Umnutzung Fabrik Bühler Areal

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8482 Illnau-Effretikon,
Schweiz

Veröffentlicht am 08. April 2024
RWPA GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2024

Fabrik Bühler Areal Süd-West-Fassade Saum Eingangshalle Eingangshalle Parking Garderoben Halle Pausenraum mit Balkon Pausenraum Erschliessung Erschliessung

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Bühler-Areal 23, 8482 Illnau-Effretikon, Schweiz
Fertigstellung
06.2023
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Anzahl Kellergeschosse
1
Grundstücksfläche
21'380 m²
Geschossfläche
24'400 m²
Nutzfläche
21'900 m²
Gebäudevolumen
105'344 m³
Gebäudekosten (BKP 2)
15,0 Mio. CHF
Anzahl Arbeitsplätze
120
Parkplätze
90

Beschreibung

Die Architekt*innen von RWPA haben in Winterthur eine ehemalige Textilfabrik umgenutzt. Dabei haben sie so viel von der bestehenden Bausubstanz erhalten, wie möglich. Wer nach dem Umbau eine generische Industriearchitektur erwartet, wird überrascht: Mit viel Kreativität wurde aus dem Bestand unter Einsatz von analogen Materialien und erfrischenden Farben ein inspirierender, zeitgemässer Gewerbebau geschaffen.

Ausgangslage

Die idyllisch an der Töss gelegene Textilfabrik mit dem Gebäude 1 sowie der Spinnerei 2 und 3 aus den 1980er-Jahren verloren im Zuge des Sterbens der Textilindustrie der Schweiz ihre Funktion. Die jetzige Transformation – gesteuert von der Hermann Bühler AG – wurde nach der Planerwahl strukturiert und mit Behörden und Nachbarn zusammen vom Masterplan bis zur Vermietung innert sechs Jahren realisiert.

Entwurfsidee

Das Kredo war: so viel wie möglich belassen und so wenig wie nötig addieren. Die neuen Funktionen sollten der jeweiligen Form folgen. Das Spinnereigebäude aus den 1980er-Jahren ist funktional strukturiert: drei Hallen, zwei davon gestapelt, wurden durch einen Lateralbau verbunden. Die grossen Hallen mit je 3500 Quadratmetern Grundfläche (zusammen rund zwei Fussballfelder gross), wurden durch den kleinteiligen Servicetrakt mit Infrastruktureinrichtungen versorgt. Die Transformation erfolgte primär mit drei Massnahmen: Erstens wurde die Gebäudehülle teilweise geöffnet und energetisch saniert, wobei ihr spezifischer Charakter mit analogen Elementen ergänzt und pointiert wurde. Zweitens wurden neue Erschliessungsachsen – sowohl im Aussenraum als auch in den Hallen – zoniert und verbinden und organisieren die variabel einteilbaren Nutzflächen. Drittens wurde der sogenannte Klimaturm II zum neuen Eingang und sozialräumlichen Zentrum des divers genutzten Gebäudes. Die Treppen verbinden die Längskorridore, die ins ehemalige Technikgeschoss eingebaute Parkgarage, die Garderobe, das Sitzungszimmer und den Pausenraum für alle sowie die öffentliche Dachterrasse.

Projektierung

Neben der funktionalen Struktur, welche dem Bestand als neuer Layer hinzugefügt wurde, war die Schaffung von Sozialräumen von grosser Wichtigkeit. Ein Moment zur Bildung von Aufenthaltsqualität und Identitätsbildung: Eingangshalle, Garderoben-Duschen-Raum, Sitzungszimmer, Pausenbereich mit Küche und Balkon sowie Dachterrasse. Nutzungsvielfalt bedeutet natürliche Belichtung und Belüftung. So wurden die Eternit-Canaleta-Platten verkleideten Fassadenflächen im Rhythmus der Hallenstruktur geöffnet. Die Hallen bieten zusammen mit dem Servicetrakt eine grosse Anzahl Optionen für unterschiedlichste Gewerbeflächen, welche eine hohe Diversität an Nutzenden verspricht. Wo bestehende Strukturen nicht bereits eine wirtschaftliche Einheit definierten, wurden die Mieteinheiten mit rückbaubaren Leichtbauwänden unterteilt. Die rück- und wiederaufbaubare Montage der Wände ermöglicht eine langfristige Variabilität der Nutzung insbesondere der grossen Hallenbereiche. Der gleichen Idee der Adaptierbarkeit folgen die offen montierten haustechnischen Installationen. Ziel war eine ungezwungene Schönheit: Der Bestand ergänzt mit analogen Materialien, mit neuen Farben kontrastiert und durch verfremdete Elemente pointiert. Dazu ein rechteckiger Saum, der die Fabrik umspannt. Offene und geschlossene Gittersteine, horizontal und vertikal verlegt verwischen Anschlüsse und schaffen ökologische Ausgleichsflächen. Ergänzend zeichnen Stahlpavillons an drei Arealecken.

Realisierung

Die Atmosphäre des Fabrikareals sollte bleiben. So wurden viele Elemente an Ort und Stelle weiterverwendet. Einzelne Materialien wurden auf dem Areal gesammelt und wiederverwendet. Fassaden- und Zementplatten, Heizkörper, Waschtröge und Stahlprofilen wurden – neu zusammengefügt und verzinkt – zu Leuchten und Pavillons im Freiraum. Im arealeigenen Wasserkraftwerk wird Energie produziert. Diese klimafreundliche Stromproduktion wird neu durch eine grossflächige PV-Anlage auf dem Dach der Fabrik ergänzt. Zudem wurde mittels Fernwärmeanschluss und energetischer Sanierung der Gebäudehülle der Energieverbrauch stark reduziert. Trotz Eigenständigkeit des Fabrikareals im ländlichen Umfeld beginnen sich Verbindungen zur Nachbarschaft aufzubauen. Erst kürzlich bekundete das benachbarte Bauernpaar, dass Sie öfters die Schaukel an der Nordwest-Ecke des Areals nutzend, die neue Perspektive auf ihr Zuhause und die Kyburg schätzen und sich über die erfolgte Entwicklung des Areals entgegen der anfänglichen Skepsis freuen.

Das Projekt von RWPA wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2024 eingereicht und von Sabrina Hobi publiziert.
Einen umfassenden Bericht zur Umnutzung der Fabrik auf dem Bühler Areal finden Sie zudem in Arc Mag 2024–5. Lösen Sie schon jetzt ein Abo, um es nicht zu verpassen: swiss-arc.ch/de/service/magazin-bestellen

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