Erweiterung Tramdepot Bern
,
Schweiz
Veröffentlicht am 10. April 2024
Penzel Valier AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2024
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Das Tramdepot Bern ist eine streifenförmig gegliederte Halle mit Glas-Aluminiumhülle. Mit ihrer einfachen Form gelingt es, die gegebenen Zwänge des knappen, schiefwinkligen Perimeters aufzunehmen und in eine prägnante Form zu bringen. Die Erweiterung von Penzel Valier reagiert auf sich verändernde Bedürfnisse.
Ausgangslage
Bereits im Wettbewerb im Jahr 2007 wird die Erweiterung des Tramdepots in mehreren Schritten konzipiert. Mit dem Ausbau des Stadtberner Tramnetzes nach Ostermundigen und Kleinwabern, einem dichteren Fahrplan sowie neuen längeren Trams steigt der Bedarf an Depotkapazitäten. Die Geometrie der Halle ergibt sich aus der betrieblichen Notwendigkeit für einen maximalen, stützenfreien Abstellbereich, basierend auf den Anforderungen der notwendigen Kurvenradien, Lichtraumprofile und Sicherheitsabstände zur optimalen Fahrzeugzirkulation.
Entwurfsidee
Mit der Erweiterung wächst die Spannweite im Abstellbereich von 45 auf 72 Meter, im Bereich der Werkstatt von 68 auf 95 Meter. Diese beträchtlichen Spannweiten für den stützenfreien Ausbau des Abstellbereiches werden mit dem stufenweisen Wachstum der Fachwerkträger bewältigt, die dann nach dem Prinzip von Kranauslegern funktionieren. Die Hauptkräfte werden von einer mittleren Stützenreihe aufgenommen, die Fassadenstützen auf Seite der kürzeren Spannweite wandeln sich mit der Erweiterung von Druck- zu Zuggliedern. Die Überdachung wird über die gesamte Hallenlänge von rund 200 Meter durch eine Sheddachstruktur aus Stahlfachwerkträgern mit Spannweiten von bis zu 90 Meter getragen. Eine einzige Stützenreihe trennt den Abstellbereich vom Servicebereich mit Waschanlage, Radbearbeitungsplatz und Unterhaltsgebäude und dient zudem als vertikales Verbindungsglied zwischen dem unterirdischen Leitungskanal und den Installationen an der Hallendecke (Fahrleitungen, Beleuchtung, Sprinkler etc.). Die Hubtore der Frontfassade mit Torhöhen bis zu zehn Meter öffnen und schliessen vertikal. Zur Längsaussteifung sind die inneren und äusseren Stützen V-förmig angeordnet. Sie bilden sich als gestaltgebendes Grundmotiv in Struktur und Rhythmus der Fassade ab und prägen damit die Gesamterscheinung des Gebäudes. Das äussere Erscheinungsbild der Halle wird geprägt durch eine transluzente Glasfassade und Aluminiumbleche im Dachbereich, die dem Bauwerk Plastizität und Leichtigkeit verleihen.
Projektierung
Die asymmetrisch angeordneten Mittelstützen sind biaxial biegesteif in der Fundation eingespannte Stahlkästen, die über die Sekundärträger jeweils paarweise zu Rahmen verbunden werden. Neben der Lastabtragung dienen sie damit auch der Längs- und Querstabilisierung. Die Fassadenstützen sind alternierend zu den Mittelstützen schräg gestellt und dienen ebenfalls zur Längsaussteifung des Systems. Die Dachträger sind aus Schweissprofilen hergestellte Fachwerke, die in grossen Teilen vorfabriziert wurden. Sie sind über der Mittelstütze hoch und dadurch in der Haupttragrichtung sehr biegesteif ausgeführt. In Querrichtung ermöglicht die grosse Fachwerkhöhe die Aufnahme von Dehnungen über eine Schrägstellung in die eine oder andere Richtung. Die Knoten der Fachwerkträger sind untereinander mittels Sekundärträger biegesteif verbunden. Diese Träger bilden ein Virendeelsystem, das jede Achseinheit in sich querstabil macht. Mit dieser Ausführungsart kann auf temperaturempfindliche Verbände verzichtet werden. Die Längsausdehnung der Halle kann über die Weichheit der Rahmenverbindung und damit leichte Schrägstellung der Fachwerke ausgeglichen werden. Die Dachflächen werden mit Rippenplatten aus Brettschichtholz gebildet. Diese Platten spannen wechselweise zwischen den Ober- und Untergurten der Fachwerkträger. Neben der Abtragung der Flächenlasten dienen sie auch als Aussteifungsscheiben zur Abtragung der horizontalen Windlasten.
Realisierung
Für die Erweiterung wurde die bestehende Fassade zur Bolligenstrasse abgebrochen, die Materialien getrennt und rezykliert. Temporäre Stahlstützen und eine Holzwand sicherten die funktionale Nutzbarkeit der Halle während der zweijährigen Bauzeit. Die Ober- und Untergurte der Shedfachwerkträger werden mit Stahlpfetten in Längsrichtung zu einer Halle verbunden. Rippenplatten aus Brettschichtholz ergänzen die Pfetten und bilden als aussteifende Scheiben schubfeste Verbindungen mit den Fachwerken. Die Verbindung der stehenden Rippen und der liegenden trapezförmigen Holzplatten wurde im Werk mittels Pressverleimung hergestellt. Um die 250 Dach- und Wandelemente möglichst ökonomisch produzieren zu können, wurden Serien von rund 30 unterschiedlichen Typen gebildet. Die Elementproduktion basiert auf einem umfassenden 3D-Modell, aus dem von Elementlisten über Maschinendaten bis hin zu Verladeplänen der Prozess der seriellen Vorfabrizierung geplant werden konnte. Die grossen Stückzahlen verlangten dazu eine ausgeklügelte Logistik. Um Zwischenlager einzusparen, wurde parallel produziert, transportiert und montiert.
Das Projekt von Penzel Valier wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2024 eingereicht und von Sabrina Hobi publiziert.