Interview: Wieder durchatmen
Stiebel Eltron ist ein Unternehmen aus dem Bereich der Elektroindustrie mit Firmensitz in Holzminden in Niedersachsen. Die Gruppe ist Hersteller von Elektro-, Warmwasser- und Heizgeräten sowie von Systemen zur Nutzung regenerativer Energien und Wärmepumpenheizungen und Anlagen zur kontrollierten Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung. Die Tochtergesellschaft Stiebel Eltron Schweiz ist in Lupfig beheimatet.

Peter Waldburger ist Mitglied der Geschäftsleitung von Stiebel Eltron Schweiz.
Herr Waldburger, in den nunmehr über zwei Jahren Corona-Pandemie waren die Schulen im Fokus der Aufmerksamkeit. Neben Schulschliessungen, häufigem Lüften und dem Tragen von Masken im Unterricht: Was ist technisch möglich, um das Risiko der Weitergabe von Viren in einem Schulhaus zu reduzieren?
Grundsätzlich wird mit einem regelmässigen Luftaustausch in Innenräumen das Risiko der Weitergabe von Viren reduziert, da sich damit die in der Luft schwebenden Aerosole – das sind mikroskopisch kleine Wassertröpfchen – entfernen lassen. Und es gibt noch andere Vorteile: Der regelmässige Luftaustausch reguliert den CO2-Gehalt in der Raumluft. Ein überhöhter Kohlendioxid-Gehalt reduziert die geistige Leistungsfähigkeit. Gerade in Klassenzimmern steigt der CO2-Gehalt im ungelüfteten Raum rasch an und kann zu Konzentrationsschwächen führen. Ein regelmässiger Luftaustausch kann mit Lüften über die Fenster oder aber mit mechanischen Lüftungsgeräten erreicht werden. Lüften mag im Sommer praktikabel sein. Aber im Winter wird mit Lüften die Temperatur in einem Klassenzimmer auf Kühlschrankniveau reduziert. Es stimmt dann zwar die Luftqualität, jedoch wird die Wärmeenergie in der Luft direkt nach draussen geführt und ist verloren.
Das Heizsystem muss die abgeführte Energie nachliefern, was zu höherem Energiebedarf und höheren Heizkosten führt. Ein mechanisches Lüftungsgerät hingegen tauscht die Raumluft mit frischer Aussenluft aus.
Wie funktionieren solche Geräte technisch? Filtern sie Luft, oder tauschen sie die Innenluft kontinuierlich gegen Aussenluft aus?
Damit im Winter nicht derselbe Auskühlungseffekt wie beim Fensterlüften eintritt, wird im Lüftungsgerät der abgeführten Raumluft die Wärmeenergie entzogen und auf die zugeführte Aussenluft übertragen. Kurz: Wärmerückgewinnung. Ein Lüftungsgerät besteht neben der Luftführung im Wesentlichen aus zwei Ventilatoren: einem, der die Raumluft absaugt, und einem anderen, der die Aussenluft reinbläst sowie einem Kreuzstrom-Plattentauscher, welcher für die Wärmerückgewinnung da ist. Damit ein Lüftungsgerät letztlich funktioniert, braucht es natürlich noch ein paar Sensoren und eine Regeltechnik.

Will man beim regelmässigen Lüften keine wertvolle Heizenergie verlieren, setzt man am besten auf kontrollierte Lüftungsanlagen.
Gibt es Untersuchungen darüber, wie sehr sich das Ansteckungsrisiko in einem Raum senkt, wenn man ihn mechanisch lüftet?
Ja, es gibt Untersuchungen, die zeigen, wie lange Viren in Innenräumen überleben und wie die Übertragung zwischen Menschen stattfindet. Daraus werden die beiden wichtigsten Massnahmen zu einer Minimierung des Ansteckungsrisikos abgeleitet: Abstand halten und regelmässig lüften.
Lüften sei gut, die Luft verwirbeln aber kontraproduktiv. Was können sie über die Luftströme sagen, die Geräte von Stiebel Eltron erzeugen?
Lüftungsinstallationen müssen Normen und Richtlinien erfüllen. Eine Norm gibt beispielsweise vor, wie hoch die Luftgeschwindigkeit im Luftverteilsystem und beim Luftaustritt maximal sein darf. Werden Anlagen nach geltenden Normen montiert, entstehen keine Luftzug- oder Verwirbelungs-Probleme.
Virusvarianten mit schwächeren Krankheitsverläufen, Impfcourage oder Impfpflicht – die Corona-Pandemie könnte im Frühjahr zur Endemie werden. Welche Vorzüge bietet der Einbau von Lüftungsgeräten in Klassenzimmern über die jetzige Krise hinaus?
Lüftungssysteme sind ja nicht wegen Corona entwickelt worden. Die Eliminierung der Aerosole ist ja nur ein schöner Nebeneffekt einer Lüftungsanlage. Im Zentrum stehen die Wärmerückgewinnung, die Kontrolle des CO2-Gehaltes in der Luft, die Eliminierung von unangenehmen Gerüchen (VOC), das Abführen von überschüssiger Luftfeuchtigkeit und dank der Filterung der Luft, die Eliminierung von Blütenpollen in Innenräumen.

Das dezentrale kompakte Lüftungsgerät LWE 40 mit Wärmerück-gewinnung ermöglicht es, einströmende Luft durch Feinstaubfilter zu reinigen. Dies ist ideal für Allergiker.
Hat die mechanische Lüftung auch energetische Vorteile gegenüber dem Lüften durch das Öffnen der Fenster?
Im Winter wird durch die Wärmerückgewinnung trotz Frischluftzufuhr wertvolle Energie zurückbehalten. Im Sommer kann mittels Nachtauskühlung sogar überschüssige Wärme im Gebäude nach draussen geführt werden. Dies bedingt allerdings, dass es draussen kühler ist als drinnen.
Sind die Geräte von Stiebel Eltron mit Sensoren ausgestattet, um die Lüftung je nach Luftsituation in einem Raum zu steuern?
Ja, in den Geräten sind Druck- und Temperatursensoren sowie optional auch CO2- oder VOC-Sensoren verbaut. Das ist nötig, um eine bedarfsgerechte Regelung überhaupt zu ermöglichen.
Sind die Geräte in den Räumen sichtbar? Und wenn ja, was ist der neueste Stand in puncto Design?
Wenn man von kontrollierter Wohnraumlüftung spricht, sind die Lüftungsgeräte nicht sichtbar. Was sichtbar ist, sind die Luftein- und -austritte in der Decke. Diese sind sehr dezent und werden kaum wahrgenommen. Lüftungen, die beispielsweise nachträglich in Schulräumen installiert werden, bleiben dann sichtbar, wenn sie nicht in eine abgegehänge Decke integriert werden können. Das ist vor allem bei älteren Schulhäusern der Fall.
Das Interview entstand in Zusammenarbeit mit Stiebel Eltron Schweiz.