Ausbau des Kissling-Turms am Stammsitz der NZZ

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8008 Zürich,
Schweiz

Veröffentlicht am 09. April 2025
CHSCHIEBER Interior Design GmbH
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

Grafische Lichtdecke Nutzungskonzept Vortrag Sicht aus dem Erker Nutzungskonzept Lesung Erker Licht und Durchblick Garderobe Entrée Entrée mit Lift Entrée Akustik im historischen Element Treppendetail Treppendurchbruch Treppe Dachterrasse

Projektdaten

Basisdaten

Lage des Objektes
Falkenstrasse 11, 8008 Zürich, Schweiz
Fertigstellung
03.2022
Links

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
3 bis 5
Anzahl Kellergeschosse
1
Nutzfläche
250 m²

Beschreibung

Im Herzen Zürichs, am traditionsreichen Stammsitz der Neuen Zürcher Zeitung am Bellevue, wurde der sogenannte Kissling-Turm – ein bis dahin ungenutzter Dachraum – behutsam und zugleich zukunftsorientiert in einen multifunktionalen Ort des Austauschs und der Begegnung verwandelt. Der Turm, als markanter Eckturm beziehungsweise hoher Erker Teil der historischen Dachlandschaft, barg unter seiner Hülle eine konstruktive Holzkonstruktion in klassischer Zimmermannskunst – ein sichtbares Zeugnis der ursprünglichen Bauzeit des Hauses. Was bislang als Lagerfläche diente, wurde mit hoher gestalterischer und technischer Sorgfalt in einen flexibel nutzbaren Raum für Meetings, Lesungen, Workshops und sogar sportliche Aktivitäten umgewandelt. Ziel war es, die besondere architektonische Qualität des Ortes nicht nur zu bewahren, sondern als atmosphärisches Potenzial in die neue Nutzung zu überführen.

Der Ausbau stellte hohe Anforderungen an Klimatisierung und Akustik – nicht zuletzt wegen der exponierten Lage im Dachgeschoss und der angestrebten Kapazität von bis zu fünfzig Personen. Die Integration technischer Systeme – insbesondere die Einbringung einer leistungsfähigen Klimaanlage in die Dachschrägen – erfolgte in sensibler Abstimmung mit dem denkmalgeschützten Holztragwerk. Auch akustische Maßnahmen wurden gezielt auf die räumliche Struktur abgestimmt, ohne den historischen Charakter zu kompromittieren. Ein zentrales Anliegen war zudem die Neugestaltung der inneren Erschliessung. Die bestehende Zugangssituation wurde zugunsten einer klareren Raumorganisation überarbeitet, wodurch der Turm funktional und gestalterisch in eine neue Ordnung eingebettet werden konnte.

Das entwickelte Material- und Lichtkonzept zeugt von einer tiefen Auseinandersetzung mit dem Bestand. Die eingesetzten Materialien reagieren zurückhaltend auf die historische Substanz, ohne sich ihr unterzuordnen. So bringt ein hochwertiger Eichenparkett Wärme und Ruhe in den Raum, während die Dachschrägen mit einem akustisch wirksamen, fein geglätteten Putz versehen wurden. Die historische Holzkonstruktion wird gezielt mit einer eigens darauf abgestimmten Beleuchtung akzentuiert und in ihrer archaischen Schönheit inszeniert. Die technische Infrastruktur bleibt dezent im Hintergrund, während ausgewählte Details – etwa an Türen und Treppen – mit feiner Zurückhaltung überzeugen. Das Ergebnis ist ein Raum, der aus der Geschichte schöpft, ohne in ihr zu verharren – ein Ort, der Gegenwart und Zukunft mit architektonischer Präzision und grosser Sensibilität zusammenführt.

Der Ausbau des sogenannten Kissling-Turms im Dachgeschoss des NZZ-Hauptsitzes in Zürich stellte eine ebenso anspruchsvolle wie besondere Bauaufgabe dar: Ein bisher ungenutzter Raum mit markanter Holzkonstruktion sollte in einen multifunktionalen Ort transformiert werden – ohne dabei den historischen Charakter zu verlieren. Was diese Bauaufgabe besonders macht, ist die Verbindung aus denkmalgeschützter Substanz, versteckter Raumqualität und den hohen Anforderungen an heutige Nutzungsvielfalt. Der Raum sollte künftig Meetings, Lesungen, Workshops und sogar körperliche Aktivitäten ermöglichen – ein Spannungsfeld, das funktionale, klimatische und atmosphärische Aspekte gleichermassen in den Fokus rückte. Unsere Überlegungen zielten von Beginn an auf eine Architektur der Zurückhaltung: Das historische Zimmermannshandwerk blieb sichtbar und wurde durch gezielte Eingriffe in Szene gesetzt – durch ein minimalistisches Lichtkonzept, ruhige Oberflächen, präzise gesetzte Materialien. Die Inspiration lag in der vorhandenen Struktur selbst: Die Tragwerke aus massiver Eiche, die Dachschrägen, das Lichtspiel – all das sollte nicht überformt, sondern gestärkt werden.

Der Standort – mitten im Herzen Zürichs, über dem historischen Redaktionsgebäude der NZZ – und der identitätsstiftende Bestand bestimmten den Entwurf wesentlich. Das Raumklima, die Belichtung, die Akustik und die Erschliessung mussten neu gedacht werden, ohne die Substanz zu kompromittieren. Die Herausforderung bestand darin, Modernisierung mit maximaler Zurückhaltung zu verbinden. Die Nutzenden – Redaktor*innen, Kreative, Mitarbeitende – brachten frühzeitig vielfältige Anforderungen ein. Ihr Wunsch nach einem offenen, inspirierenden Raum ohne festgelegte Nutzungsszenarien beeinflusste die architektonische Sprache massgeblich. Flexibilität, Komfort und ein gewisses Mass an Intimität standen im Vordergrund.

Der Kissling-Turm fügt sich nahtlos in die Reihe unserer bisherigen Arbeiten ein, die sich durch den sensiblen Umgang mit historischen Strukturen, präziser Detaillierung und der Suche nach atmosphärischer Klarheit auszeichnen. Im Laufe des Projekts gab es durchaus Richtungsänderungen – etwa bei der Frage, wie intensiv Technik sichtbar sein darf oder wie viel akustische Absorption notwendig ist, ohne den Raum klanglich zu entwerten. Die Lösungen entstanden aus einem iterativen Dialog mit der Bauherrschaft und der Denkmalpflege. Aktuelle Themen wie Raumklimatisierung, energieeffiziente Beleuchtung oder die Reduktion technischer Eingriffe auf das Wesentliche haben das Projekt deutlich beeinflusst – ohne plakativ zu wirken. Ein zentrales Material war das Eichenparkett, das nicht nur eine haptische und visuelle Wärme einbringt, sondern als verbindendes Element von Treppe, Boden und Möblierung fungiert. Es steht sinnbildlich für das gesamte Projekt: hochwertig, zurückhaltend, beständig.

Das Projekt von CHSCHIEBER Interior Design wurde im Rahmen des Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Jeannine Bürgi publiziert.

Pläne + Downloads

Pläne

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