Leuenhof

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8001 Zürich,
Schweiz

Veröffentlicht am 03. April 2023
Tilla Theus und Partner AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2023

Aussenansicht Bahnhofstrasse Aussenansicht St. Peterstrasse/Bahnhofstrasse Innenhof mit Erdbebenertüchtigung Drohne Detail Erdbebenertüchtigung im Innenhof Schaufensterreihe St. Peterstrasse Schaufensterkubus Schaufensterkubus von Innen Ehemalige Schalterhalle Ehemalige Schalterhalle 2 Korridor Bürogeschoss Korridor Bürogeschoss 2 Lichthof Grossraumbüro mit Lichthof Aufgang zum Dachgeschoss Konferenzraum im Dachgeschoss

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Bahnhofstrasse 32, 8001 Zürich, Schweiz
Gebäudeart
Fertigstellung
11.2021
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
6 bis 10
Anzahl Kellergeschosse
2
Grundstücksfläche
35'702 m²
Geschossfläche
15'360 m²
Nutzfläche
82'602 m²
Gebäudevolumen
70'210 m³
Anzahl Arbeitsplätze
350
Parkplätze
11

Beschreibung

Der Leuenhof ist als eines der markantesten Gebäude an der Zürcher Bahnhofstrasse äusserlich unverändert geblieben. Und auch im Inneren erhielt das von Tilla Theus sanierte Gebäude seine ursprüngliche Struktur. Besonderer Blickfang ist die neue Erdbebenertüchtigung: Die dafür notwendigen Betonscheiben hätten eigentlich inmitten der denkmalgeschützten Halle stehen müssen. Stattdessen wurde diese zur Verkaufsfläche umgebaut und der «kritische Punkt» in den Hof verlegt. Dort bündelt eine fachwerkartige Stahlkonstruktion die Kräfte und leitet sie über den massiven Tresorraum im Untergeschoss ab. So ist ein Kunstwerk entstanden, das gar nicht geplant war.

Ausgangslage

Der Leuenhof entstand 1915 als Hauptsitz der früheren Bank Leu an der Zürcher Bahnhofstrasse. Zusammen mit dem benachbarten Peterhof und der Nationalbank gehört er zu den Hauptwerken der Architekten Otto und Werner Pfister und steht unter kantonalem Denkmalschutz. Zahlreiche Umbauten verunklärten die ursprüngliche Raumstruktur, die einstige Schalterhalle im Erdgeschoss hatte ihre Bedeutung eingebüsst. Mit der Sanierung wurde die originale Struktur wieder herausgearbeitet und die Schalterhalle einer neuen Nutzung zugeführt. Ein wichtiger Aspekt war zudem die Erdbebenertüchtigung.

Entwurfsidee

Etwas vom Wichtigsten in einem Gebäude ist das Raumgerüst der inneren Erschliessung. Hallen, Treppenhäuser und Korridore bilden das funktionale Rückgrat. Eine gute Erschliessung erklärt aber auch die Struktur eines Gebäudes, sorgt für Orientierung und vermittelt das gestalterische Konzept der Architekten. In diesem Bereich waren die Gebrüder Pfister Meister ihres Fachs. Doch vor der Sanierung war davon im Leuenhof kaum mehr etwas zu spüren: Die grosszügigen Korridore waren zu schmalen Gängen geschrumpft. Mit dem Umbau sollte die ursprüngliche Raumstruktur der Erschliessung wieder hergestellt werden. Die Korridore erhielten ihre Breite zurück und wurden neu bis an die Fassade geführt. Verglasungen zwischen den Korridor und Sitzungszimmern wurden wieder hergestellt, sodass das Tageslicht auch im Innersten spürbar ist.
Im Erdgeschoss wurden die 2010 eingefügten Raumunterteilungen wieder entfernt, sodass die historische Schalterhalle mit ihren angrenzenden Bereichen wieder die einstige Grosszügigkeit ausstrahlt. Diese prachtvolle Schalterhalle wurde in eine repräsentative Verkaufsfläche umgenutzt, während in den Obergeschossen wieder eine Bank ihre Büros eingerichtet hat.

Projektierung

Bis heute überraschen am Werk der Gebrüder Pfister immer wieder die sorgfältige Gestaltung auch des kleinsten Details und die handwerkliche Qualität der Ausführung. Detektivische Kleinarbeit, alte Fotos und Pläne erlaubten es, neben der Raumstruktur auch die einstige Atmosphäre wieder herzustellen. Dies gilt nicht nur für die in ihrer Substanz weitgehend erhaltene Schalterhalle im Erdgeschoss, sondern auch für die stellenweise stark beeinträchtigten Korridore in den Obergeschossen.
Neben den gestalterischen und denkmalpflegerischen Aspekten galt es auch, das Gebäude technisch auf den neusten Stand zu bringen. Dazu gehören feuerpolizeilich einwandfreie und gestalterisch qualitätsvolle Brandabschlüsse in den Korridoren, Kühl- und Lüftungsdecken in den Büros, aber auch die Nutzbarmachung der einstigen Schalterhalle für den Verkauf. Dazu wurden die banktypischen Vergitterungen der Fenster im Erdgeschoss partiell geöffnet und Schaufensterboxen durchstossen die Gitter.
Wie bei den meisten Altbauten war auch beim Leuenhof die Erdbebenertüchtigung ein wichtiges Thema. Dank der Verlagerung der dafür nötigen Konstruktion in den Hof wurde die Vorgabe der Denkmalpflege erfüllt, die bestehende Gebäudestruktur nicht mit zusätzlichen Wandscheiben zu beeinträchtigen.

Besonderheiten

Eine besondere Rolle im Entwurfsprozess spielte die Erdbebenertüchtigung. Gemäss den ersten Berechnungen des Ingenieurs wären die dafür nötigen Betonscheiben mitten in der geschützten Schalterhalle zu stehen gekommen. In intensiver Zusammenarbeit zwischen Architektin und Ingenieuren gelang es, den «kritischen Punkt» in den Hof zu verlegen und dort mit einer fachwerkartigen Stahlstruktur alle Kräfte zu sammeln und schliesslich über den massiven Tresor im Untergeschoss abzuleiten. Dadurch entstand im Hof gleichzeitig ein Kunstprojekt, das gar nicht als solches konzipiert war. Heute steht es dort als Zeichen dafür, dass der Leuenhof nur scheinbar unverändert in die Zukunft geführt wurde.

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