Krematorium

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3645 Thun,
Schweiz

Veröffentlicht am 04. April 2023
Markus Schietsch Architekten GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2023

Friedhof Haupteingang Gedeckter Eingangsbereich aussen, Verbindung zum Landschaftsraum Aufenthaltsraum, Blick zum Landschaftsraum Blick in Andachtsraum Andachtsraum, Blick nach aussen Blick zu den Kremationsöfen Äusserste Raumschicht, Aufenthaltsraum Landschaftsraum

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Strättligenstrasse 14, 3645 Thun, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
10.2020
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
1
Anzahl Kellergeschosse
1
Grundstücksfläche
11'000 m²
Geschossfläche
2471 m²
Nutzfläche
1411 m²
Gebäudevolumen
10'414 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
11,5 Mio. CHF

Beschreibung

Architektur und Landschaft begegnen sich auf Augenhöhe: Das vom Architekturbüro Markus Schietsch entworfene Krematorium in Thun ist so organisiert, dass Innen- und Aussenraum scheinbar ineinander übergehen. Eine umlaufende Kolonnade macht das Gebäude zum Park hin durchlässig und bildet gleichzeitig einen Filter, der den Trauernden ein Gefühl der Geborgenheit vermittelt. Das Krematorium findet eine Sprache, die eine zeitlose, würdige Architektur zum Abschiednehmen mit betrieblicher Funktionalität verbindet. Der Neubau ist als Pavillon in den Naturraum des Friedhofs eingebettet. Das Raumprogramm in konzentrischen Raumschichten organisiert.

Ausgangslage

Auflagen zur Einhaltung der Luftreinhalteverordnung veranlassten die Stadt Thun, das Krematorium neu zu bauen und nicht zu sanieren. Neben diesen betrieblichen Bedingungen ist auch die Anzahl der Erdbestattungen seit Jahrzehnten rückläufig. Feuerbestattungen sind inzwischen der Normalfall. Auch die Abschiedsrituale haben sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Erfolgte früher der Abschied bei der Abdankung, so begleiten heute die Angehörigen die Verstorbenen oft bis zur Kremation.

Entwurfsidee

Der Neubau ist als frei stehender eingeschossiger Pavillon in den Naturraum des Friedhofs eingebettet. Anstelle einer räumlichen Abgrenzung öffnet sich der Bau zum umgebenden Landschaftsraum des Friedhofs und nimmt den Aussenraum in sein Inneres auf. Innen und aussen bleiben so stets in Bezug. Das Gebäude ist in konzentrischen Raumschichten organisiert, die von innen nach aussen in ihrer Öffentlichkeit zunehmen. Die äusserste Raumschicht wird von einem überdachten Vorbereich mit zwei zueinander versetzten Reihen aus sich verjüngenden Betonstützen gebildet. Die Stützen treten in Verbindung zu den umstehenden Eichenbäumen, öffnen das Krematorium zum Friedhof und bilden so den Ankunftsbereich für die Besucher. In der äusseren Schicht des zentralen Kerns, der das Zentrum des Krematoriums bildet, befinden sich die weiteren für die Besucher zugänglichen Räume. Entlang der Eingangshalle sind der Empfang mit Administration, Sitzungszimmer und Kontrollraum, Ofenanlage, der Ofenvorraum und die Angehörigenzimmer angeordnet. Die Aufbahrungsräume liegen zu beiden Seiten entlang der seitlichen Besuchergänge und stehen so in räumlichen Bezug zur umgebenden Friedhofsanlage. Den Aufbahrungsräumen vorgelagerte Sitznischen bieten den Besuchern einen Ort, um innezuhalten und die umgebende, baumgesäumte Landschaft zu betrachten. So entsteht ein Ort der Ruhe und Kontemplation, der sich in starkem Bezug mit dem Grünraum der Friedhofsanlage versteht.

Projektierung

Das Krematorium ist als eingeschossige Halle in Massivbauweise konzipiert und verfügt über ein partielles Untergeschoss, ausgebildet als weisse Wanne in Beton. Das Erdgeschoss ist im inneren Bereich primär in Kalksandsteinmauerwerk und im öffentlichen Bereich in Sichtbeton erstellt, was den vertikalen Lastabtrag sicherstellt. Aussteifende Betonscheiben sowie der Erschliessungskern gewährleisten die Erdbebensicherheit. Die öffentlichen Bereiche sind aus hellem Sichtbeton. Die Betonmischung besteht aus Weisszement und zusätzlichen weissen Pigmenten und wird mit dem Schalungstyp 4-1.4 in der Sichtbetonklasse S ausgeführt. Die insgesamt 101 Stützen im Aussenraum sind als Betonfertigteile hergestellt.

Besonderheiten

Das Gebäude ist nach Minergie 2016 zertifiziert. Die Abwärme der Kremationsöfen wird für die Raumheizung und die Lüftungsanlagen verwendet. Für die Kühlung der Aufbewahrungs- und Sargräume sowie des Ofenraums wird eine ökologische Grundwasserkühlung eingesetzt. Die Be- und Entlüftung wird mit einer Sturmlüftung der Öfen, Verbrennungsluft und einer Lüftungsanlage für den Gaseinführungsraum gewährleistet. Das anfallende Meteorwasser wird über das extensiv begrünte Dach der Retentionsanlage zugeführt. Die Dachflächen sind mit einer PV-Anlage (Contracting) belegt.

Der Text wurde von den Architekt*innen im Zusammenhang mit der Einreichung des Projektes für den Arc Award 2023 verfasst.

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