Umbau und Sanierung Weissensteingut
,
Schweiz
Veröffentlicht am 24. März 2022
W2H Architekten AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2022
Projektdaten
Basisdaten
Gebäudedaten nach SIA 416
Beschreibung
Mit gemeinschaftlichen Nutzungen und der Geschäftsstelle der EBG sowie Wohnraum für «Wohnen im Alter» ist ein Zentrum in der Siedlung für unterschiedliche Altersgruppen entstanden. Der Einbau von Wohnraum im Dachraum des ehemaligen Ökonomieteils folgt der Absicht der inneren Verdichtung.
Ausgangslage
Die 1919–25 erstelle Eisenbahner-Siedlung Weissenstein ist eine der bedeutendsten genossenschaftlichen Gartenstadt-Siedlungen der Schweiz. Das ehemalige Gutshaus aus dem Jahre 1761 wurde 1920 durch die EBG gekauft, durch den Architekten Franz Trachsel umgebaut und mit dem neuen Südflügel, welcher sich in Stil und Material geschickt dem Herrschaftshaus anpasst, erweitert. Im bestehenden Obergeschoss des Ökonomieteils wurden Wohnungen eingebaut, im Erdgeschoss entstanden Lebensmittelgeschäfte. Nach weiteren Anpassungen und Veränderungen erhielten wir 2016 den Auftrag für die Gesamtsanierung.
Entwurfsidee
Zentral ausgerichtet auf die Dübystrasse verweist das Weissensteingut auf seine prägnante Rolle in der Siedlung. Mit gemeinschaftlichen Nutzungen und der Geschäftsstelle der EBG im Mittelhaus sowie Wohnraum für «Wohnen im Alter» im Südflügel soll ein einladendes Zentrum in der Siedlung für unterschiedliche Altersgruppen entstehen.
Der imposante Dachraum wurde bisher mit Mansardenzimmern und Estrichräumen genutzt. Zwei zimmergrosse Lichtschächte leiteten Tageslicht bis in die Wohnungen des 1. Obergeschosses. Das Thema des Lichthofes wurde aufgenommen und als weiterentwickeltes Element, welches sich in seiner Geometrie deutlich vom Bestand abgrenzt, angewendet. Dank der polygonalen Form wirken die neuen Eingangshallen als eigenständige, in den Dachraum hineingestellte Körper. Die vorgefundene Grosszügigkeit des Dachraums bleibt erhalten und erlebbar. Offen sichtbar bleibt die historische, primäre Dachtragkonstruktion, die Decken und Wände erhalten eine Bekleidung in hellem Fichtenholz. Zusammen bilden die Elemente eine raumprägende, atmosphärische Kraft.
Projektierung
Parallel zur Projektierung erfolgten partizipative Veranstaltungen, moderiert von Dencity, dem Kompetenzzentrum Urbane Entwicklung und Mobilität der BFH. Der Bedarf nach Flächen zur genossenschaftlichen Aneignung im Erdgeschoss wurde bestätigt und liess sich in das Raumprogramm integrieren. Unterstützung zur Förderung von Wohn- und Betreuungsangeboten fürs Älterwerden fand das Projekt zudem durch die Age-Stiftung.
Realisierung
Entlang vom Mittelhaus belgeitet eine neue, leichte Stahlkonstruktion die Westfassade und stellt bisher nicht vorhandenen Aussenraum für die grosszügigen Wohnungen im ersten Obergeschoss zur Verfügung. Grössere Fenster im Erdgeschoss und die Rekonstruktion von Fassadenelemente, führen das Mittelhaus zu einer Einheit zusammen. Der Eintritt in das Gebäude erfolgt ab dem neu entwickelten Zugang in der Verlängerung der alleegesäumten Dübystrasse. Zuzüglich der genossenschaftlich genutzten Flächen im Erdgeschoss entstand im Untergeschoss ein neuer Veranstaltungs- und Lagerraum.
Im Südflügel wurden durch den Lichtschach ein neuer Aufzug geführt und die auskragenden Balkone vergrössert. Beide Massnahmen dienen dem «Wohnen im Alter». Die bestehenden Mansardenzimmer werden zu einer neuen, attraktiven Wohnung ausgebaut.
Unsere Arbeit war geprägt von einem ständigen Abwägen zwischen dem Erhalt von historischen oder noch intakten Bauteilen und dem Entwerfen von neuen Elementen unter der Wahrung der Wertschätzung gegenüber dem historischen Bauwerk. Gefundene Ornament- und Farbfragmente vergangener Zeiten konnten zusammen mit den neuen Elementen zu einem stimmigen Bild zusammengefügt werden.
Besonderheiten
Folgende fünf Aussagen prägten unsere Arbeit und das Projekt wesentlich und fassen den Kern des Projektes zusammen:
- Spurensuche zusammen mit der Denkmalpflege in Archiven und am Objekt
- Partizipative Veranstaltungen schärfen den Bedarf und die Akzeptanz der genossenschaftlichen, zentralen Räume
- Erweiterung des Wohnangebotes innerhalb der Eisenbahnersiedlung mit Wohnraum für das Älterwerden
- Die Umnutzung des imposanten Dachraumes visualisiert einen Schnitt durch zweihundertfünfzig Jahre Baugeschichte
- Ständiges Abwägen zwischen Erhalt von historischen oder noch intakten Bauteilen und Entwerfen von neuen Elementen unter der Wahrung der Wertschätzung gegenüber dem historischen Bauwerk