Einfamilienhaus M

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7310 Bad Ragaz,
Schweiz

Veröffentlicht am 07. April 2025
bernath+widmer Architekten AG
Teilnahme am Swiss Arc Award 2025

Strassenfassade Eingangsituation sichtbare hybride Konstruktion im Inneren Küche Küche mit Blick in die Tiefe des Hauses Erschliessungsbereich hybride Konstruktion im Detail Laubenschicht Laubenschicht hinter Sonnenschutz Gartenfassade Gartenfassade hinter Sonnenschutz Fassade am Abend Hauseingang im Detail Baustelle im Rohbau Baustelle im Rohbau

Projektdaten

Basisdaten

Projektkategorie
Fertigstellung
12.2023

Gebäudedaten nach SIA 416

Stockwerke
2
Grundstücksfläche
538 m²
Nutzfläche
160 m²
Gebäudekosten (BKP 2)
880'000 CHF

Beschreibung

Das von bernath+widmer Architekten realisierte Einfamilienhaus in Bad Ragaz kombiniert Beton, Stahl und Holz und verweist in seiner Konstruktion auf die industrielle Vergangenheit des Gebiets. Im Gegensatz zu den umliegenden Kataloghäusern hebt es sich durch eine flexible Raumaufteilung und eine klare, sichtbare Struktur ab. Der Grundriss öffnet sich zum Garten und nutzt eine Laubenschicht als Puffer zwischen Innen- und Aussenraum. Das Obergeschoss beherbergt den Wohnbereich mit weiten Ausblicken, während das Erdgeschoss die Kinderzimmer umfasst. Die Konstruktion ermöglicht eine flexible Anpassung an die sich ändernden Bedürfnisse der Familie. Auf eine Verkleidung der Baumaterialien wurde bewusst verzichtet, um den industriellen Charakter zu betonen.

Ausgangslage
Das Haus liegt in einem Industriegebiet in Bad Ragaz. Ein Teil des Gebietes wurde für die Errichtung von Einfamilienhäusern für Ortsbürger*innen abparzelliert und im Anschluss vorwiegend mit Kataloghäusern überbaut. Antithetisch zum Kontext sucht das Einfamilienhaus in Ausdruck und Konstruktion seine Wurzeln in der industriellen Vergangenheit des Ortes.

Grundriss
Die Grundrissfigur des Gebäudes leitet sich aus der Form der Parzelle ab – sie zeichnet die Grenzabstände des Eckgrundstückes nach und bildet zur Strasse nach Nordosten einen schützenden, vorwiegend geschlossenen Rücken aus. Im Zentrum der strassenseitigen Längsfassade entsteht über die subtile Geste des Vordaches mit dem darunter liegenden Eingang eine klare Adressbildung. Der Grundriss öffnet sich nach Südwesten zum Garten. Zwischen Innen- und Aussenraum dient eine Laubenschicht über die gesamte Gebäudehöhe als Schwellenraum. Dieser fungiert als Filter zwischen dem privaten Raum und der sehr nahen Nachbarschaft. Die Laubenschicht, um die Südwestfassade geführt, formt den Carport mit der darüberliegenden grosszügigen Terrasse. Im Erdgeschoss liegen die Kinderzimmer. Über die Loggia lassen sich diese, geschützt hinter textilen Sonnschutzelementen in den Garten erweitern. Im Zentrum, gefasst im Raster der innenliegenden Stützen, führt eine einläufige Treppe in das obere Geschoss. Sie bildet mit dem Badezimmer, der Garderobe und einer als Möbel entworfenen Ausbaute für haustechnische Anlagen einen räumlich geschlossenen Kern.
Der gemeinschaftliche Bereich von Wohnen, Essen und Kochen befindet sich bewusst im Obergeschoss. Es ermöglicht der Familie, erhaben über den Gärten der Nachbarn, Privatsphäre und Ausblick. Die Weitsicht erlaubt den diagonalen Sichtbezug in die Talebene zwischen Hochwang und Grauspitz.
Die Innenräume gehen über die Laubenschicht sanft in den Aussenraum über und erweitern den kompakten Grundriss. Ähnlich der Situation im Erdgeschoss bilden hier Treppe, Badezimmer und Küche eine Einheit und teilen das Gemeinschaftliche und das Elternschlafzimmer in zwei Bereiche. Gleichwohl fliesst der Grundriss des Obergeschosses um diese Kernzone herum.

Konstruktion
Die hybride Konstruktion aus Beton, Stahl und Holz zeichnet innen wie aussen den Charakter des Hauses. Eine betonierte Wandscheibe bildet zusammen mit der Bodenplatte den Gebäuderücken des Hauses aus. Sie folgt formal dem Radius der Parzellengrenze und dient der konstruktiven Aussteifung des Gebäudes. Innerhalb dieser dreiseitigen Umschliessung steht eine Stahlskelettkonstruktion, welche mithilfe der Stahlträger den nachfolgend eingebrachten Holzbalken der Deckenelemente ein statisches Auflager geben. Dem Bauablauf folgend empfängt so das erstverbaute Bauteil das nächstverbaute. Die rigide und statisch klare Struktur formuliert über nichttragende innere Raumabschlüsse den wandelbaren Grundriss und ermöglicht so eine maximale Raumflexibilität in der Typologie des Einfamilienhauses. Sie lässt über die Lebensdauer sich ändernde Bedürfnisse durch das Wachsen und Schrumpfen der Familie zu.
Die Materialisierung äussert sich über die rohe, direkte und sichtbare Fügung der Konstruktion des Hauses und formuliert vor dem Kontext des Ortes einen industriellen Charakter. Auf eine Verkleidung oder Veredelung der verwendeten Baumaterialien wurde bewusst verzichtet.

Das Projekt von bernath+widmer Architekten wurde für den Swiss Arc Award 2025 eingereicht und von Elisa Schreiner publiziert.

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