Naturgefahrenlabor Andelfingen

 
8450 Andelfingen,
Schweiz

Veröffentlicht am 19. Februar 2025
Vincenzo Cangemi
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

Westansicht Naturgefahrenlabor Südansicht Wasserturm und Flutungsrampe  Wasserturm aussen Wasserturm innen Retentionsbecken Westansicht Naturgefahrenlabor Südansicht Wasserturm Nordwestansicht Wasserturm und Schneideplatz Nordostansicht Wasserturm Wasserturm aussen Wasserturm aussen Wasserverteilraum

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Niederfeldstrasse 3, 8450 Andelfingen, Schweiz
Projektkategorie
Gebäudeart
Fertigstellung
11.2024

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Anzahl Kellergeschosse
2
Grundstücksfläche
29'225 m²
Geschossfläche
550 m²
Nutzfläche
195 m²
Gebäudevolumen
2070 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
6,5 Mio. CHF

Beschreibung

Das neue Naturgefahrenlabor Zürich in Andelfingen dient zur Simulation von unterschiedlichen Hochwassersituationen und kann realitätsnah in Bezug auf Wassergefahren bespielt werden. Mit einem Wasserturm ausgestattet, dient dieser als Auffangbecken für Meteorwasser, mit dem gewährleistet werden soll, jeden Bereich der Anlage fluten zu können. Bei jeder Entleerung des Wasserspeichers wird die Wasserturbine angetrieben und produziert 28 kWh Strom. Dieser Strom wird auf drei Batterien übergeleitet und gespeichert. Am Ende der Trümmerpiste wird das Wasser filtriert. Das gefilterte Wasser, wird mit einer Wasserpumpe in den Wasserturm geführt. Durch Synergie wird die Wasserpumpe mit eigen produziertem Strom angetrieben.

Sinnvoller Einsatz von Beton
Die konkaven Schalen werden auf Druck beansprucht und funktionieren wie 48 kleine Staumauern. Die sich in den Ecken konzentrierenden Kräfte werden durch sechs vorgespannte Betongurte zurückgebunden. Um genügend Wasser zur Verfügung zu stellen und um realitätsnahe Fliessgeschwindigkeiten zu erhalten, wird das Wasser im Turm gespeichert. Von diesem aus werden die Übungsflächen geflutet. Diese bestehen aus verschiedenen Innenräumen, in denen eine statische Überflutung simuliert werden kann und aus einer Rampe, welche dynamisch geflutet wird. Zusätzlich kann die Strasse, die zur Trümmerpiste führt, bei der Simulation miteinbezogen werden. Nach jedem Übungsdurchlauf wird das Wasser im Retentionsbecken gefasst und in den Turm zurückgeführt. Somit wird immer wieder dasselbe Wasser gebraucht, was nachhaltig Ressourcen schont.
Der Neubau ist als Massivbau in schlaff bewehrtem Ortbeton gebaut. Die Tragkonstruktion des Wasserturmes besteht aus einem Schalentragwerk und aus Zugringen. Die Wandstärke der Schalen beträgt 12 Zentimeter im Feldbereich und somit wird durch diese Formgebung der Betonverbrauch um das Fünffache reduziert. Durch die gewählte Form mit den Druckgewölben sowie durch die konstruktive Massnahme der Vorspanntechnik, werden der Beton und auch die Risse und die Rissbreiten auf ein Minimum reduziert.

Materialspezifische Innovationen und interdisziplinäre Ansätze
Die 48 Schalen sind auf Druck beansprucht, analog zu einer Staumauer. Die Schwerter bilden das Auflager für die Schalen. Die Kräfte werden dann auf die Ringe abgeleitet. Diese sind auf Zug beansprucht und binden die Kräfte zurück. Die Form ergibt sich durch den innovativen Einsatz dieser Elemente, mit dem Ziel, die Materialstärken auf das Minimum zu reduzieren. Die Kräfte übertragen sich logisch von Bauteil zu Bauteil, sind auf dem Fassadenbild ablesbar und bilden den architektonischen Ausdruck.
Der Abstand zwischen den Zugringen ist affin zur Druckbeanspruchung durch die Belastung des Wassers. Diese nimmt durch den Hydrostatischen Druck von oben nach unten zu. Für die auf Druck beanspruchten Schalen hat diese Tatsache eine geringe Auswirkung, für die Zugringe ist es jedoch von entscheidender Bedeutung. Im unteren Bereich ist der Abstand zwischen den Zugringen klein, im oberen Bereich nehmen die Kräfte ab und die Zugringe werden folgerichtig in einem grösseren Abstand angeordnet.

Ortsspezifische Gestaltung und räumliche Konzeption
Auf dem Gelände des Ausbildungszentrums wurden in den vergangenen Jahren diverse Trainingseinrichtungen gebaut. Die Übungsanlagen ermöglichen eine vielseitige Ausbildung für Feuerwehr, Militär, Polizei Zivilschutz und generell Rettungseinheiten. Das Naturgefahrenlabor dient als Bühne für Übungen für Hochwasserereignisse und ergänzt die bestehenden Infrastrukturen auf dem Areal. Die Thematisierung von Gefahrenprozessen, potenziellen Schäden und möglichen Schutzkonzepten stehen im Vordergrund.
Die Flutungsanlage wurde als Übungsstätte im Umgang mit Naturgefahren konzipiert. Das wichtigste architektonische Element des Bauwerks ist der Wasserturm. Die konkaven Schalen werden auf Druck beansprucht und funktionieren wie 48 kleine Staumauern. Die sich in den Ecken konzentrierenden Kräfte werden durch sechs vorgespannte Betongurte zurückgebunden. So wird der Kräfteverlauf elegant über die Formgebung geführt und erlaubt eine um 80 Prozent reduziert Materialstärke.

Durchdachtes Tragwerk
Die zwei Untergeschosse sind als Massivbau in schlaff bewehrtem Ortbeton konstruiert. Die Tragkonstruktion des Wasserturmes ist als vorgespanntes Schalentragwerk mit Zugringen ausgebildet. Die Wandstärke der Schalen beträgt, trotz der enormen Beanspruchung auf Druck, nur 12 Zentimeter im Feldbereich. Im Bereich der Überlappung werden die Schalen ausgerundet und vertikal vorgespannt. Die Stärke der Zugringe beträgt 30 Zentimeter.
Die Struktur ist nachhaltig und erfordert keine Unterhaltsarbeiten. Die Flexibilität ist gross, dank der Prüfungsergebnisse, die an Gebäudeteilen durchgeführt werden können, trägt diese Struktur zur Nachhaltigkeit zukünftiger Bauten bei.

Das Projekt von Cangemi Architekten wurde für den Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Elisa Schreiner publiziert. 

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