«Maison Climat» Seelandweg

 
2503 Biel/Bienne,
Schweiz

Veröffentlicht am 01. April 2022
Bürgi Schärer Architekten AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2022

Fassade PV Fassade Aussentreppe Fassade Eckansicht Fassade Balkone Fassade Loggien Fassaden Frontal Süd Laubengang Regelgeschoss Fassade Frontal Nord Innenraum Decke Innenraum Raumabfolge Innenraum Mittelraum Innenraum Küche Laubengang Mansardengeschoss

Projektdaten

Basisdaten

Projektkategorie
Fertigstellung
02.2022
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Anzahl Kellergeschosse
1
Anzahl Wohnungen
20
Grundstücksfläche
1393 m²
Geschossfläche
2352 m²
Nutzfläche
2450 m²
Gebäudevolumen
7600 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
7,6 Mio. CHF
Parkplätze
10

Beschreibung

Das «Maison Climat» mit 20 Mietwohnungen verbindet gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Aspekte der Nachhaltigkeit. Der Holzbau im Minergie-A-Standard sorgt durch innere Siedlungsentwicklung und typologische, räumliche und technische Einfachheit für Vielfalt und eine Quartieridentität.

Ausgangslage

Nachhaltigkeit in drei Dimensionen – Gesellschaft, Wirtschaft, Umwelt – war für die Bauherrschaft zentral. Auf dem Areal am Seelandweg im Madretschquartier in Biel mit zwei aufgrund eines Brandes baufälligen Mehrfamilienhäusern suchten in einem Studienauftrag Teams aus Architektur und Holzbau nach neuen Lösungen. Dabei sollte die innere Siedlungsentwicklung zukunftsfähige und klimagerechte Projekte für eine vielfältige Bewohnerschaft hervorbringen. Ökologische und energetische Kriterien sowie Holzbauweise galt es genauso zu erreichen wie günstige Mietzinsen und eine adäquate Rendite.

Entwurfsidee

Das Projekt nimmt die stadträumliche Struktur und die Massstäblichkeit des Quartiers auf und setzt diese im Sinne einer inneren Siedlungsentwicklung weiter. Der viergeschossige Ersatzneubau (drei Voll- und ein Mansardengeschoss) definiert als Nord-Süd ausgerichtete Zeile sowohl einen Übergang zwischen unterschiedlichen Bauvolumen als auch zwischen gewerblichen, kulturellen und Wohnnutzungen und verortet sich als Ankerpunkt einer zukünftigen Transformation des Quartiers.
Im «Maison Climat» wird nachhaltiges Bauen über die Balance zwischen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Aspekten gesucht und konkrete Mehrwerte in der Einfachheit und Suffizienz geschaffen. Auf städtebaulicher und architektonischer Ebene bedeutet dies konkret: Weniger Ressourcenverbrauch durch Transformation, kluge, jedoch eng geschnittene Grundrisse, die qualitativen Wohnraum bieten und doch deutlich unter dem durchschnittlichen schweizerischen Wohnflächenbedarf liegen. Die Holzbauweise nutzt zudem den natürlichen und nachwachsenden Baustoff effizient und trägt einen wichtigen Teil zur Klimaneutralität bei. Einfachheit und Suffizienz bedeuten zudem weniger Energieverbrauch und weniger Bau- und Mietkosten. Dies schafft klare Mehrwerte sowohl für die Bewohnenden als auch für die Bauherrschaft – und darüber hinaus hoffentlich auch ein gesundes Stadtklima, gelebte Nachbarschaft und eine nachhaltige Baukultur.

Projektierung

Das Gebäude ist modular aufgebaut und umfasst 20 Wohnungen mit 2.5- bis 4.5-Zimmern innerhalb eines additiven Rastersystems, das hohe Raumvielfalt ermöglicht. Eine Laubengang- und Erschliessungszone im Norden schafft einen attraktiven Raum zwischen öffentlich und privat. Die Südfassade wird von vorgelagerten Balkonen und Aufenthaltsbereichen sowie schattenspendender und die Biodiversität fördernder Fassadenbegrünung bestimmt. Alle Wohnungen enthalten zudem baugleiche vorgefertigte Bad- sowie Küchenmodule.
Das «Maison Climat» sucht in der Typologie und Konstruktion nach Einfachheit, Dauerhaftigkeit und Langlebigkeit, was sich in Formgebung, Materialisierung und im Ausdruck widerspiegelt. Die Aussenwände des auf einem Betonsockel errichteten vorfabrizierten Holzbaus sind aus einer mehrschichtigen Dämmung von 30 Zentimetern gefertigt, innen mit Gipsfaserplatten und aussen mit vorbewitterter Fichtenschalung verkleidet. Die Wände bestehen aus Brettschichtplatten respektive Holz, die Decken aus unten sichtbaren Massivholzelementen. Die vorspringenden Kaskadentreppen und Balkone sind in Metall ausgeführt. Einspringende Elemente wie die Laubengänge und Loggien schaffen mit farbigen Wänden einen gestalterischen Kontrast zur vorvergrauten Fassade. Die energetische Versorgung des nach Minergie-A zertifizierten Plusenergiehauses erfolgt über eine integrierte, flächenbündige PV-Anlage auf dem Mansardendach sowie eine Erdwärmesonde. Für Elektroautos stehen Ladestationen zur Verfügung.

Realisierung

Dank klaren Projektvorgaben seitens der Bauherrschaft sowie einer interdisziplinären und integralen Planung mit kurzen und effizienten Entscheidungswegen konnte die Planungs- und Realisierungszeit zügig vorangetrieben werden. Aufgrund des Studienauftrags mit mehreren Teams fiel die Wahl Ende Dezember 2019 auf das Architekturbüro Bürgi Schärer Architekten AG respektive die Totalunternehmung Beer Holzhaus AG. Bauprojekt, Baueingabe und Ausführungsplanung erfolgten zwischen Januar 2020 und April 2021 und die Realisierung erstreckte sich auf den sehr kurzen Zeitraum zwischen April 2021 und Februar 2022.
Der hohe Vorfabrikationsgrad aufgrund der Verwendung von Holzelementen und der innovative Ansatz, fertig installierte Bad- sowie Küchenmodulen einzusetzen, ermöglichten nicht nur eine schnelle Bauzeit, sondern auch eine wirtschaftliche Bauweise, die trotzdem den hohen Gestaltungsansprüchen gerecht wird.

Besonderheiten

Weitere bauliche Besonderheiten illustrieren das holistische Verständnis von Nachhaltigkeit: Mit der Integration der PV-Anlage im und auf dem Mansarddach, in den Dachaufbauten resp. Loggias sowie auf Teilen der Südfassade konnten energetische und gestalterische Ansprüche kombiniert werden. Die vorvergraute Fassade, die dunkle Faserzementeindeckung der Mansarden und die analoge Farbgebung der PV-Module harmonieren im Gesamtbild. Gemeinsam mit der tektonischen Ausbildung der Fassade und der Farb- und Materialkombination von Vor- und Rücksprüngen schafft die komplexe Einfachheit des «Maison Climat» eine selbstverständliche Identität.
Ein weiteres wichtiges Element des klimagerechten Bauens umfasst den Kontext: Trotz hoher baulicher Dichte wird im «Maison Climat» ein Aussen- und Zwischenraum geschaffen, der eine sehr hohe Biodiversität ermöglicht: Sicker- und retensionsfähige Böden, naturnahe und standortgerechte Bepflanzungen, Fassadenbegrünung – und selbstverständlich hohe Aneignungs- und Nutzungsmöglichkeiten für die Bewohnenden.
Aufgrund der Nähe zum Stadtzentrum und zum Bieler Bahnhof sowie einer guten Quartiervernetzung konnte ein Mobilitätskonzept umgesetzt werden, welches 0,5 Parkplätze pro Wohnung anbietet, die alle mit Elektroanschluss ausgerüstet sind. Ein grosser überdeckter Bereich für 50 Velos, der zugleich raumbildend den Zugang definiert, unterstreicht die zukunftsfähige Mobilität.

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