Netzstützpunkt und Unterwerk Oerlikon

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8050 Zürich,
Schweiz

Veröffentlicht am 30. März 2016
illiz architektur GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2016

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Eduard-Imhofstrasse 3-5, 8050 Zürich, Schweiz
Fertigstellung
08.2016
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Anzahl Kellergeschosse
mehr als 2
Grundstücksfläche
8495 m²
Geschossfläche
4568 m²
Nutzfläche
3620 m²
Gebäudevolumen
24'103 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
25,1 Mio. CHF
Anzahl Arbeitsplätze
45
Parkplätze
19

Beschreibung

Neubau Unterwerk und Netzstützpunkt Oerlikon: Einblicke in die spannungsgeladene Zürcher Unterwelt

Ein steigender Verbrauch, aber auch dezentrale Einspeisungen und in der Folge zunehmende Verbrauchsschwankungen – das sind einige der aktuellen Herausforderungen an die Verteilung von elektrischer Energie. Die Betreiber sind gefordert, sich diesen veränderten Bedingungen zu stellen und investieren in den Ausbau und die Leistungsfähigkeit ihrer elektrischen Verteilnetze. Selbstbewusst und mit dem Wunsch, die smarte Stromtechnologie für die Öffentlichkeit erlebbar zu machen, setzen die Elektrizitätswerke Zürich (ewz) bei dem Neubau des ewz Unterwerkes in Zürich Oerlikon auf ein unkonventionelles Konzept: Der Bauherr möchte die kostbare Investition nicht unter der Erde verstecken, sondern der Öffentlichkeit – trotz aller nötigen Sicherheitsmassnahmen – zugänglich machen.

Unterirdisch und mittendrin
Ein Umspannwerk dient der Einspeisung bzw. der Transformation von elektrischer Energie verschiedener Spannungsebenen. Die bestehende Freiluftschaltanlage an der Binzmühlestrasse konnte den Anforderungen des 21. Jahrhunderts nicht mehr gerecht werden. 1949 zwischen Fabrik- und Maschinenhallen errichtet, befindet sich das Areal heute inmitten eines der grössten innerstädtischen Stadtumbaugebiete der Schweiz. So wird das neue Unterwerk inklusive Transformatoren, Schaltanlagen und der dazugehörigen Infrastruktur kompakt und flächensparend unter die Erde verlegt. Mit drei Untergeschossen reicht das Gebäude an seiner tiefsten Stelle 13 Meter unter den Grundwasserspiegel. Um Standortsynergien zu nutzen, wird das Unterwerk um einen zweigeschossigen Netzstützpunkt ergänzt. Dieser dient als Werkhof für Montagearbeiten am Netz des ewz.

Das Büro illiz architektur aus Zürich und Wien entwickelte in der Wettbewerbsphase für die Bauaufgabe die Idee des «Guckkastens» – ein Gebäude, das ähnlich den gleichnamigen Vorbildern des 18. Jahrhunderts ein Gehäuse für fremde und unbekannte Welten bildet, die der Besucher im Inneren erspähen kann. Der 12 Meter hohe unterirdische Schaltanlagenraum erhebt sich als erleuchteter Kasten um einige Meter über die Oberfläche, sodass Passanten in der Tiefe seines Inneren und im «Bauch» des Gebäudes dessen Herzstück, die 150 kV Hochspannungsschaltanlage, erblicken können.

Architektur vereint mit Technik und Kunst
Ein Kunst und Bau-Projekt des Schweizer Künstlers Yves Netzhammer inszeniert diesen Raum. Er verkleidete die begrenzenden Wände des Guckkastens mit einer multimedialen Spiegelinstallation («Der gefangene Floh»), in der Betrachter und elektrotechnische Anlagen in einer scheinbar ins unendliche gespiegelten Szene verschmelzen. Zwischen Haupteingang und Guckkasten spannt sich ein unterirdischer Ausstellungsweg entlang von Transformatoren und Rohrblöcken auf. Einmal hinab getaucht, wandern die Besucher entlang des diffus grün leuchtenden, acht Meter hohen Transformatorganges, dessen massive perforierten Betonwände Einblicke in Trafozellen und Schalträume schaffen – immer begleitet von einem dezenten Summen. Diese «Gucklöcher» zur Technikwelt streuen sich über die Wandoberflächen wie ein Schwarm, der den Besucher auf seinem Weg durch das Unterwerk begleitet. Vom lichtdurchfluteten Haupteingang hinunter durch das Treppenhaus und über die Trafoempore hinweg eröffnen sich immer neue Blickwinkel in die verschiedenen Räume der elektrotechnischen Anlagen. Die Zugänge zu diesen Räumen verlangten zu Sicherheitszwecken nach einer eindeutigen und durch ewz vorgegebenen Farbgestaltung. Als Hintergrund für die Signalfarben in rot und orange dient ein Grünton, der als Lasur sämtliche Sichtbetonoberflächen des Unterwerks überhaucht und den Innenraum in eine entrückte, fast unwirkliche Atmosphäre taucht.

ewz Werkzeugkasten im Rhythmus der Stadt
Das dem Unterwerk aufgesetzte zweigeschossige Werkhofgebäude dient den Monteuren des ewz als Stützpunkt für ihre Montage- und Servicearbeiten am elektrischen Verteilnetz in der Stadt. Während der Nacht erscheint der Netzstützpunkt als geschlossener, dunkler Monolith. Zu Beginn des Arbeitstages jedoch öffnet sich das Gebäude wie ein gewaltiger Werkzeugkasten. Grosse Teile der schiefergrauen Zinkfassade falten aus der Gebäudehülle heraus und erweitern den Arbeitsbereich des Stützpunktes in das umgebende Gelände. Die horizontal faltenden Elemente bilden im Erdgeschoss grossflächige Tore zur Fahrzeugeinstellhalle. Im Obergeschoss dienen sie als Sonnenschutzläden für die Büroräume des Netzstützpunkts. Mit fliessenden Bewegungen wandelt sich der Eindruck des Gebäudes im Rhythmus der Tagesabläufe und macht die Arbeitsprozesse in und um den Stützpunkt für die Stadt sichtbar. Über Tore, Fenster und geschlossene Fassadenflächen hinweg läuft ein durchgehendes, irisierendes Lochmuster, welches die gesamte Gebäudehülle bestimmt: Die perforierten, patinierten Zinkblechkassetten überziehen selbst lüftungstechnische Einbauten und Schutzeinrichtungen, welche aus dem Unterwerk an die Oberfläche dringen. Die hinter der Hülle verborgene Funktion wird erst erkennbar, wenn sich der Netzstützpunkt zu Beginn des Tages öffnet. Nur die grossen Verglasungen von Haupteingang und Guckkasten durchbrechen die dunkle Hülle des Gebäudes und zeichnen sich durch massive, grün eingefärbte Betonrahmen ab. Der Eingang als Anfang und der Guckkasten als Ziel des unterirdischen Ausstellungsweges bilden auch an der Oberfläche zwei markante Gegenstücke, die aus dem zurückhaltenden Gebäudevolumen heraustreten.

Herausforderungen an die Architektur
Das komplexe Planungsteam aus Ingenieuren und Architekten, Starkstromexperten, Haustechnikern, Grafikern und einem Künstler koordinierte die Prozesse in und um das Gebäude, um den Sicherheitsauflagen sowie den allfälligen Zutrittskonzepten gerecht zu werden. Dabei war ein Spagat zwischen der Erwartung eines uneingeschränkt dem Zweck dienenden Infrastrukturbaus und den räumlichen, atmosphärischen und künstlerischen Zielen der Architektur zu bewältigen. Als Ergebnis dieser engen, produktiven Zusammenarbeit gestaltete das Team auch Komponenten, die unter «normalen» Umständen kaum zur Gestaltungsaufgabe geworden wären: Technische Ausstattungen wie Kabelrohrblöcke, Kran- und Schienenanlagen sowie die elektrotechnische Gebäudeausrüstung fanden Eingang in das Gestaltungskonzept und so zu einer formale Einheit mit der Architektur.

Realisierung

Ein Umspannwerk dient der Einspeisung beziehungsweise der Transformation von elektrischer Energie verschiedener Spannungsebenen. Die bestehende Freiluftschaltanlage an der Binzmühlestrasse konnte den Anforderungen des 21. Jahrhunderts nicht mehr gerecht werden. Das Büro illiz architektur aus Zürich und Wien entwickelte in der Wettbewerbsphase für die Bauaufgabe die Idee des «Guckkastens» – ein Gebäude, das ein Gehäuse für fremde und unbekannte Welten bildet, die der Besucher im Inneren erspähen kann. Zwischen Haupteingang und Guckkasten spannt sich ein unterirdischer Ausstellungsweg entlang von Transformatoren und Rohrblöcken auf. Einmal hinab getaucht, wandern die Besucher entlang des diffus grün leuchtenden, acht Meter hohen Transformatorganges, dessen massive perforierten Betonwände Einblicke in Trafozellen und Schalträume schaffen, immer begleitet von einem dezenten Summen. Diese «Gucklöcher» zur Technikwelt streuen sich über die Wandoberflächen wie ein Schwarm, der den Besucher auf seinem Weg durch das Unterwerk begleitet.

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