Interview: Geschlossene Kreisläufe aufbauen

Mirko Bachmann ist Marketing Manager Schweiz bei Forbo-Giubiasco.
Herr Bachmann, danke, dürfen wir mit Ihnen über das Thema Nachhaltigkeit sprechen? Ein Kapitel des Reports, das uns besonders interessiert, ist die Kreislaufwirtschaft. Inwieweit werden von Forbo derzeit alte Bodenbeläge für die Produktion neuer Produkte wiederverwertet?
Das kommt ganz auf den Bodenbelagstyp an. Bei PVC-Böden gibt es seit vielen Jahren einen bewährten Recyclingprozess, der von der Arbeitsgemeinschaft ARP Schweiz angeboten wird. Davon kann jeder Kunde profitieren. Linoleum hingegen ist ein Naturprodukt und kann sogar kompostiert werden, was viel effizienter als Recycling ist. Wir haben aber erste Pilotprojekte gestartet, bei denen bis zu 35 Prozent der alten Beläge wieder in die Linoleumproduktion zurückgeführt wurde. Ein weiterer Teil wurde einer Möbelfabrik gespendet und der Rest in der Zementindustrie verwendet.
Klebstoffe haben derzeit einen grossen ökologischen Fussabdruck. Was könnte man dort ändern?
Heutige Klebstoffe sind bereits um einiges ökologischer und grösstenteils unbedenklich. Wichtiger ist, dass man Bodenbeläge bei Bedarf woanders wiederverwenden kann – und dies ist bei verklebten Lösungen nicht möglich. Die meisten Bodenbeläge haben nach ihrer Nutzung keinen Wert mehr, unsere schon. Vor allem die Loose-Lay-Lösungen von Forbo Flooring lassen sich ebenso leicht aufnehmen wie verlegen und tragen zu einem sauberen Recyclingkreislauf bei, da keine Klebstoffe benötigt werden.

Marmoleum-Beläge von Forbo bestehen aus natürlichen Rohstoffen, was die Nachhaltigkeit des Produkts gewährleistet. | Foto © Forbo AG
Recycling klingt nachhaltig. Aber wenn Materialien neu aufbereitet werden müssen, werden auch dabei häufig grosse Mengen CO2 ausgestossen. Wie sieht es bei Forbo aus? Konnten Sie die Verfahren beim Recyceln optimieren?
Die Recyclingprozesse werden kontinuierlich verbessert. Unser Fokus liegt allerdings vor allem im Produktdesign und -mix. Echte Nachhaltigkeit erfordert geschlossene Kreisläufe. Deshalb verbessern wir unsere modularen Angebote kontinuierlich und finden Möglichkeiten, sie am Ende der Nutzungsdauer zu recyceln. Dabei arbeiten wir auch mit lokalen Recyclingprogrammen zusammen. Darüber hinaus entwickeln wir Bodenbeläge, die aus recycelten Rohstoffen bestehen, damit alte Bodenbeläge heute und in Zukunft eine neue Bestimmung finden.
Im Linoleum von Forbo beispielsweise stammen derzeit 40 Prozent des Materials aus dem Recycling. Könnte man diesen Anteil erhöhen, wenn mehr altes Linoleum zur Verfügung stünde?
Recycling ist immer auch eine Sache der gemeinsamen Verantwortung. Wir können die besten und optimiertesten Prozesse auf die Beine stellen: Wenn die Endverbraucher das Material entsorgen, dann nützt das alles nichts. Das Pre-Consumer-Recycling haben wir hingegen als Prozess so gut wie möglich optimiert. Man muss aber auch sehen, dass bei Bodenbelägen aus Qualitätsgründen nicht zu 100 Prozent mit recycletem Material gearbeitet werden kann.

Eine ehemalige panoptische Strafanstalt wurde mit Linoleum in ein einladendes Multifunktionsgebäude verwandelt. | Foto © Forbo AG
Recyceln ist in der Schweiz extrem teuer. Viele Stoffe werden daher für die Aufbereitung ins Ausland transportiert. Da der Transport zu CO2-Ausstoss führt, sollte das in Zukunft möglichst vermieden werden. Gibt es Strategien, dies künftig lokal zu organisieren?
Forbo Flooring vertreibt seine Bodenbelagslösungen weltweit, stellt aber die meisten Böden in Westeuropa her. Das bedeutet, wir müssen immer die Transportentfernung berücksichtigen. Zum Beispiel kann der Transport von Verlegerresten aus Japan zu einer unserer Fabriken in Grossbritannien sehr CO2-intensiv sein, sodass lokale Recycling-Programme eine verantwortungsvollere Lösung wären. Auch deswegen kann und wird recyceltes Material nicht immer zurück in den Produktionsprozess integriert, sondern man verwendet dieses zur Produktion von Drittprodukten.
Das Interview entstand in Zusammenarbeit mit Forbo-Giubiasco.