Post Hotel Löwe

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7455 Mulegns,
Schweiz

Veröffentlicht am 24. März 2025
Anja Diener c/o Nova Fundaziun Origen
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

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Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Veia Gelgia 89, 7455 Mulegns, Schweiz
Fertigstellung
06.2024
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Anzahl Kellergeschosse
2
Nutzfläche
1840 m²
Parkplätze
20
Anzahl Betten
14

Beschreibung

Das Post Hotel Löwe ist eines der ältesten Hotels Graubündens. Seine Anfänge liegen im frühen 19. Jahrhundert. Die einfache Herberge an der alten Julierpassstrasse wurde im Laufe der Jahrzehnte zum noblen Haus für vornehme Touristen umgebaut. Wer bis zum Bau der Rhätischen Bahn ins Engadin fahren wollte, musste in Mulegns übernachten oder zumindest einkehren, bis die Pferde ausgewechselt waren. Entsprechend illuster ist die Gästeliste des Hauses. In Mulegns übernachteten Staatsoberhäupter, Nobelpreisträger, Zarenwitwen und Kronprinzessinnen. Mit dem Bau der RhB-Albulalinie und dem Ausbruch des ersten Weltkrieges brach das kleine Hotelimperium zusammen. Das einzigartige Ensemble drohte zu verfallen, Regenwasser drang in die historischen Räume, die Fassaden bröckelten, die alte Küche drohte in den Bergbach zu fallen. Die letzten Besitzer, die das Haus liebevoll gepflegt haben, konnten es nicht länger erhalten. Das grosse Hotel-Ensemble, das aus zwei Schmieden, weiten Pferdeställen, einer stattlichen Wagenremise, einem kleinen Elektrizitätswerk und einem schmucken Telegrafenamt besteht, schien dem Verfall geweiht.

Das fast vollständig erhaltene Ensemble ist von grossem historischem Wert und kulturgeschichtlicher Bedeutung. Zum ursprünglichen Bestand des Post Hotel Löwe gehört das stattliche Hauptgebäude an der Julierstrasse. 1897 erstellte der Architekt Nikolaus Hartmann den sogenannten Neubau, der eine elegante Zimmersuite und einen prächtigen Jugendstilsaal birgt. Das Postgebäude mit dem roten Fachwerk beherbergte die Poststelle und einige Zimmer für Bedienstete. An den Neubau wurde 1909 ein kleines Elektrizitätswerk angebaut, das den Hotelkomplex mit Strom versorgte. Anstelle des heutigen Parkplatzes stand eine geräumige Wagenremise, darunter befanden sich die Pferdeställe. Zur Fuhrhalterei in Mulegns gehörten bis zu hundert Pferde. Ein Bauernhof versorgte das Hotel mit Milch, Butter, Käse, Gemüse und Fleisch. Das Zaumzeug wurde in einem eigens errichteten Gebäude aufbewahrt. In der Schmiede am Dorfrand wurden die Pferde beschlagen. Zwei weitere grosse Stallungen beherbergten Pferde, Kühe und Kleinvieh. Das Post Hotel Löwe funktionierte weitgehend autark und umsorgte die Gäste auf hohem Niveau.

Als die Kulturstiftung Nova Fundaziun Origen im Jahr 2019 das Haus erwarb, wurden sofort die dringendsten Renovationsmassnahmen initiiert. Die Dächer wurden saniert, die Fassaden hergerichtet, alle Leitungen für Wasser und Strom neu verlegt, ein sicherer Brandschutz installiert. Alle historischen Bestände wurden sorgfältig dokumentiert, die zahlreichen Dokumente archiviert.

Mit Martin Leuthold wurde ein Gestalter gefunden, der die historische Substanz als Inspirationsquelle nutzte und ein heiteres Hoteltheater entworfen hat, das einzigartig, detailverliebt und froh zeitgenössisches Kunsthandwerk zelebriert. Mit der Eröffnung des Hotel Löwe im Sommer 2024 kehrt neues Leben ins Dorf zurück. Im Hotel wird wieder gekocht, gespiesen, gespielt, gefeiert, auch ein wenig geruht. Damit wird weitergeführt, was schon seit Jahrhunderten bestand: Die Mulegnser Geschichte ist geprägt vom Passverkehr, von beherzter Gastfreundschaft, von kühnem Pioniertum, von vitaler Hoffnung. Mulegns hat seinen alten Motor wieder, der sozialer Treffpunkt, theatrale Kulisse und verlässlicher Arbeitgeber ist.

Zuerst wurde das historische Inventar gesichtet, sortiert und archiviert. Die Geschichten und Provenienzen der Gäste, aber auch die im Haus vorgefundenen Stoffe wie historische Tischteppiche, Kissen und Materialreste wie Tapeten und Linolboden-Stücke waren für die Gestaltung der neuen Räume ausschlaggebend. Generell gleicht die Renovation des Hauses einer «Entdeckungsreise»: Sondagen an Wänden, Decken, Böden haben neue und wesentliche Erkenntnisse und Grundlagen für die nächsten baulichen Entscheidungen geliefert. Das Team um Martin Leuthold liess sich stets von den Gegebenheiten leiten und auch umentscheiden. So war der schöne Dielenboden in der St. Petersburg Suite erst nach dem Rückbau des beschädigten Linolbodens zum Vorschein getreten und wurde entsprechend restauriert. Generell waren Bemusterungen und Modelle in 1:1 direkt vor Ort wesentliche Instrumente für die gestalterische Umsetzung.

Während der rund vierjährigen Bauphase konnten in den temporären Betrieben von Hotel und Restaurant während der Sommermonate wichtige Erfahrungen für den späteren Jahresbetrieb gesammelt werden. Im Mittelpunkt des Aufenthaltes steht das Erlebnis der reichen Geschichte von Mulegns und der kulturellen Programme von Origen. Im Hotel Löwe erfahren Gäste einen lebendigen Kultur- und einen zeitgemässen Hotelbetrieb in historischen Mauern. Ein Zuhause auf Zeit, mit einem persönlichen Ambiente, ungezwungene Gastfreundschaft, unaufdringliche Professionalität und einen inspirierenden Ort, der die Belle Époque auf eigene Art wieder aufleben lässt. Kulinarisch bietet der Löwe eine frei interpretierte, unkomplizierte, aber qualitativ hochstehende Küche, geprägt vom Ort und den lokalen Produkten.

Das Projekt der Kulturstiftung Nova Fundaziun Origen wurde im Rahmen des Swiss Arc Award eingereicht und von Elisa Schreiner publiziert. Die in Riom im Val Surses ansässige Stiftung hat sich als Trägerin des Wakkerpreises 2018 zum Ziel gesetzt, das grosse Erbe von Mulegns zu bewahren.

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