Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie UPKKJ, Basel
,
Schweiz
Veröffentlicht am 16. Februar 2021
BUR Architekten AG
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Gelassenheit und Ruhe
Das weitläufige Gelände der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel ist im September 2019 um eine Klinik für die Kinder- und Jugendpsychiatrie erweitert worden. Den 2012 offen ausgeschriebenen Wettbewerb konnten BUR Architekten aus 43 Eingaben für sich entscheiden.
Unweit der berühmten Kirche St. Anton von Karl Moser und dem Kannenfeldpark, einem ehemaligen Friedhof mit bemerkenswertem artenreichem Baumbestand, liegt im Übergang vom Wasenboden das weitläufige Gelände der Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK). Eine grosszügige Parklandschaft umfliesst die in verschiedenen Epochen und Bauetappen heterogen gewachsene Bebauungstruktur der Psychiatrischen Universitätsklinik, die ihren Anfang im Jahr 1886 nahm. Am südöstlichen Rand des Geländes, vor dem lang gestreckten, ehrwürdigen steinernen Hauptgebäude mit Mittelrisalit, erhebt sich der neue, zweigeschossige Baukörper der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Der mit tektonischen Vor- und Rücksprüngen modulierte Gebäudekörper orientiert sich an den Bauten des historischen Bestandes. Sein Massstab entspricht dem bestehenden Bebauungsmuster des Klinikareals. Der Neubau steht an der Schwelle zum Wasenboden und bedient sich in selbstverständlicher Weise am vielfältigen Angebot der umfliessenden Freiräume.
Architektonischer Ausdruck
Mit seiner plastischen Ausformulierung und seinen verspielt hochgezogenen «Ecktürmchen» schafft der Neubau eine Analogie zu den formalen Qualitäten der historischen Bauten. Grosse, raumhohe Fenster rhythmisieren die Fassade des Erdgeschosses und verknüpfen das Gebäude mit seiner Umgebung. Ein Kranz aus liegenden Fenstern im Obergeschoss und ein ausladendes Dach schliessen das Volumen nach oben hin ab. Die doppelschichtige Holzverkleidung, deren Lattung in hellem Grün- und Grauton dezent voneinander abgesetzt ist, wirkt im Zusammenspiel mit den ziegelroten Markisen und der Dachuntersicht in derselben Farbe natürlich und warm. Das leichte Holzkleid verortet sich eigenständig in den von Kiefern geprägten Landschaftsraum des Wasenbodens und schafft eine atomsphärische Einheit und Ruhe. Der eingezogene Eingangsbereich zur Wilhelm Klein-Strasse bietet Schutz und ist ganz in Ziegelrot eingetaucht. Hier spürt man bereits die Geborgenheit, die im Inneren des Gebäudes weitergeführt wird.
Räume der Genesung
Ein grosszügiges Foyer im Erdgeschoss heisst die Bewohnerinnen und Bewohner willkommen und lässt entsprechend Raum, um anzukommen. Zwei ineinander gewachsene raumhohe Zylinder strukturieren den Raum. Ein Wandbild der Textilkünstlerin Sonnhild Kestler und eine lange Bank laden zum Sitzen ein. Der Blick vom Foyer in den bemoosten weich wirkenden Innenhof beruhigt die Ankommenden. Die runden Fenster an den kurzen Seiten ermöglichen als offene Augen Ein-, Aus- und Durchblicke. Die neue Klinik bietet Raum für zwei Wohnstationen im Obergeschoss und eine Klinikschule, Therapieräume und sämtliche Räumlichkeiten für die Klinikleitung im Erdgeschoss. Die dem Eingang zugewandte Seite beinhaltet die Räume der Klinikleitung, das Sekretariat, den Versammlungsraum, den Aufenthaltsraum der Mitarbeitenden und die Bibliothek, die schützend um den polygonalen Innenhof liegen. Eine einläufige Treppe trennt die Schule und den öffentlichen Teil im Erdgeschoss und führt in die privaten Wohnbereiche der Kinder im ersten Obergeschoss.
Ein Zuhause auf Zeit
Die beiden Wohnstationen organisieren sich jeweils ringförmig um zwei innere Kernbereiche. Zwischen den beiden Stationen liegen die gemeinsam genutzten Räume, wie die Untersuchungszimmer und ein grosszügig ausformulierter Garderobenbereich, der über eine gemeinsame Aussentreppe direkt in den Garten führt. Die Wohnstation der Jugendlichen umfasst neun Zweierzimmer. Für Kinder stehen acht Zimmer zur Verfügung. Junge Menschen in Not sind hier bis zu vier Monate zu Hause. Die innere Struktur der Abteilungen wird bestimmt durch die ringförmig angelegten Erschliessungszonen, welche fliessend in die überhöhten Aufenthalts- und Spielbereiche übergehen. Diese Raumfolge verleiht den Abteilungen grosszügige und wohnliche Züge; der Eindruck von spitalartig aufgereihten Zimmern wird dadurch vermieden. Warme Materialien prägen das Innere: Bodenbeläge aus Eiche in den Schlafzimmern in Kombination mit den hell gestrichenen Decken und Wänden geben den Abteilungen eine sinnliche und robuste Stimmung. Der Fussboden des öffentlichen Bereichs im Erdgeschoss ist in geschliffenem Hartbeton gehalten. In den ringartig angelegten Räumen für Büro, Schule und Therapie tritt man auf Eichenparkett. Besonders augenfällig sind die Küchen, gestaltet mit sechseckigen Steinzeugplatten in dreierlei Farben und freiem Muster. Sämtliche Fensterrahmen sind aussen dunkelgrün und innen in einem beruhigenden und hellen Graugrün gestrichen. Einmal mehr nehmen die Farben Bezug zur Umgebung. Der umliegende Garten ist jeweils direkt über abgewinkelte Treppen mit den Wohnbereichen verbunden. In einem intensiven Austausch der Architekten, der Klinikleitung und den Mitarbeitenden der UPK entstand ein auf neueste Therapiekonzepte ausgerichtetes, sehr gut funktionierendes Gebäude, das jungen Menschen in temporär schwierigen Situationen eine angemessene Geborgenheit zu geben vermag. Freudig konnte der Neubau im September 2019 nach einigen politischen und funktionalen Anpassungen bezogen werden.
Anne Uhlmann, Architekt bei BUR Architekten, zu Holzverkleidung :
Die mineralische Holzfarbe von Keim Farben lässt die Holzverkleidung atmen und ermöglicht einen schönen Alterungsprozess. Die Holzverkleidung mit den konischen Deckleisten wandelt das Gebäude je nach Blickpunkt von einem einfarbigen in ein mehrfarbiges Gebäude.
Anne Uhlmann, Architekt bei BUR Architekten, zu Steinzeug 6eck Platten:
Die verspielte Verlegung der Hexagonplatten von Topcer in drei Farben soll einen freundlichen und frischen Raum erschaffen
und die Patienten zum Kochen ermuntern.
Text: Sibylle Hahner
Erstmals veröffentlicht im Magazin der Schweizer Baudokumentation 2021 - 2