Umgebauter Werkhof, Freiburg

 
1700 Fribourg,
Schweiz

Veröffentlicht am 28. Oktober 2019
Bakker & Blanc Architectes Associés Sàrl

Dieser Stich von Martin Martini ist ein Auszug aus einer Karte der Stadt Freiburg aus dem Jahre 1606. Erste Arbeitsschritte bei der Umgestaltung des Werkhofes.  Nach dem verheerenden Brand  von 1998 war das Gebäude nur noch  eine grosse leere Hülle mit einem Gesamtvolumen von 12 860 m3. Die eigentliche Herkules-Aufgabe dieses grossartigen Projektes bestand im Ausbau der Inneren des Gebäudes. Es wurde vollständig isoliert und mit Gips ausgekleidet. Der Zugang zum Gebäude  erfolgt durch eine kleine Holztür. Wie bei einem Frachtschiff,  wird dieser von einer Reihe von V-förmigen Stützen Metall getragen. Im ersten Stock befindet  sich das Quartierzentrum.  Bei Bedarf steht ein Gemeinschaftssaal mit massgeschneiderten Möbeln aus MDF zur Verfügung.  Der Unterboden besteht  aus geschliffenem Beton. Das Treppenhaus  ist 1,50 m breit. Das  Geländer ist wie bei  einem Frachtschiff mit einem Handlauf aus Rohstahl und Eiche versehen.

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Werkhof - Espace 1606, Planche-Inférieure 14, 1700 Fribourg, Schweiz
Projektkategorie
Fertigstellung
06.2017

Beschreibung

Den Geist des Ortes bewahren

In der Freiburger Unterstadt ist der für neue Nutzungen umgebaute Werkhof ein exemplarisches Beispiel für einen Ansatz, der sowohl die Geschichte der Anlage als auch und das bestehende Erbe respektiert.

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts vom Stadtstaat Freiburg erbaut, wurde dieses alte Gebäude als Materiallager genutzt. Zusammen mit dem kleinen Werkhof beherbergte es eine Werft, die den Export lokaler Produkte an den Rhein ermöglichte. Nach dem Brand von 1998 wurde das Gebäude nur minimal restauriert, ohne ihm eine neue Nutzung zuzuweisen. Die letzte architektonische Intervention ist das Ergebnis eines parallelen Studienauftrags. Man entschied sich für das Lausanner Architekturbüro BABL / Bakker & Blanc, mit dem Ziel, den Innenraum des Werkhofes unter grösstmöglicher Wahrung des Ortsgeistes zu gestalten. Das Architekturbüro BABL/ Bakker & Blanc schlug für die Restaurierung eine andere Vorgehensweise vor: Dabei ging es darum, das alte Gebäude so zu sanieren, dass die Architektur das Bestehende zwar berücksichtigt, aber gleichzeitig ein zeitgenössisches Werk kreiert. Das Architektenteam stellte sich der Herausforderung, die sich aus den Vorgaben des Programms ergab, und so ein massgeschneidertes Gebäude mit neutralen Räumen und Austausch- und Gemeinschaftsräumen mit hohem Mehrwert anbieten kann.

Architektonische Lösung getreu dem alten Muster
Dieser Gebäudetyp mit seinem besonderen Charme gehört zum historischen Erbe der Stadt Freiburg. Die Metamorphose erforderte daher verschiedene aufwendige Umbauten an der Aussenseite. So wurde beispielsweise das Fachwerk der Fassade und im Innenbereich, das bei dem Brand teilweise zerstört wurde, rekonstruiert. Das bestehende Gebäude wurde in seiner ursprünglichen Struktur belassen, sodass die verschiedenen historischen Etappen sichtbar blieben und an die ständigen Nutzungsänderungen des Gebäudes erinnern. In die Gebäudehülle, die nach dem Brand leer stand, schrieben die Architekten einen neuen Betonkörper ein. Dieser wird von einer Reihe V-förmigen Metallstützen getragen, da die alte Konstruktion aus Molasse sich nicht dazu eignet, die Last des neu konzipierten Volumens aufzunehmen. Von diesem vielseitig nutzbaren Raum, der sowohl als Aussen- wie Innenraum gelesen werden kann, erreicht man über eine von der Decke herabhängenden Treppe die darüber liegenden Stockwerke.

Eine angemessene programmatische Einstellung
Auch das Interieur ist sehr interessant, und die Programmgestaltung im neuen Gebäude ist so konzipiert, dass man alle Ebenen gut durchlaufen kann. Um das 44 Meter hohe Volumen des Gebäudes optimal zu nutzen, haben sich die Architekten darauf konzentriert, neue Volumen zu schaffen. Alle Räume wurden verschiedenartig gestaltet, damit verschiedene Ambiete entstehen, die ihrer Nutzung entsprechen. Das Hauptaugenmerk bei der Sanierung dieses Gebäudes lag vor allem dabei, kostengünstig zu bauen, vor allem in Hinsicht auf die Baumaterialien. Sie sind einfach, erfüllen aber ihre Funktion, wie beispielsweise Gipskartonplatten zur Aufteilung neuer Volumina oder Tischlerarbeiten aus MDF. Damit wurde das Gebäude mit einer Fläche von 2300 Quadratmetern sehr funktional und eignet sich für neue Nutzungen, welche auf vier Ebenen verteilt sind. Der durchgespannte Freiraum im Erdgeschoss bestimmt den ersten Bauabschnitt des Werkhofs. Hier finden unter anderem ausserschulische Aktivitäten statt, die von zwei Vereinen geleitet werden und sich im ersten Stock der Schulungsräume befinden. Im zweiten Stockwerk ein Raum speziell für das Freiburger Stadtmodell geschaffen, das nach einem Stich von Martin Martini aus dem Jahre 1606 reproduziert wurde. Auch auf der zweiten Etage befindet sich neben dem Modellbereich ein Mehrzweckraum mit einer modernen Küche und Aufbewahrungsräumer mobiler Infrastrukturen. Um diesen Raum auch als Konferenzraum nutzen zu können, ist er multimedial ausgestattet. Im dritten Stock befindet sich ein temporärer Ausstellungsraum, in dem Kunstwerke aufgehängt werden können. Mit einer Gesamtfläche von 160 Quadratmetern und einer Höhe von über 10 Metern ist dieser Ausstellungsraum ideal, um grosse Kunstwerke oder Objekte oder auch weitere Aktivitäten in Szene zu setzen.

Der sorgfältig restaurierte Werkhof ist heute ein dynamischer, lebendiger, geselliger und pädagogischer Raum- gewissermassen die Summe dessen was ein zeitgenössisches Projekt ausmacht.

Text: Renzo Stroscio

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