Bahuarwa Primarschule

 
847423 Bahuarwa, Darbhanga,
Indien

Veröffentlicht am 12. März 2025
Arch Aid
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

Kinder auf dem Weg zur Schule Multifunktionshalle Kinder auf dem Heimweg Klassenzimmer mit perforierten Fensterläden Kinder bei der Handwasserpumpe Wandreliefs in den Klassenzimmern Pausenplatz Klassenzimmer Westfassade mit Ornamenten Kinder beim Spielen in der Multifunktionshalle Kinder in der Bahuarwa Primarschule

Projektdaten

Basisdaten

Projektkategorie
Fertigstellung
12.2024
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
1
Grundstücksfläche
460 m²
Geschossfläche
238 m²
Nutzfläche
212 m²
Gebäudevolumen
1060 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
70'000 CHF
Anzahl Schüler
150

Beschreibung

Kurz nach dem Abschluss ihres Architekturstudiums haben Isha und Daniel Haselsberger die NPO «Arch Aid» gegründet, um eine Brücke zwischen ihren kulturellen Hintergründen – Schweiz und Indien – zu schlagen und ihr Wissen für die Umsetzung nachhaltiger Bauten für benachteiligte Menschen in Indien einzusetzen.
Die Bahuarwa Primarschule befindet sich im gleichnamigen Ort im indischen Bundesstaat Bihar. Im ärmsten Bundesstaat Indiens haben viele Kinder keinen Zugang zu funktionierenden Bildungseinrichtungen, da staatlichen Schulen oft nicht in Betrieb sind. Privatschulen wiederum sind für Teile der Bevölkerung zu teuer. Zusammen mit der NGO «Bahuarwa Foundation» haben die beiden Architekt*innen deshalb den Bau einer Schule für benachteiligte Kinder und Jugendliche dieses Ortes initiiert und umgesetzt. Die lokal ansässige Bahuarwa Foundation kümmert sich nun um den Betrieb der Schule.

Verbindung traditioneller und neuer Bauweisen
Nach der Initiierung des Projekts im Frühjahr 2022 haben die Architekt*innen die lokale Baukultur analysiert, zahlreiche Haushalte besucht, Gespräche mit Einwohner*innen geführt und Werkstätten angeschaut, um die Einflussfaktoren sich wandelnder Baumethoden besser zu verstehen. Denn statt regenerativer Materialien, wie sie in traditionellen Bauweisen in Bahuarwa noch vereinzelt genutzt werden, kommen heute zunehmend Zement, Stahl und gebrannte Ziegel zum Einsatz. Isha Dhingra und Daniel Haselsberger haben sich deshalb früh mit der lokalen NGO darauf geeinigt, dass es bei der Entwicklung der Schule nicht um ein Schwarz Weiss Denken, sondern um eine sinnvolle Ergänzung regenerativer und emissionsintensiverer Materialien, traditioneller und neuer Baumethoden, gehen soll. Das Ziel war es, erneuerbare Materialien so einzusetzen, dass sie einen Mehrwert für die lokale Bevölkerung schaffen und von jener auch akzeptiert werden. Das erforderte die Erstellung eines langlebigen, wartungsarmen, thermisch komfortablen und bezahlbaren Gebäudes, das zudem auch den lokalen Vorstellungen eines zeitgemässen Ausdrucks entspricht.
Anders als es sich die Architekt*innen gewohnt waren, planten sie für die Bahuarwa Primarschule nicht jedes Detail vor Baubeginn, sondern nur das Fundament, die Tragkonstruktion, das Dach und eine ungefähre Verteilung der Öffnungen. Diese Offenheit ermöglichte es, Konstruktionen und Materialisierungen während des Baus 1:1 mit den Handwerkenden zu entwickeln, anstatt sie mit abstrakten Plänen vorzudefinieren. Der Bauprozess wurde so zu einem wichtigen Kommunikationsmittel und förderte den gemeinsamen Wissensaustausch.

Realisierung
Das Gebäude besteht aus einem hohen Sockel aus örtlich produzierten Ziegeln und Stahlbeton, der die Räume vor den regelmässig vorkommenden Überflutungen schützt. Die Tragstruktur von Wänden, Decke und Dach besteht aus Bambus. Die Wände und Decken wurden aus Bambusleisten erstellt. Die vor der Witterung geschützten Innenwände wurden mit einem Mix aus Lehm und Stroh ausgefacht, die Aussenwände erhielten einen Zementputz und einen farbigen Anstrich. Die Innenwände kühlen, während die Aussenwände den Ansprüchen an Dauerhaftigkeit und einen zeitgemässen Ausdruck gerecht werden. Ein weit überstehendes Wellblechdach schützt die Wände vor den intensiven Regenfällen des Monsuns. Ein grosser Luftraum zwischen der Bambusdecke und dem Metalldach wirkt der Hitzestrahlung des sich aufheizenden Metalls entgegen und stellt zusammen mit den Innenwänden aus Lehm ein angenehmes Raumklima sicher. Das Gebäude benötigt dadurch keine Klimaanlage und auch die Deckenventilatoren sind nur an äusserst heissen Tagen in Betrieb. «We have a cool school!», rufen die Kinder stolz, wenn sie auf dem Heimweg verschwitzten Kindern begegnen, die den Tag in überhitzten Klassenzimmern teurer Privatschulen aus Beton und Ziegeln verbringen mussten. Das leichte Metalldach und die Bambuskonstruktion sichern zudem die Erdbebensicherheit des Gebäudes, das sich in der höchsten Risikozone befindet. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach sorgt für eine unabhängige und ununterbrochene Stromversorgung der Schule.

Regional verankert
Der Gebrauch von Bambus und Lehm reduzierte nicht nur die Baukosten und den ökologischen Fussabdruck, sondern förderte auch die regionale Wertschöpfung und ermöglichte einen inklusiven Bauprozess, an dem Frauen und Männer, Jung und Alt, teilhaben konnten. Bis auf drei Bambusexperten stammten alle am Bau beteiligten Personen aus Bahuarwa und den umliegenden Dörfern. Viele von ihnen sind Eltern oder Grosseltern der Kinder, die die Schule nun besuchen.
Auch die Kinder und Jugendlichen lieferten ihren Beitrag zur Schule, indem sie Ornamente für die Fassaden und Klassenzimmer entwarfen. Im Fall der Klassenzimmer wurden jene anschliessend von lokalen Lehmexpertinnen als Reliefs an die Wände angebracht, bei den Fassaden als weisse Ornamente auf die blauen Wände gemalt. Auch die Farbgebung entsprang dem Wunsch der Nutzer*innen. Durch die Mitwirkung der lokalen Bevölkerung und der Schulkinder konnten sich jene die Schule gestalterisch aneignen, wodurch die gesellschaftliche Akzeptanz der gemeinsam entwickelten Baumethode sichergestellt werden konnte.

Das Projekt von Isha und Daniel Haselsberger wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Elisa Schreiner publiziert.

Projektbeteiligte Unternehmen

Planung

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