Umbau Ankerhaus im Centre Albert Anker

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3232 Ins,
Schweiz

Veröffentlicht am 03. April 2025
Atelier Marcel Hegg
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

Das Albert Anker-Haus Überblick auf Kunstpavillon und Ankerhaus Lager- und Ausstellungsraum Lagerschubladen und Präsentationsnischen Haupteingang Centre Albert Anker Empfangsraum im ehemaligen Tenn Dauerausstellung im Dachraum Dauerausstellung auf erster Bühne Einblick in die Dauerausstellung Eingang zum historischen Atelier von Albert Anker Historischer Salon im Ankerhaus Zugang zum neuen Kunstpavillon Kunstpavillon und hist. Künstlerhaus

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Müntschemiergasse 7, 3232 Ins, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
05.2024
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
2
Anzahl Kellergeschosse
1
Grundstücksfläche
3009 m²
Geschossfläche
1365 m²
Nutzfläche
760 m²
Gebäudevolumen
5100 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
4,7 Mio. CHF

Beschreibung

Im Centre Albert Anker werden Besucher*innen auf eine einzigartige Zeitreise mitgenommen. Das Atelier von Albert Anker scheint, als hätte der Künstler den Raum soeben verlassen. Der unversehrte Zustand und die grosse Dichte an Kunst- und Zeitzeugnissen sowie die authentischen Wohnräume einer gutbürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts bilden die Hauptattraktion im Centre Albert Anker. Damit dieses Kulturgut in eine sichere Zukunft überführt werden konnte, entschied die Stiftung Albert Anker-Haus  das Ankerhaus zu sanieren und mit neuen Empfangsräumen, einer Dauerausstellung über das Leben von Albert Anker, einer neuen Betriebswohnung für den Hauswart sowie mit dem neuen Kunstpavillon im Garten einen sicheren Aufbewahrungsort für die eigene Sammlung zu realisieren.

Szenografie und Architektur sind im Ankerhaus untrennbar miteinander verschmolzen. Die Ausstellungskörper sind Erschliessung, Vermittlungsräume und Raumskulptur zugleich. Die neuen Einbauten sind frei in den historischen Ökonomieteil gesetzt und bilden einen respektvollen Dialog. Die historische Struktur wurde bewahrt, gereinigt und wo notwendig mit gleichen Materialien und Handwerkskunst ergänzt. Der Stampflehmboden im Tenn wurde entsprechend der Überlieferung beim Bau von 1803 in gleicher Manier mit Musik und stampfenden Füssen neu eingebracht. Ein Beispiel für das Weiterschreiben der zahlreichen Geschichten im Ankerhaus.

Ausführlicher Beschreibungstext
Geschichte bewahren, Geschichten erleben. Das Albert Anker-Haus und das Leben der Familie Anker ist umfangreich dokumentiert. Die Transformation zum Centre Albert Anker bewahrt die Spuren und Zeichen seiner Zeit, lässt die Geschichte sichtbar werden und ein Dialog zwischen den Jahrhunderten entfaltet sich.
Beim Umbau des Ankerhauses wurde der primäre Fokus auf die Wahrung der Authentizität und des Zaubers seiner Vergangenheit gelegt. Patina, Kratzer, Verletzungen, Verfärbungen wurden als wichtige Zeitdokumente bewahrt, grösstenteils lediglich sanft gereinigt und durch Inszenierung sichtbar gemacht. Wo notwendig erfolgten Reparaturarbeiten und Instandstellungen, jedoch nach traditioneller Handwerksmanier und mit entsprechendem Material. Die neuen Einbauten lösen sich vom Bestand und bringen eine neue Schärfe und Modernität in das 222 Jahre alte Gebäude. Dabei wird auch die weltoffene und moderne Geisteshaltung Albert Ankers widerspiegelt. Die neuen architektonischen Elemente sollen dabei helfen, den Mensch und Künstler Anker in einem neuen Licht wahrzunehmen.  
Die Dramaturgie in der Raumabfolge war ein zentrales Entwurfsthema für das ganze Centre Albert Anker. Die zahlreichen unterschiedlichen Räume schaffen einen spannungsvollen und überraschenden Rundgang. Enge dichte Räume wechseln sich mit weiten offenen Räumen, Kontraste in der Materialität, unterschiedliche Lichtqualitäten, Einblicke, Durchblicke, Ausblicke. Das Wandeln durch die Räume des Centre Albert Anker wird zu einer Reise durch Raum und Zeit.
Auch dem Weg zum Kunstpavillon und das Eintauchen in das Gebäude liegen bewusste, dramaturgische Überlegungen zu Grunde. Beim Durchschreiten des Empfangsraumes im Ankerhaus und dem Eintreten in den Garten, war das Erhalten des Zaubers aus den Zeiten Ankers von zentraler Bedeutung. Der Neubau konnte in der nordöstlichen Ecke versteckt platziert werden und taucht erst bei halber Strecke langsam auf. Dadurch entsteht ein spannungsvoller Dialog zwischen den beiden Bauwerken. Die erhöhte Lage des Kunstpavillons und seine abgedrehte Lage erzeugen einen tempelhaften Ausdruck. Eine Mischung aus Tempel und Speichergebäude bilden die primären Analogien im Entwurf, um den Kunst- und Kulturgütern von Albert Anker einen würdigen Rahmen zu schaffen.
Die Gebäudehülle des Kunstpavillons besteht aus einer Vollholzkonstruktion. Die Bauweise aus 50cm dicken, verdübelten Holzwänden ist eine Hommage an die Einfachheit der Speicherbauten und schafft durch ihr träges Verhalten ein konstantes Klima im Innenraum. Die Faszination am Vollholz war die Motivation die Fassadengestaltung als «Architecture parlante» auszubilden. Durch das Vor- und Zurückspringen der einzelnen Schichten und das Zelebrieren der Dübel als Ornament wird dem Besucher die einfache Konstruktion der Aussenwand näher gebracht und schafft zugleich eine Spannung in der Perspektive. Das der Eingang in den Lager-/Ausstellungsraum an der Kurzseite platziert wurde, hat ebenfalls mit dem Erleben der Fassade und dem Laubenraum zu tun und würdigt die Architektur.
Sämtliches Holz beim Kunstpavillon wurde als Mondholz geerntet. Das Eichenholz stammt aus den Wäldern des Seelands, das Tannenholz aus den Wäldern des Trubs im Emmental. Als Wertschätzung des Materials wurde der gesamte Prozess dokumentiert. Von der Baumauswahl mit den Waldbesitzern, über das Fällen, Trocknen, Sagen, Verarbeiten, Versetzen auf dem Bau bis hin zu einer speziellen Führung mit den Waldbesitzern am fertigen Objekt. Ein ehrfürchtiger, haushälterischer und respektvoller Umgang mit dem Holz, seiner Herkunft und der Zeit, welche im Material steckt, waren wichtige Faktoren in der Projektumsetzung. Die Eichen waren rund 150 Jahre alt und vielleicht ist sogar Albert Anker diesen Bäumen bei einem Spaziergang im Wald begegnet.
Der Hauptraum des Kunstpavillons wird geprägt durch die 56 Schubladen zur Lagerung der Grafiken von Albert Anker. Das Fugenbild wird zum Thema des Raumes und bildet das umlaufende Brusttäfer. Der Innenraum wird dominiert durch die unbehandelte Eiche und den dunklen Himmel, welcher durch die reduzierte Beleuchtung den Fokus auf die Kunstwerke lenkt. Die Gitterwände an den Längsseiten sind eine Interpretation der Lagerung in Kunstdepots und schaffen einen einfachen und unterhaltslosen Bildwechsel. Durch die Vollholzhülle ist der Raum von der Umwelt abgeschlossen. Weder Lärm noch Elektrostrahlung dringt in den Innenraum und zusammen mit der mystischen Atmosphäre ensteht ein einzigartiger Augenblick des Innehaltens.  

Prolog Kunstpavillon 
Auch der neue Kunstpavillon knüpft an die Traditionen von früher an, interpretiert die Typologie des Speichers und übersetzt diese in eine zeitgenössische Architektursprache. Der zentrale geschlossene Raumkörper in Vollholz, das Abheben des Lagerraumes vom Terrain, der Steinblock vor dem Gebäude, das ausladende Vordach, die umlaufende Laube und die homogene Bauweise in Holz sind wichtige Elemente des Entwurfs. Die schräglaufenden Streben der Laube binden das Gebäude zusammen, ermöglichen eine grazile Leichtigkeit im Garten und erzeugen eine starke, zeichenhafte Ausstrahlung mit Wiedererkennungswert für das Centre Albert Anker. Der Lager- und Ausstellungsraum bildet das Herz des Kunstpavillons und schafft mit seiner Vollholzhülle ein konstantes, sicheres Klima. Das reduzierte Licht mit Fokus auf die Kunstobjekte erzeugt eine mystische Atmosphäre und schützt die lichtempfindlichen Werke auf Papier. Der Raum strahlt Ruhe aus und die Zeit scheint stehen zu bleiben. Ein Innehalten für die Kunst Albert Ankers. 

Das Projekt von Atelier Marcel Hegg wurde für den Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Elisa Schreiner publiziert.

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