein der Menschen etwas verändert hat und sie sich um Sicherheit mehr Gedanken machen?

Wir nehmen deutlich wahr, dass eine Veränderung stattfindet. Wie nachhaltig diese ist, wird sich noch zeigen. Gerade in Firmen oder Geschäften zeichnen sich neue Zutrittsbedingungen ab. Für den Zugang müssen nun auch Faktoren wie Körpertemperatur, das Tragen einer Schutzmaske oder desinfizierte Hände erfüllt sein. Zudem sollen auch die Personenflüsse kontrolliert und koordiniert werden. Intelligente Sensorschleusen können hier beispielsweise dieselben Funktionen wie Verkehrsampeln übernehmen. Und schliesslich verzeichnen wir auch eine erhöhte Nachfrage im Bereich der automatischen Türflügelantriebe und Sensortaster, also nach jenen Produkten, die einen kontaktlosen Zutritt möglich machen.

Für die berührungslose Zugangskontrolle und Kontrolle der Personenflüsse im Innenbereich: Die Sensorschleusen Argus gibt es in verschiedenen Designs und Ausführungen.
Selbstverriegelndes Panikschloss: SVP-Schlösser verriegeln Türen selbsttätig nach jedem Schliessen und öffnen in Paniksituationen durch Betätigen des Türdrückers.

Das Interview entstand in Zusammenarbeit mit Dormakaba Schweiz AG

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