Umgestaltung und Renovation St.Peterskapelle Luzern

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6004 Luzern,
Schweiz

Veröffentlicht am 28. September 2020
Durrer Architekten AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2021

Ansicht Empore mit klassisch angeordneten Bankreihen Ansicht Peterskapelle mit Kapellbrücke Ansicht Eingangsfassade Neue Einblicke (Fenster in neuer Vitrine) Eingangssequenz und Windfang Ansicht zum Chor ohne Bankreihen Andachtsnische und Votivkerzenhalter Ansicht Seelsorgezimmer und 'Studiolo' Detailansicht 'Studiolo' Holzfaltwerk unter Empore Detailansicht Ambo und Osterkerze Detailansicht neuer Leuchtkörper Umbau Sakristei Neuer Arbeitsraum über Sakristei Ansicht Chor (Vorzustand)

Projektdaten

Basisdaten

Projektkategorie
Fertigstellung
12.2018
Links

Beschreibung

Umgestaltung und Renovation St. Peterskapelle Luzern.
Projektwettbewerb auf Präqualifikation 2016
Wettbewerbsteam: Durrer Architekten/ Christian Kathriner (Bildender Künstler)/ Wendel Odermatt (Restaurator)/ Christian Deuber (Lichtplaner)
Umsetzung: Durrer Architekten/ Christian Kathriner

Ausgangslage

Die Peterskapelle ist die älteste Kirche auf dem Stadtgebiet von Luzern und Namensgeber der Kapellbrücke. Im Zuge einer anstehenden Renovation und umfassenden Sanierung nutzte die Katholische Kirche der Stadt Luzern die Gelegenheit, in der Peterskapelle eine 'Citypastoral' zu integrieren. Der Innenraum soll mehrere, teils widersprüchliche, Nutzungen ermöglichen. Er soll Ort der Stille und der Begegnung sein; für Lesungen, Theater oder Ausstellungen genutzt werden; weiterhin kulturelles Denkmal bleiben und ein würdiger, sakraler Raum für alle Formen von Eucharistie und Gottesdienst bieten.

Entwurfsidee

Das im Wettbewerb mit dem Kennwort 'Passepartout' bezeichnete Projekt sucht mit wenigen, sorgfältig bemessenen Massnahmen aus der überfüllten, unruhigen und in Teilstücke parzellierten Kirche einen stimmigen Raum zu formen, welcher die verschiedenen Bedürfnisse und Anforderungen in einer angemessenen Gestaltung und Materialisierung erfüllen und in Einklang bringen kann.
Der Entwurf fusst auf drei markante Eingriffe: der Nivellierung des Bodens auf zwei Niveaus (Kirchenschiff und Vorchor/Chor), der Umgestaltung der Eingangszone unter der Empore durch einen möbelhaften Holzeinbau sowie den Ersatz der fixen Bankreihen durch mobile, zusammenklappbare Kurzbänke.
Der Boden wird durch einen, in traditioneller Handarbeit eingebrachten, fugenlosen dunkelgrauen Terrazzo ersetzt. Dadurch wirkt einerseits der Raum in sich ruhiger, andererseits entfällt eine der beiden Stufen zum Chor hin, womit beim Altar eine grosszügige, zusammenhängende Fläche entsteht, welche Schiff und Chor optisch näher rückt und den neuen Zelebrationsaltar vor dem Chorbogen selbstverständlich ins Zentrum stellt. Die präzise Anordnung der neuen liturgischen Hauptstücke (Altar, Ambo, Osterkerze, Sedien) schafft eine ausgewogene Spannung - deren Gestaltung und Materialisierung ist von grosser Eigenständigkeit, nimmt aber gleichzeitig mehrschichtig Bezug auf die bestehende Altargruppe und auf das neue, dreiteilige Holzfaltwerk unter der Empore.

Projektierung

Das neue Holzfaltwerk wirkt wie ein Vorhang, der zum einen verbirgt, zum anderen fasst: Eingang, Treppenaufgang, Beichtstuhl und der Rückzugsraum für Seelsorge und Besinnung verschwinden hinter der gleichzeitig konstruktiv wie auch ornamental anmutenden Lamellenfaltung der beiden seitlichen Einbauten. Die Seitenkapelle mit der Pietà und der Präsenzplatz für das Team der Citypastoral (Studiolo) sind jeweils aussen angeordnet, einladend offen und würdig gefasst in Spiegelfurnier. Mittig wird durch einen axial positionierten, halbrunden Paravent ein Windfang gebildet, welcher die Besucher in einer dramaturgisch inszenierten, fliessenden Bewegung seitlich in den Hauptraum führt und gleichzeitig dem Taufstein einen würdigen Platz in der Achse zum Zelebrationsaltar bietet. Die Auszeichnung des Studiolos durch ein kleines, in die Westwand geschlagenes (und an der Fassade in die neue Vitrine integriertes) Fenster ist zusammen mit dem Neonschweif über dem Eingang das einzige von Aussen sichtbare Zeichen für die Umgestaltung des Innenraums.
Um eine grösstmögliche Flexibilität in der Nutzung des Kirchenschiffs zu ermöglichen, wurden eigens für die Peterskapelle mobile Bänke entworfen und ausgeführt. Diese bieten jeweils Platz für drei Personen, können dank ihrer reduzierten Länge schnell in unterschiedliche Konfigurationen zusammengestellt und durch ein kommodes Zusammenklappen einfach transportiert und platzsparend gelagert werden.

Realisierung

Die vier laternenartigen Leuchtkörper im Kirchenschiff wurden ebenfalls spezifisch für die neue Raumdisposition und die unterschiedlichen Nutzungen entworfen. Sie nehmen durch ihre Positionierung und Ausrichtung Bezug auf den nahezu quadratischen Zentralraum zwischen Empore und Chor, erlauben durch individuelle Aktivierung ihrer unterschiedlich breiten Lamellenflächen differenzierte Lichtstimmungen und korrespondieren durch das mattweisse Opalglas und die konvex-konkav gerundeten Lamellen mit der inneren Raumschale und dem mächtigen umlaufenden Gesims.

Der Anspruch, die gewünschte Auffrischung, die programmatische Öffnung und technische Ertüchtigung in Einklang zu bringen mit den baulichen Gegebenheiten, dem Alterswert und dem Denkmalcharakter der Peterskapelle, zieht sich durch sämtliche Eingriffe und gestalterische Entscheidungen. So kann durch eine angemessene Gestaltung und Materialisierung der Charakter einer schlichten und intimen Kapelle beibehalten und mit einem 'Glanz edler Einfachheit' versehen werden - gleichzeitig wird durch die Ergänzungen und der Überführung in ein zeitgemässes Erscheinungsbild eine neue Bedeutungsschicht in den historischen Bestand der 'Chapelle' integriert. Die Peterskapelle bleibt so weiterhin und noch verstärkt ein Brennpunkt geschichtlicher, politischer und kulturgeschichtlicher Ausstrahlung in der Stadt Luzern.

Besonderheiten

Neben der Umgestaltung des Innenraums wurde auch die gesamte Peterskapelle einer umfassenden Renovation, Umbau und technischen Erneuerung unterzogen. So wurde die Sakristei ausgebaut und im oberen Stock mit Arbeitsplätzen für die Seelsorger der Citypastoral ausgerüstet, dabei konnten teilweise auch Wand- und Deckenfragmente aus früheren Bauepochen freigelegt und restauriert werden. Auch die gesamte Aussenhülle mit den Wandgemälden, dem 'Ölbergrelief' und dem in Sandstein gefassten Eingangsportal wurde fachgerecht renoviert und restauriert. Die Tragkonstruktion und das Gebälke im Dachstuhl wurde an mehreren Stellen repariert und ergänzt, dafür die Ziegeleindeckung abgedeckt und wo nötig mit historischen Ziegeln ergänzt. Zur Steigerung der Behaglichkeit wurde die bestehende Warmluftheizung ersetzt (die Luftauslässe seitlich in den ehemaligen Beichtstuhlnischen geführt und im neuen Marmorsockel integriert), unter dem neuen Terrazzobelag eine Bodenheizung und im Dachstuhl eine Lüftung mit Wärmerückgewinnung eingebaut.

Die Planung und Gestaltung des gesamten Projekts erfolgte in integraler Zusammenarbeit mit dem bildenden Künstler Christian Kathriner, welcher als Mitverfasser fungiert.

192208898