Interview: Selbstöffnende Systeme bieten Sicherheit

Albert Renz und Phillip Wüest sind als Produktmanager für die Hörmann Schweiz AG tätig. Während Albert Renz (links) für Türen und Brandschutz verantwortlich ist, betreut Phillip Wüest (rechts) den Bereich der Zufahrtskontrollsysteme. ©Hörmann Schweiz AG
Philipp Wüest (im Interview PW), Produktmanager für Zufahrtskontrollysteme bei Hörmann Schweiz, kennt als ausgebildeter Lastwagenmechaniker und technischer Mitarbeiter von Hörmann Schweiz die Möglichkeiten automatisierter Öfffnungssysteme. Gemeinsam mit dem Produktmanager für Türen und Brandschutz, Albert Renz (AR), gibt er Auskunft, welche Steuerungen auch ohne Berührung den Einlass gewähren können.
Welche Möglichkeiten gibt es heutzutage, um eine Tür oder ein Tor ohne Berührung zu öffnen? Welche Arten von Antrieben gibt es?
AR: Bei den Antrieben wird vor allem zwischen «low Energy»- und «high Energy»-Antrieben unterschieden. «Low Energy»-Antriebe agieren mit langsameren Fahrgeschwindigkeiten und mit weniger Kraft. «High Energy»-Antriebe sind schneller, können mehr Kraft aufwenden und sind immer mit Überwachungssystemen ausgerüstet. Beide brauchen eine Sicherheits- und Risikoanalyse und unterliegen der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG und der EN 16005.

Türen können kostengünstig mit dem Drehtürantrieb «Portamatic» nachgerüstet werden. Um die Tür zu öffnen, hält man die Hand lediglich kurz vor den Sensor. | Foto: Hörmann Schweiz AG
Wie werden sie bedient? Wie nah muss man einer Tür/einem Tor sein, um sie/um es zu öffnen?
AR: Berührungslose Ansteuerungen sind seit geraumer Zeit in Spitälern, Altersheimen oder Arztpraxen im Einsatz. In der jetzigen Pandemie ist das Thema so aktuell wie nie zuvor. Wir verwenden Radar, Sensoren oder berührungslose Taster, mit denen die Antriebe angesteuert werden. Auch Lichtschranken werden dafür eingesetzt.
PW: Fahrzeuge sollten rasch und unkompliziert Tore, Schranken und Polleranlagen passieren können. Die Benutzer können steuern, welche Fahrzeuge das Gelände zu welchem Zeitpunkt betreten dürfen. Dafür werden berührungslose Online-Lösungen wie RFID-Leser (d.h. Erkennung mittels Radiofrequenzen), Nummernschilderkennungen oder QR-Codeleser immer beliebter.

Poller können automatisch, halbautomatisch, entnehmbar oder feststehend ausgeführt werden. Automatische Poller haben den Vorteil, dass sie bei Bedarf schnell im Boden versenkt und ebenso schnell wieder ausgefahren werden können. So kann temporär die Zufahrt gewährt, die Durchfahrt aber wirksam verhindert werden. | Foto: Hörmann Schweiz AG
Welche Technologien erlauben es, nur eine bestimmte Nutzergruppe einzulassen?
PW: Die bekannteste Lösung ist im Tor-bereich die RFID-Technik, die wir von den runden Schlüsselanhängern, welche zum Bezahlen am Kaffeeautomaten genutzt werden, kennen. Die Anhänger funktionieren als Ausweismedium, und ermöglichen die Identifizierung. Sie können entsprechend personalisiert werden: Gewisse Gruppen erhalten damit nur zeitweise Zutritt, bei bestimmten Szenarien wird die Zufahrt verweigert. Einzelzutritte werden durch QR-Codes ermöglicht, die man beispielsweise über ein SMS verschickt. Bei der Reichweite liegen wir bei den «short range»-Lösungen bei circa 5 bis 10 Zentimetern und bei den «long range»-Lösungen bei ungefähr 6 bis 10 Metern. So lässt sich die Durchfahrtsgeschwindigkeit bei der Zufahrt beeinflussen.
Wie kann der Zutritt/ die Zufahrt spezifisch erlaubt oder verwehrt bleiben?
PW: Um die Berechtigungen schnell und einfach zu gewährleisten, kommt eine entsprechende Ausweismanagement-Software zum Einsatz, die es ermöglicht, die Ausweismedien einfach und übersichtlich zu verwalten. Da unser System über einen Netzwerkanschluss verfügt, erfolgt die Verwaltung inzwischen bequem über das Internet. Der Vorteil dieser Technologie ist, dass die Zutrittsberechtigungen in der Software angepasst werden und keine Anpassungen an der Hardware vorgenommen werden muss. Dies spart viel Zeit und Geld.

Mittels Fernsteuerung über Web-Server können Schrankenanlagen selbst aus der Ferne, sogar vom Smartphone aus, gesteuert werden. Das Ausweismanagementsystem überzeugt durch individuelle Ein- und Ausfahrverwaltung. | Foto: Hörmann Schweiz AG
Wie funktionieren berührungslose Systeme im Falle eines Brands?
AR: Brandschutztüren müssen eine Selbstschliessung gewährleisten. Alle Ansteuerungen oder Rückhaltesysteme werden im Brandfall stromlos geschalten. Haftmagnete oder Feststellanlagen haben stromlos keine Funktion mehr, die Türe schliesst rein mechanisch selbstständig durch einen Türschliesser mit Federkraft. Berührungslose Systeme arbeiten ebenfalls mit Strom, welcher bei einem Brand ausgeschaltet wird. Dadurch sind diese nicht mehr aktiv.
PW: Hier ist zu unterscheiden, ob die Anlage die Zufahrt auf das Gelände oder in das Gebäude selber gewährleisten soll. Die Anforderung für die Zufahrt auf das Gelände besteht darin, den Zugang zu jeder Zeit für die Blaulichtorganisationen zu gewährleisten, insbesondere bei einem Not- oder Brandfall. Dies kann mit einer automatischen Öffnung bei einem Brand oder durch eine gesicherte Notöffnungsfunktion erfolgen. Um einen Funktionserhalt der Anlage, wie auch der Zufahrtskontrollsysteme zu gewährleisten, wird die Stromversorgung über eine USV (unterbrechungsfreie Stromversorgung) sichergestellt.
Können Sie wegen die Pandemie eine steigende Nachfrage dafür feststellen?
Wir verspüren ein wachsendes Interesse an solchen Systemen, sowohl im privaten wie auch im industriellen Sektor. Ob es an der Pandemie liegt oder ob es ein generelles Interesse an neuen Technologien ist, ist schwer abzuschätzen.
Das Interview entstand in Zusammenarbeit mit Hörmann Schweiz AG.